URI: 
       # taz.de -- Todesstrafe in Iran: Kurdischer Aktivist hingerichtet
       
       > Iran hat einen weiteren Gefangenen exekutiert. Indes fordert die Familie
       > des verurteilten Jamshid Sharmahd von Deutschland „maximale Eskalation“.
       
   IMG Bild: In Berlin forderten Demonstrierende am Mittwoch Teheran auf, den Deutschen Sharmahd freizulassen
       
       Teheran/Berlin taz/afp/dpa | Nach dem jüngsten Todesurteil gegen einen
       Deutsch-Iraner ist am Mittwoch im Iran ein kurdischer Aktivist hingerichtet
       worden, dem die Ermordung eines Polizisten vorgeworfen worden war. „Arasch
       Ahmadi, Mitglied der Komala-Terrorgruppe, ist heute Morgen hingerichtet
       worden“, berichtete das Staatsfernsehen.
       
       Menschenrechtsgruppen bezeichneten den 29-Jährigen als politischen
       Gefangenen. Komala ist eine politische Partei, die für die Autonomie der
       von Kurden besiedelten Regionen kämpft. Seit der Islamischen Revolution
       1979 ist sie im Iran als Terrorgruppe verboten.
       
       Der Polizist war 2018 in Ravansar, einer Stadt in der westiranischen
       Provinz Kermanschah, ermordet worden. Das Staatsfernsehen zeigte in seinem
       Bericht Videos von Ahmadis angeblichem Geständnis. Derartige Videos sind im
       Iran üblich und werden von Menschenrechtsgruppen immer wieder verurteilt,
       weil sie oft erzwungen und das Ergebnis von Folter seien.
       
       Nach Angaben von im Ausland ansässigen Menschenrechtsgruppen wurde Ahmadi
       Anfang 2021 festgenommen, als er nach seiner Verurteilung wegen Mordes
       versuchte, nach Europa zu fliehen. Er hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Am
       Mittwochmorgen wurde Ahmadi in einem Gefängnis in der Stadt Kermanschah
       gehängt, wie mehrere Menschenrechtsorganisationen mitteilten. Seine Familie
       sei vorab nicht informiert worden.
       
       ## Familie fordert härteren Kurs
       
       Erst am [1][Dienstag war ein Todesurteil gegen einen Deutsch-Iraner]
       verhängt worden. Jamshid Sharmahd wird unter anderem für einen Anschlag
       verantwortlich gemacht. 2020 war er nach Angaben seiner Familie auf einem
       Zwischenstopp in Dubai entführt und in den Iran gebracht worden. Als
       Reaktion auf das Todesurteil wies die Bundesregierung am Mittwoch zwei
       iranische Diplomaten aus.
       
       Sharmahds Familie hatte zuvor zum ersten Mal seit Monaten telefonischen
       Kontakt mit dem 67-Jährigen. Seine [2][Tochter Gazelle Sharmahd], die in
       den USA lebt, berichtete der taz, ihr Vater habe sich „gebrochen“ angehört.
       Ihm seien in Haft Zähne ausgeschlagen worden, auch habe er aufgrund von
       über 900 Tagen in Isolationshaft sein Gefühl für Zeit und Raum verloren.
       
       Von der Bundesregierung fordert Gazelle Sharmahd „die maximale Eskalation“.
       Sie dürfe nicht mit den „Kidnappern meines Vaters, mit Terroristen“
       verhandeln, sondern müsse den Druck auf Teheran erhöhen. „Das Regime lässt
       sich nicht einschüchtern durch die Ausweisung von zwei Diplomaten.“ Dies
       hätte ohnehin schon 2020 passieren müssen, als ihr Vater entführt wurde.
       
       CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte gegenüber der taz: „Wenn es jetzt
       keine harten Konsequenzen gibt, wird diese Methode – ausländische
       Staatsbürger zu entführen und als Druckmittel einzusetzen – Schule machen.“
       Partei-Chef Friedrich Merz hatte zuvor gefordert, den iranischen
       Botschafter in Berlin aus Deutschland auszuweisen.
       
       ## Kritik an Auftritt mit Tschador
       
       Unterdessen steht die Schweizer Botschafterin im Iran, Nadine Olivieri
       Lozano, nach einem Besuch der religiösen Pilgerstadt Ghom in der Kritik. In
       den sozialen Medien löste die Reise einen Aufschrei aus. Aktivisten
       kritisierten am Donnerstag, ein Besuch in Ghom, das als eines der
       wichtigsten Zentren der schiitischen Gelehrsamkeit und konservativer
       Hardliner gilt, sei unpassend angesichts der Unterdrückung der jüngsten
       Protestwelle durch die islamische Führung in Teheran.
       
       Lozano wurde auch dafür kritisiert, dass sie bei einem Besuch des heiligen
       Schreins der Fatima Masuma in Ghom einen traditionellen Tschador trug,
       einen Ganzkörperschleier. Frauen müssen sich bei dem Besuch des Schreins
       verhüllen.
       
       Bilder der iranischen Nachrichtenagentur Isna vom Mittwoch hatten die
       Diplomatin in dem Tschador gezeigt. Kritik kam etwa von der
       britisch-iranischen Schauspielerin und Aktivistin Nasanin Boniadi.
       „Westliche Abgeordnete fragen uns oft, wie sie die Menschen im Iran am
       besten unterstützen können“, schrieb Boniadi auf Twitter. Konservative
       Verschleierung sei „genau das, was man nicht tun sollte“, während mutige
       iranische Frauen „alles für die Freiheit riskieren“.
       
       Besuche der Sehenswürdigkeiten in den Gastländern von Diplomaten sind
       nichts Ungewöhnliches. Angesichts der Kritik am staatlichen Vorgehen gegen
       die jüngsten Proteste hatten viele westliche Botschafter jüngst öffentliche
       Auftritte mit Vertretern der islamischen Republik gemieden.
       
       Zahlreiche Botschaften etwa nahmen an den Feierlichkeiten rund um den
       Jahrestag der Revolution von 1979 nicht teil. Die Schweiz vertritt im Iran
       auch die Interessen der USA, die dort keine diplomatische Vertretung haben.
       (mit Agenturen)
       
       23 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Todesurteil-in-Teheran/!5914190
   DIR [2] /Deutsch-Iraner-droht-Todesstrafe/!5909928
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Hagmann
       
       ## TAGS
       
   DIR Proteste in Iran
   DIR Schwerpunkt Iran
   DIR Friedrich Merz
   DIR Schwerpunkt Iran
   DIR IG
   DIR Proteste in Iran
   DIR Proteste in Iran
   DIR Schwerpunkt Berlinale
   DIR Proteste in Iran
   DIR Proteste in Iran
   DIR Schwerpunkt Iran
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Todesurteil in Iran: Schwedisch-Iraner droht Hinrichtung
       
       Die iranische Justiz hat ein Todesurteil gegen einen schwedischen
       Staatsbürger bestätigt. Habib Chaab soll für Terrorangriffe verantwortlich
       sein.
       
   DIR Anschlagsserie in Iran: Vergiftete Schulmädchen
       
       In Iran wurden tausende Schülerinnen vergiftet. Es scheint eine Racheaktion
       islamischer Extremisten zu sein. Oder stecken Regime-Insider dahinter?
       
   DIR Iran entlässt inhaftierte Spanierin: Spanische Aktivistin wieder frei
       
       Im November wurde eine 24-jährige Aktivistin inhaftiert. Nun bestätigt der
       spanische Außenminister José Manuel Albares ihre Freilassung.
       
   DIR „Weiße Folter“ in iranischem Gefängnis: Einsamkeit, Verhöre und Qualen
       
       In iranischen Evin-Gefängnis soll Isolationshaft die Häftlinge brechen. Die
       Deutsche Nahid Taghavi hat die „weiße Folter“ erlebt.
       
   DIR Solidarität mit Iran auf der Berlinale: Soft- oder Superpower?
       
       Die Berlinale wird ihrem Anspruch als engagiertes Festival gerecht.
       Insbesondere in der Solidarität mit der Bewegung in Iran wirkt es
       überzeugend.
       
   DIR Reaktion auf Todesurteil gegen Deutschen: Baerbock weist Diplomaten aus
       
       Zwei Mitarbeiter der iranischen Botschaft müssen Deutschland verlassen.
       Teheran reagiert mit Einreisesperren für Politiker auf EU-Sanktionen.
       
   DIR Todesurteil in Teheran: Deutsch-Iraner zum Tode verurteilt
       
       Jamshid Sharmahd gehört zur Dissidentengruppe „Kingdom Assembly of Iran“.
       Seine Familie darf kaum Kontakt zu ihm haben und kritisiert den Prozess als
       unfair.
       
   DIR Deutsch-Iraner droht Todesstrafe: „Das Ganze ist ein Schauprozess“
       
       Dem Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd droht im Iran die Todesstrafe. Seine
       Tochter wirft der Bundesregierung vor, nichts für ihn erreicht zu haben.