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       # taz.de -- Wohnungskündigungen für Flüchtlinge: Lörrachs Nicht-Skandal
       
       > In Lörrach soll Mietern gekündigt werden, damit Flüchtlinge einziehen
       > können. Nach tagelangem Shitstorm erklärte sich die Stadtverwaltung
       > erstmals.
       
   IMG Bild: Viel Wind um nichts? Diese Mietshäuser in Lörrach stehen im Zentrum des Shitstorms
       
       Karlsruhe taz | Es klingt zunächst wie der Offenbarungseid kommunaler
       Flüchtlingspolitik. In Lörrach sollen 40 Menschen ihre Wohnungen verlassen,
       damit in dem Gebäudekomplex in der Wöblinstraße Flüchtlinge einziehen
       können.
       
       Schon seit dem Wochenende ist die Empörung groß: Im Netz kursiert das
       Schreiben der städtischen Wohnungsbaugesellschaft, in dem die Bewohner über
       ihren Auszug informiert werden. Stadt und Landkreis hätten sich zur
       [1][Unterbringung von Flüchtlingen] verpflichtet. „Für Sie bedeutet das,
       dass wir in Kürze das mit Ihnen vereinbarte Mietverhältnis kündigen
       werden“, heißt es in dem Brief.
       
       Zum Jahresende soll die gesamte Anlage mit 30 Wohnungen als
       Flüchtlingsunterkunft genutzt werden. Den Bewohnern wurden im Gegenzug
       modernere Wohnungen zu vergleichbaren Mietpreisen versprochen.
       
       In die bundesweite Empörung, vor dem [2][Hintergrund steigender
       Flüchtlingszahlen] stimmen die üblichen Wortführer von AfD über Wolfgang
       Bosbach bis Boris Palmer ein. Bild und SWR lassen Bewohnerinnen und
       Bewohner zu Wort kommen, die weniger Empörung als Resignation und
       Unverständnis über die Entscheidung der Stadt äußern. Einer der Mieter ist
       erst vor einem halben Jahr in die Wohnung gezogen.
       
       In einer Pressekonferenz am Mittwoch, die ebenfalls bundesweit gestreamt
       wurde, konnte die Stadt ihre Sicht der Dinge vortragen. Der Lörracher
       parteilose Oberbürgermeister Jörg Lutz verteidigte dort das Vorgehen der
       Stadt offensiv. „Die 30 Wohnungen taugen nun wirklich nicht, den ganz
       großen Skandal herbeizureden.“
       
       Tatsächlich handelt es sich bei dem fraglichen Gebäude um Wohnungen aus dem
       50ern, die ohnehin 2023/24 abgerissen werden sollten. Die Mieter bis dahin
       in den alten Wohnungen zu belassen und die Geflüchteten stattdessen in den
       neueren Wohnungen unterzubringen hätte für noch mehr Furore gesorgt, sagte
       der Geschäftsführer der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Thomas
       Norstadt. Schon 2015 und 2016 habe man, um Geflüchtete unterbringen zu
       können, Bewohnerinnen und Bewohner Städtischer Wohnungen umgesiedelt. „Es
       waren alle zufrieden“, so Nostadt.
       
       Er konstatiert: Die Gesellschaft sei seit damals eine andere geworden. Es
       bleibt wohl die Erkenntnis, dass die Verwaltung mit weitsichtigerer
       Planung, einer vorherigen Ansprache der Bewohner und einem sorgfältiger
       formulierten Brief der bundesweiten Empörung wohl die Spitze hätte nehmen
       können. Angesichts der hochschlagenden Emotionen, hat die städtische
       Wohnungsbaugesellschaft eine für Montag geplante Bewohnerversammlung fürs
       Erste abgesagt. Stattdessen laufen nach Angaben der Stadt jetzt persönliche
       Gespräche mit den Bewohnern.
       
       23 Feb 2023
       
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