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       # taz.de -- Chinas Friedensplan für die Ukraine: Zweifelhafter Vermittler
       
       > China fährt im Ukrainekrieg eine Doppelstrategie: loyal zu Russland,
       > keine direkte Einmischung. Die USA glauben, dass Peking bald Waffen
       > liefern könnte.
       
   IMG Bild: In Washington werden die chinesisch-russischen Annäherungen mit Sorge betrachtet
       
       Peking taz | Joe Biden ist am Montag nicht der einzige Besucher, auf den
       sich die Augen der Weltpolitik richten. Während [1][der US-Präsident in
       Kyjiw] weilt, ist weiter ostwärts, in Moskau, Chinas führender
       Außenpolitiker Wang Yi in Moskau erwartet worden. Die Agenda von Pekings
       Spitzendiplomaten blieb zunächst geheim, doch auch ein Treffen mit
       Russlands Staatschef Wladimir Putin schien möglich.
       
       In Washington werden die chinesisch-russischen Annäherungen mit Sorge
       betrachtet. Der Grund: Die US-Regierung befürchtet, dass China im
       Ukrainekrieg eine stärkere Rolle einnehmen könnte – an der Seite Russlands.
       Außenminister Anthony Blinken sprach am Sonntag in einem Fernsehinterview
       davon, dass man ausreichend Informationen darüber habe, wonach China die
       Lieferung von Waffen nach Russland erwäge. Das Pekinger Außenministerium
       reagierte am Montag barsch: Man dulde keinen „Druck“ aus den USA, welche
       aufhören sollten, „Desinformation zu verbreiten“.
       
       Erst am Wochenende hatte Wang Yi bei der Münchner Sicherheitskonferenz eine
       Art [2][Friedensinitiative für die Ukraine] angekündigt. Die Details sind
       noch unklar, sie sollen am Ende der Woche bei den Vereinten Nationen
       vorgestellt werden. Doch dass China wie angekündigt seinen Einfluss auf
       Moskau nutzen wird, um eine Friedenslösung zu erreichen, ist eher
       zweifelhaft.
       
       So macht Peking nach wie vor ausschließlich Washington als Provokateur und
       Auslöser für den Krieg verantwortlich, den es verniedlichend
       „Ukrainekonflikt“ nennt. Dass dieser von Moskau begonnen wurde, erkennt
       Peking bis heute nicht an. Im Gegenteil: Auch bei seinem Besuch in Russland
       dürfte Wang wie gewohnt gegen den Westen wettern und die engen Beziehungen
       mit Moskau preisen.
       
       Dabei wäre es rein rational nicht im Interesse Chinas, als aktiver
       Waffenlieferant einen Bruch mit dem Westen zu riskieren. Denn Peking ist
       bislang gut mit seiner Doppelstrategie gefahren, die Experten als
       „prorussische Neutralität“ bezeichnen: „Prorussisch“ agiert die chinesische
       Regierung insofern, als dass sie Putin bislang nicht offen kritisiert, ja
       nicht einmal als Aggressor in diesem Konflikt bezeichnet. „Neutral“ stimmt
       jedoch ebenfalls, da man keine Waffen liefert und Sanktionen bricht.
       
       ## Die Chemie zwischen Xi und Putin ist gut
       
       Damit profitiert das Land durchaus vom Krieg. Denn er hat Russland zu einem
       abhängigen Juniorverbündeten gemacht, der nicht nur im UN-Sicherheitsrat
       politische Loyalität an den Tag legt, sondern auch als Handelspartner
       verlässlich Energie und Militärtechnologie liefert, zu günstigen
       Konditionen noch dazu.
       
       So dürften Pekings Machthaber an der Freundschaft zu Russland auch
       langfristig nicht rütteln, und schon gar nicht unter dem amtierenden
       Staatschef Xi Jinping. Die Chemie zwischen ihm und dem Kremlchef gilt als
       gut, schon oft haben sich die beiden getroffen. Was die Staatschefs eint:
       das Ziel, die Dominanz der westlichen Weltordnung zu beenden.
       
       Noch immer kontrollieren die chinesische Zensoren genauestens, zu welchen
       Informationen die eigene Bevölkerung Zugang erhält: In der aktuellen
       Titelgeschichte des chinesischen Wirtschaftsmagazins Caixins heißt es
       beispielsweise ganz offen, dass Russland eine „vollständige Invasion gegen
       die Ukraine“ gestartet hat. In der chinesischsprachigen Version hingegen
       schreiben die Autoren lediglich von einem „Konflikt zwischen Russland und
       der Ukraine“.
       
       Auch Wang Yi zelebriert dieses scheinheilige Doppelspiel, wenn er sich vor
       europäischen Staatschefs als Vermittler gibt, während er in Moskau die enge
       Freundschaft mit Russland beschwört.
       
       20 Feb 2023
       
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