# taz.de -- Rücktritt von Nicola Sturgeon: Der Abgang kompetenter Frauen
> Wie schon bei Jacinda Ardern geht mit Nicola Sturgeon eine integre
> weibliche Führungsfigur freiwillig. Es bleiben ahnungslose Männer mit
> viel Geld.
IMG Bild: Schon wieder eine kluge Frau, die nach täglichem Hass ihr Amt verlässt
Ihr Rücktritt kam überraschend. Nicola Sturgeon [1][hat am Mittwoch
angekündigt], sie werde ihren Job als schottische Premierministerin zur
Verfügung stellen, sobald ein Nachfolger gefunden sei. Dass es ein Mann
sein wird, ist sehr wahrscheinlich: Der schottische Minister für die
Verfassung, auswärtige Angelegenheiten und Kultur, Angus Robertson, ist
Favorit..
Schottland verliert damit eine Führungsfigur, wie sie heutzutage in der
Politik selten ist: Sie ist integer, aufrichtig, offen und einfühlsam. Für
solche Menschen ist in der modernen Politik mit all den Schmähungen und
Pöbeleien und dem Hass, nicht zuletzt in den sozialen Netzwerken, immer
weniger Platz. „Ich bin ein Mensch“, sagte Sturgeon in ihrer
Rücktrittsrede, und sie sprach von der „größeren Intensität… und
Brutalität“ im modernen politischen Leben.
Seit ihrer Rücktrittsankündigung erhält sie von allen Seiten – auch von
ihren erbitterten Feinden – plötzlich Lob und Zuspruch. Das ist
heuchlerisch. Hätte man sich in der Vergangenheit mehr auf inhaltliche
Debatten und Argumente statt auf persönliche Angriffe und Beleidigungen
konzentriert, wäre sie womöglich geblieben.
Genauso falsch ist es zu unterstellen, [2][dass sie zurücktrete, weil sie
ihren Rückhalt eingebüßt hat], wie es viele Medien jetzt tun. Sie hatte
einfach die Nase voll. Es ist ein Unterschied, ob man die Menschen an der
Macht zur Rechenschaft zieht, oder ob man sie nur deshalb angreift, weil
sie an der Macht sind. Sicher, sie hat Fehler gemacht, aber sie hat dafür
auch die Verantwortung übernommen, was in der Politik nicht
selbstverständlich ist. Ihre Partei steht hinter ihr, mehr als drei Viertel
der Mitglieder wollen nicht, dass sie geht.
## Kompetente Frauen treten ab
Wer bleibt übrig, wenn [3][kompetente Frauen wie Jacinda Ardern in
Neuseeland] und Nicola Sturgeon in Schottland abtreten, obwohl sie weder in
Skandale verwickelt, noch zum Rücktritt gedrängt worden sind? Es sind vor
allem Männer mit viel Geld, die vom Leben normaler Menschen keinen Schimmer
haben.
Warum sind Frauen, Schwarze, Minderheiten dazu gezwungen,
Widerstandsfähigkeit zu entwickeln? Der Grund sei nicht, dass sie schwächer
seien, sagt die Journalistin Una Mullaly, sondern weil sie öfter zum
Angriffsziel werden. Ihr Fazit: Wir benötigen weniger Widerstandsfähigkeit,
sondern mehr Empfindlichkeit.
16 Feb 2023
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## AUTOREN
DIR Ralf Sotscheck
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