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       # taz.de -- Streit um Haushalt 2024: Mehr Feminismus mit weniger Geld
       
       > Der Haushalt ist überbucht. Stand jetzt sollen das Auswärtige Amt und das
       > Entwicklungsministerium über 4 Milliarden Euro weniger bekommen.
       
   IMG Bild: Entwicklungsministerin Svenja Schulze zu Besuch in Ghana: Auch ihr Etat soll gekürzt werden
       
       Berlin taz | Hehre Ziele, aber kein Geld? Die Eckwerte für den Haushalt des
       nächsten Jahres sehen jedenfalls Kürzungen in den Etats von Außenministerin
       Annalena Baerbock (Grüne) und von Entwicklungsministerin Svenja Schulze (
       SPD) vor. So kann das Haus von Schulze in diesem Jahr noch über 12
       Milliarden Euro unter anderem in die feministische
       Entwicklungszusammenarbeit stecken. Laut den Eckwerten, auf die sich die
       Ampel bereits im März vergangenen Jahres geeinigt hatte, sollen es im
       nächsten Jahr rund 1,6 Milliarden Euro weniger sein. Der Etat des
       Auswärtigen Amtes soll um 2,5 Milliarden Euro auf 5 Milliarden Euro
       schrumpfen.
       
       Der Grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte diese Finanzplanung
       bereits vor zwei Wochen in einem Brief an den „Kollegen Lindner“ infrage
       gestellt. FDP-Finanzminister Christian Lindner hat sich damit durchgesetzt,
       dass die Schuldenbremse ab diesem Jahr wieder gilt. Statt üppige Kredite
       aufzunehmen, muss der Staat also sparen. Lindners Staatssekretär Werner
       Gatzer hatte seinen Kolleg:innen bereits im Januar vorgerechnet, dass im
       Haushalt für 2024 [1][rund 12 Milliarden Euro fehlen]. Derzeit verhandeln
       die Staatssekretär:innen der Ministerien die finalen Eckwerte für
       2024. Die Ampelregierung will sie Mitte März beschließen.
       
       Das Entwicklungsministerium wollte sich auf Anfrage der taz nicht zu den
       laufenden Verhandlungen äußern. Man sei noch mitten in Gesprächen mit dem
       Bundesfinanzministerium. Ein Sprecher machte aber klar, „dass wir uns
       angesichts der vielfältigen globalen Herausforderungen, wie dem
       Klimawandel, der Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine
       und jetzt auch den Folgen des [2][Erdbebens in der Türkei und Syrien], für
       eine auskömmliche Finanzierung unserer Arbeit einsetzen.“
       Entwicklungspolitische Handlungsfähigkeit gehöre ebenso wie eine
       angemessene Ausstattung der Bundeswehr zu einem umfassenden Verständnis von
       Sicherheit und internationaler Verantwortung.
       
       Pistorius will auch mehr Geld 
       
       Schulze hat im vergangenen Jahr in Reden und Beiträgen wiederholt darauf
       hingewiesen, dass Entwicklungspolitik für sie Sicherheitspolitik sei. Neben
       schweren Waffen brauche es die Stärkung nichtmilitärischer Wege, um
       Konflikte zu bewältigen und zu vermeiden. Pikant ist, dass ihr
       Parteikollege, der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius, inmitten des
       Gerangels um den Haushalt ebenfalls Mehrbedarf angemeldet hat. Statt 50
       Milliarden Euro möchte er 60 Milliarden Euro ausgeben, und zwar zusätzlich
       zum 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen.
       
       Eigentlich kein Problem, laut Koalitionsvertrag sollen die Ausgaben für
       Entwicklungszusammenarbeit eins zu eins zu den Ausgaben für Verteidigung
       steigen. Auch die Mittel für die internationale Klimafinanzierung – die in
       Baerbocks Haus koordiniert wird – wollte die Ampel erhöhen. Doch angesichts
       der finanziellen Engpässe scheinen diese Vereinbarungen obsolet.
       
       Der grüne Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler pocht auf Einhaltung
       des Koalitionsvertrags: Kluge Sicherheitspolitik setze nicht nur aufs
       Militär, sagte er der taz. „Eine [3][Zeitenwende] ohne eine starke
       Diplomatie und Entwicklungszusammenarbeit wird scheitern, auch angesichts
       der Konkurrenz von Russland und China im Globalen Süden.“ Eine ausreichende
       Finanzierung von humanitärer Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und
       Klimaschutz sei deshalb von zentraler Bedeutung. Von einer weiteren
       Erhöhung des Verteidigungsetats hält er wenig. Der sei seit 2015 rasant
       gewachsen – „ohne dass es zu spürbaren Verbesserungen der
       Leistungsfähigkeit der Bundeswehr gekommen ist“.
       
       28 Feb 2023
       
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