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       # taz.de -- Trotz EU-Sanktionen: Bankendeal mit Russland geplant
       
       > Die Raiffeisenbank in Wien plant, eine russische Bank zu übernehmen –
       > trotz Putins Angriffskrieg. Die Grünen machen nun Druck.
       
   IMG Bild: Trotz der EU-Sanktionen gegen Russland macht die RBI weiter Geschäfte
       
       Wien taz | Österreichs Grüne machen sich Sorgen um den Wirtschaftsstandort
       Österreich. Diese Sorge – sonst eher vom Wirtschaftsbund geäußert, wenn
       ihnen grüne Klimaziele zu abenteuerlich erscheinen – fußt auf einem
       geplanten Bankendeal mit Russland.
       
       Die [1][Raiffeisenbank International (RBI)], eines der größten
       Finanzinstitute des Landes, soll die Übernahme der Sberbank Europe planen.
       Als mehrheitlich vom russischen Staat kontrollierte Bank unterliegt die
       Sberbank dem Sanktionsregime. Wohl aus diesem Grunde wird von allen
       Beteiligten höchste Diskretion geübt.
       
       Wahrscheinlich wüsste die Öffentlichkeit noch gar nichts, wenn die
       Wochenzeitung Falter nicht an ein als „private and confidential“ markiertes
       Schreiben mit dem Betreff „Project Red Bird“ gekommen wäre. „Wir Grüne
       halten das geschäftliche Treiben der Raiffeisenbank in Russland doch für
       sehr gravierend,“ kommentierte die Abgeordnete Nina Tomaselli eine
       diesbezügliche Anfrage an den österreichischen Finanzminister. Darin
       verweisen die grünen Abgeordneten auf die lukrativen Geschäfte der RBI in
       Russland. Die Bank profitiere von den Wirtschaftssanktionen gegen russische
       Banken und dem Ausstieg anderer westlicher Geldinstitute.
       
       ## Mehr als zwei Milliarden in Russland erwirtschaftet
       
       Tatsächlich hat die RBI im Geschäftsjahr 2022 mehr als zwei Milliarden
       ihres Gewinns von 3,6 Milliarden Euro in Russland erwirtschaftet. Der
       Kritik daran begegnet die RBI mit dem Argument: ein Verkauf ihrer Aktiva in
       Russland sei derzeit nur an kremlnahe Oligarchen möglich. Das würde nicht
       nur dem russischen Regime nützen, sondern wäre auch ein extrem schlechtes
       Geschäft, meint der Wirtschaftspublizist Kurt Bayer: „Weil es nur russische
       Käufer gibt und die von der russischen Regierung approbiert sein müssen,
       kriegt sie wahrscheinlich höchstens 20 Prozent des tatsächlichen Werts. Und
       zur Zeit nützt ihr das auch nichts, weil sie das Geld, das sie in Russland
       erwirtschaftet, auch nicht herausbringt.“ Solange die Sanktionen gelten,
       bleiben dort erzielte Gewinne eingefroren. Die französische Société
       Générale etwa ist aus dem Russlandgeschäft mit hohen Verlusten
       ausgestiegen.Dass die RBI nicht nur ihre Geschäfte im Aggressorstaat
       weiterführt, sondern dort noch zusätzliche Geschäfte plant, empört nicht
       nur die Grünen. Da das österreichische Innenministerium dem Deal zustimmen
       müsste, sehen sie vor allem den konservativen Koalitionspartner ÖVP in der
       Pflicht.
       
       Aus dem Papier, das dem Falter vorliegt, geht wohl hervor, dass die RBI
       internationale Wirtschaftsprüfer und Anwälte mit einer sogenannten
       Due-Diligence-Prüfung der Sberbank Europe beauftragt hat – beziehungsweise
       dessen, was von der Sberbank Europe noch übrig ist. Sie wurde nämlich Mitte
       letzten Jahres auf Geheiß der Europäischen Zentralbank von der
       österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) liquidiert. Die Bankkonzession
       ist erloschen. Es geht technisch um die Abwicklungsgesellschaft mit den
       noch verbliebenen Vermögenswerten, also ausstehenden Krediten.
       
       Warum aber lässt sich die RBI auf so ein ökonomisch riskantes und politisch
       heikles Geschäft ein? „Je höher das Risiko, desto höher sind auch die
       Gewinne“, sagt eine Insiderin, die ihren Namen nicht nennen will: „Aber
       natürlich auch, je höher das Risiko, desto höher die Wahrscheinlichkeit,
       dass das ein Verlustgeschäft ist.“ Raiffeisen habe eine lange Historie mit
       riskanten Osteuropageschäften und sei damit nicht immer gut gefahren.
       Österreich habe aufgrund des hohen Osteuropa-Engagements in diesem Bereich
       ein systemisches Risiko. Die RBI musste wegen des Osteuroparisikos
       Kapitalpuffer als Risikovorsorge anlegen.
       
       ## „Das haben sie sich selber eingebrockt“
       
       Die Insiderin, die der RBI dringend von dem Geschäft abraten würde, sieht
       auch ein „riesiges Reputationsrisiko für den österreichischen Finanzmarkt.“
       Sie fürchtet, dass davon auch andere Banken betroffen sein könnten. Geht es
       nach ihr, sollte die RBI sich überhaupt schleunigst aus Russland
       zurückziehen: „Wenn das heißt, Putin kriegt die Bank um einen Rubel, sage
       ich Ja. Aber das haben Sie sich selber eingebrockt.“
       
       Für die ÖVP, die sich gerne als Wirtschaftspartei definiert, ist die Sache
       hochbrisant. Sie stellt nicht nur die mit der Materie befassten Finanz- und
       Innenminister, sondern ist auch eng verflochten mit dem Raiffeisen-Konzern.
       Der österreichische Finanzminister hat acht Wochen Zeit, die Anfrage der
       Grünen zu beantworten. Auf eine Medienanfrage ließ das Ministerium aber
       bereits anklingen, dass sie die Geschäfte als „üblichen Vorgang“ bewerte.
       Gut möglich also, dass der Innenminister die nötige Zeit hat, um über den
       Deal zu entscheiden, und die Übernahme am Ende durchwinkt oder womöglich
       doch noch stoppt.
       
       2 Mar 2023
       
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