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       # taz.de -- Podcaster über Marokkos Patriarchat: „Junge Queers waren gefangen“
       
       > Der Aktivist Soufiane Hennani erklärt, wie Marokkaner*innen mit
       > Antifeminismus umgehen. In seinem Podcast „Machi Rojola“ spricht er über
       > Queerness.
       
   IMG Bild: Protest nach dem Suizid einer 16-Jährigen, die ihren Vergewaltiger heiraten musste
       
       taz: Soufiane Hennani, in Ihrem [1][Podcast „Machi Rojola“] sprechen Sie
       mit Ihren Gästen über Feminismus, Netzaktivismus und wie man in Marokko das
       Patriarchat überwinden kann. Sind solche Gespräche neu in Ihrem Land? 
       
       Soufiane Hennani: Ich glaube, dass wir in Marokko immer kritisch über
       Maskulinität gesprochen haben. Sie prägt immerhin den Alltag von vielen
       Menschen, von Frauen und Männern. Da geht es um psychische, physische und
       sexuelle Gesundheit, aber auch um die Sozialisierung von Männern, [2][wie
       sie untereinander interagieren] und allgemein in der Gesellschaft. Es gab
       vor mir viele Forscher*innen und Autor*innen, die sich mit Feminismus
       auseinandergesetzt haben. Der Unterschied jetzt liegt vielleicht darin,
       dass die Inhalte ein breites Publikum erreichen, das so mitsprechen kann.
       Egal ob in meinem Podcast, in der Musik, im Kino, in traditionellen oder
       sozialen Medien.
       
       Feministische Ideen erreichen also nun mehr Menschen. Erzeugt das auch im
       Netz antifeministischen Widerstand? 
       
       Auf Facebook bekomme ich oft die Nachricht, dass ich für meine Inhalte
       bezahlte Werbung schalten soll, während hasserfüllte, antifeministische
       Plattformen organisch wachsen und mit Reichweite den Tech-Unternehmen
       Gewinne einbringen. Man müsste die Medienkompetenzen der Menschen ausbauen.
       Sie sehen die Inhalte eines queerfeindlichen oder antifeministischen
       Influencers und glauben den Blödsinn. Viel ist zu uns leider aus den USA
       und Europa geschwappt, da nehmen sich in Marokko einige Leute ein Beispiel
       an Strategien der Hassrede.
       
       Können Sie uns ein Beispiel nennen? 
       
       Jemand hat den US-amerikanischen Podcast eines Incels schlicht kopiert und
       findet damit ein hasserfülltes Publikum in Marokko. Oder: Es gibt im Netz
       seit Kurzem eine Gruppe namens „Wenn du ein wahrer Mann bist, darfst du
       keine Frau heiraten, die arbeiten geht“. Da kommen Incels und Maskulinisten
       zusammen, lassen sich frauen- und queerfeindlich aus und argumentieren
       dabei vor allem mit „Freiheit“. Sie haben in Europa und Deutschland solche
       gefährliche Tendenzen.
       
       Wie stark ist der feministische Diskurs in Marokko? 
       
       Der erreicht vor allem junge Menschen. Sowohl als Sender*innen als auch
       als Empfänger*innen. Da drin finden sich dringende Themen: Rassismus in
       Marokko, die Klimakatastrophe und eben feministische Kämpfe. Solche
       Debatten haben sich längst aus den elitären Räumen befreit und erreichen
       alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen. [3][Als wir während der Pandemie]
       kollektiv in den harten Lockdown mussten, gab es viel Hass und Gewalt gegen
       LGBTQI+ und Feminist*innen. Einige junge Queers waren plötzlich in ihren
       Elternhäusern gefangen. Ich habe das in meinem Podcast „Machi Rojola“ und
       auf sozialen Medien thematisiert. Für viele Betroffene war das so
       zugänglich und hilfreich. Sie konnten sich im Netz zumindest austauschen
       und gegenseitig stärken.
       
       Viele weiße Feministinnen hier in Deutschland und Europa interessieren sich
       besonders für das Thema Maskulinität in Nordafrika. Kommt das bei Ihnen an? 
       
       Superschön und inspirierend in Marokko ist, dass wir unsere eigene
       feministische Tradition haben, die schon immer intersektional war. Bei uns
       kommen ein paar Fetzen dieses weißen Mainstream-Feminismus an, das hat
       meist negative Auswirkungen auf unseren Alltag. Zum Beispiel diese
       [4][tiefsitzende Transfeindlichkeit.] Dabei haben wir eine reiche
       feministische Tradition mit Stimmen wie der Soziologin Fatima Mernisi oder
       der Schriftstellerin Malika al-Fassi, die uns zeigen, dass Feminismus eine
       einflussreiche marokkanische Tradition besitzt. Diese Frauen haben für
       Selbstbestimmung gekämpft, körperliche und politische. Dass Frauen wählen
       können, sich scheiden lassen können, ein [5][Kopftuch tragen oder nicht].
       Daran knüpfe ich in meiner Arbeit im Podcast oder auf sozialen Medien an
       und das berührt viele Menschen – Queers, Frauen und Männer, sodass sie sich
       wiederum engagieren.
       
       8 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://anchor.fm/machirojola
   DIR [2] /Homophobie-in-Marokko/!5310390
   DIR [3] /LGBTQ-Denunziation-in-Marokko/!5678824
   DIR [4] /Reaktion-auf-transfeindliche-Gewalt/!5889436
   DIR [5] /Fortsetzung-der-Verhandlungen-mit-Iran/!5904387
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Mohamed Amjahid
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Feministischer Kampftag
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