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       # taz.de -- Studie zu großen Meeressäugern: Wale als Klimaschützer
       
       > Wer Wale schützt, tut auch was fürs Klima. Denn in Form von Kot und
       > Kadavern nehmen die Meeressäuger jede Menge Kohlenstoff mit auf den
       > Meeresboden.
       
   IMG Bild: Welchen Kohlenstoffgehalt hat ein toter Wal?
       
       Die Ozeane nehmen ein knappes Viertel der menschengemachten CO2-Emissionen
       auf. Diesen Prozess nennt man die marine Kohlenstoffpumpe. Er beruht unter
       anderem darauf, dass winzige Algen an der Wasseroberfläche Photosynthese
       betreiben und dabei Kohlendioxid aus der Atmosphäre binden. Wenn dieses
       Phytoplankton stirbt, sinkt es auf den Meeresboden [1][und nimmt das
       gebundene CO2 mit].
       
       Doch nicht nur Algen puffern so die Erderwärmung ab, auch große
       Wirbeltiere wie Wale spielen eine wichtige Rolle. Zum einen setzen sie in
       Oberflächennähe [2][große Mengen nährstoffreichen Kot ab], der das
       Algenwachstum befördert und so die Kohlenstoffpumpe antreibt. Die Tiere
       speichern aber auch selbst Kohlenstoff. Je mehr das Tier frisst, desto mehr
       CO2 nimmt es auf – im besten Fall viele Jahrzehnte lang.
       
       Stirbt der Wal, sinkt der Kadaver auf den Meeresboden und lagert dort
       Hunderte von Jahren, inklusive dem gebundenen Kohlenstoff. In welchem
       Ausmaß Wale auf diese Weise dazu beitragen, unser Klima zu schützen, zeigt
       eine Studie, die [3][im Fachmagazin Proceedings of the Royal Society B]
       erschienen ist.
       
       ## Die Studie
       
       Das Team um Anaëlle Durfort betrachtete für seine Studie die Jahre 1890 bis
       2100. Wichtig zu wissen: Mitte des 19. Jahrhunderts [4][begann der
       industrielle Walfang], der dazu führte, dass bis Ende des 20. Jahrhunderts
       insbesondere die großen Blau- und Finnwale nahezu ausgerottet waren. In den
       1980er Jahren war die Population von Blauwalen auf 3 Prozent und die von
       Finnwalen auf 0,5 Prozent ihrer einstigen Größe geschrumpft.
       
       Seit 1986 gibt es ein Walfangverbot, und seitdem erholen sich die Bestände.
       Die Forscher:innen berechneten die Altersstruktur, die natürliche
       Sterblichkeit sowie die Biomasse und die Kohlenstoffbindung pro Walkadaver.
       Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die fünf untersuchten Bartenwale vor dem
       industriellen Walfang jährlich etwa 400.000 Tonnen CO2 in Richtung
       Meeresboden bewegt haben. Das entspricht etwa dem jährlichen CO2-Ausstoß
       von 100.000 Autos.
       
       ## Was bringt’s?
       
       Einige Zahlen der Studie müssen mit Vorsicht genossen werden, räumen die
       Forscher:innen selbst ein. Niemand weiß, wann einzelne Tiere sterben und
       wie groß sie zu diesem Zeitpunkt sind; wenig ist darüber bekannt, wie lange
       ein Walkadaver wirklich am Meeresgrund liegt, bevor Aasfresser ihn
       zerlegen. Das macht es schwierig, den exakten Kohlenstoffgehalt eines toten
       Wals zu berechnen.
       
       Der erkannte Trend ist allerdings klar und plausibel, und das für zwei
       Szenarien, die im Vergleich untersucht wurden: Für ein Modell ohne
       Klimawandel sagen die Forscher:innen voraus, dass im Jahr 2100 die Wale
       der Welt wieder 80 Prozent ihrer „Leistung“ vor 1890 bringen könnten. Unter
       den Bedingungen der derzeitigen Erwärmung sind es nur knapp 50 Prozent.
       Wale schützen lohnt sich also unbedingt auch weiterhin – auch wenn wir
       nicht restlos alle Gründe kennen.
       
       5 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Natuerlicher-Klimaschutz/!5841448
   DIR [2] /Studie-zum-Oekosystem-Meer/!5804292
   DIR [3] https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rspb.2022.0375
   DIR [4] /Jagd-auf-Meeressaeuger/!5830598
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Waack
       
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