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       # taz.de -- Boston Bruins in der NHL: Kollektive Klasse
       
       > Die Boston Bruins spielen in der NHL rekordverdächtig gut – dank
       > hervorragender Teamarbeit. Dagegen kommt das Team mit dem besten Profi
       > nicht an.
       
   IMG Bild: Bostons Bruins' Pavel Zacha ist vor dem Deutschen Leon Draisaitl von den Edmonton Oilers am Puk
       
       Es hätte kaum besser laufen können für die NHL. Der beste Eishockeyspieler
       der Welt beweist auf ein neues, dass er, ja eben, der beste
       Eishockeyspieler der Welt ist. Und verliert trotzdem gegen die aktuell
       beste Mannschaft, die auf einem guten Wege ist, zumindest nach Zahlen die
       beste aller Zeiten zu werden.
       
       Der 3:2-Sieg der Boston Bruins bei den Edmonton Oilers war am Montag nicht
       nur Eishockey auf allerhöchstem Niveau, eine Werbung für die Liga, sondern
       auch so etwas wie die Essenz der aktuellen Spielzeit der National Hockey
       League: auf der einen Seite [1][die individuelle Brillanz des Superstars
       Connor McDavid], auf der anderen die perfekt geölte Maschinerie eines
       Teams, in dem alle die nötige Drecksarbeit verrichten.
       
       Beide Tore der Oilers erzielte McDavid, eines schöner als das andere. Beim
       ersten nahm der Center einen langen Pass seines [2][kongenialen Partners
       Leon Draisaitl] auf und jagte den Puck ansatzlos dem gegnerischen Torhüter
       durch die Hosenträger. Beim zweiten tanzte er den Goalie dermaßen aus, dass
       der einfach resigniert in die Knie ging und sich nicht einmal mehr nach dem
       Puck streckte. Die Treffer 49 und 50 der laufenden Saison, mit denen er die
       Liste der erfolgreichsten Torjäger anführt, demonstrierten wieder einmal,
       warum McDavid sich schon im zarten Alter von 26 Jahren messen lassen muss
       an Legenden wie Mario Lemieux [3][oder Wayne Gretzky.]
       
       Auf der anderen Seite zeigten die Bruins aber, warum nicht die Oilers an
       der Tabellenspitze stehen, sondern sie. Während Edmonton viel zu oft eine
       McDavid-Draisaitl-Show aufführt, ist Boston ein komplettes Team, bei dem
       zwar der tschechische Nationalspieler David Pastrňák mit seinen 42 Toren
       herausragt, aber vor allem in der Defensive jedes Rädchen ineinander greift
       – kein Team hat so wenige Tore kassiert wie die Bruins.
       
       ## Mehr als nur Einzelkönner
       
       Und so war auch der Siegtreffer gegen Edmonton symptomatisch: Pavel Zacha,
       ein sehr viel weniger berühmter Landsmann von Pastrňák, hatte den Puck
       eigentlich schon verloren, aber ließ nicht locker und stocherte ihn dann
       doch irgendwie ins Tor. „Wir haben vier Linien, die alle Eishockey spielen
       können“, sagte Bruins-Trainer Jim Montgomery nach dem Erfolg und meinte:
       nicht nur zwei großartige Einzelkönner.
       
       Das musste dann auch McDavid anerkennen: „Wir haben hart gespielt und wir
       hatten unsere Chancen, aber sie sind nun mal die beste Mannschaft in der
       Liga.“ Um das zu analysieren, muss man allerdings kein Eishockeyexperte
       sein, sondern bloß Zahlen lesen können. 46 Spiele haben die Bruins bislang
       gewonnen, nur acht verloren und bereits 97 Punkte gesammelt. Wäre der
       Traditionsklub von der Ostküste in der Lage, diese Quote fortzusetzen,
       könnten am Ende neue Rekorde für die seit 1917 existierende NHL stehen.
       
       Dabei hatte vor der Saison niemand die Bruins auf dem Zettel. Im
       vergangenen Jahr kam schon in der ersten Playoff-Runde das Aus, den frisch
       zur neuen Saison vom Assistenztrainer zum Chefcoach beförderten Montgomery
       traute niemand viel zu. Aber offensichtlich war er in der Lage, eine neue
       Mentalität in der Mannschaft zu verankern. „Wir sprechen fast jeden Tag
       darüber, wie wichtig das Mentale ist“, erklärte Center David Krejčí, ein
       weiterer Tscheche im Team, das Erfolgsgeheimnis. „Jetzt geht es darum,
       nicht nachzulassen, zusammenzuhalten, sich reinzuknien und konzentriert zu
       bleiben.“
       
       Das wird vor allem in der Mitte April beginnenden K.-o-Runde wichtig sein.
       Denn eine gute reguläre Saison garantiert noch lange keinen
       Stanley-Cup-Sieg, weiß auch Mannschaftsopa Brad Marchand: „Diese Rekorde
       sind uns vollkommen egal, die bedeuten gar nichts, wenn du am Ende nicht
       den Cup gewinnst“, sagt der 34-jährige Kanadier – und auch hier geben ihm
       die Zahlen recht. Genau zehn Jahre ist es her, dass eine Mannschaft, die
       mit den meisten Punkten in die Play-offs ging, am Ende auch den Titel
       gewinnen konnte. Diesen Chicago Blackhawks wollen es die Boston Bruins
       nachtun – aber vielleicht kommt ihnen ja ein überragender Einzelkönner in
       die Quere.
       
       28 Feb 2023
       
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