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       # taz.de -- Greenpeace-Klage gescheitert: Auch Bio-Bauer verliert gegen VW
       
       > Landwirt Ulf Allhoff-Cramer verlangte von Volkswagen ein schnelles Aus
       > für Verbrenner-Autos. Doch das Landgericht Detmold wies die Klage ab.
       
   IMG Bild: Ulf-Allhoff-Cramer im Sitzungssaal vom Detmolder Landgericht im September 2022
       
       Karlsruhe taz | – Das Landgericht Detmold hat die von Greenpeace
       unterstützte [1][Klimaklage] des Bio-Landwirts Ulf Allhoff-Cramer
       abgelehnt. Allhoff-Cramer hatte unter anderem einen Verkaufstopp für
       Verbrenner-Autos ab 2030 gefordert. [2][Bereits in der vergangenen Woche
       scheiterte eine Greenpeace-Klage gegen VW am Landgericht Braunschweig].
       
       Allhof-Cramer betreibt den Bergwiesenhof in Detmold mit Ackerbau,
       Mutterkuhhaltung und Wald. Er fürchtet um die Zukunft seines Bauernhofes,
       dem Dürren und Starkregen schon schwere Schäden zugefügt hätten, so seine
       Argumentation vor Gericht. Verantwortlich sei insbesondere der Klimawandel
       und damit auch ein Kfz-Hersteller wie Volkswagen.
       
       Allhof-Cramer forderte von VW keinen Schadensersatz, sondern eine Änderung
       des Geschäftsmodells. Der Autokonzern solle sofort den Verkauf von
       Verbrenner-Autos reduzieren und ab 2030 ganz einstellen. Nur so könne VW
       die „übermäßige“ Emission von CO2 durch VW-Autos beenden.
       
       Der Bauer wurde von der [3][bekannten Klimaanwältin Roda Verheyen]
       vertreten, die sich auf die zivilrechtliche [4][Störerhaftung] berief. Wer
       die Gefährdung von Rechtsgütern eines anderen verursacht, müsse das
       Verhalten einstellen, wenn es eine entsprechende
       „Verkehrssicherungspflicht“ gebe. Als Beleg für die Pflicht zog sie ein
       Klimaszenario der Internationalen Energie-Agentur heran.
       
       ## Anderer Ablehnungsgrund als in Stuttgart
       
       Das Landgericht Detmold wies die Klage nun aber als „unbegründet“ ab. In
       der mündlichen Urteilsverkündung verzichtete das Gericht auf eine
       Begründung, weshalb sich Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser empörte,
       das Gericht habe sich mit der Klage wohl nicht ernsthaft auseinandersetzen
       wollen.
       
       Eine halbe Stunde später versandte das Gericht aber eine Pressemitteilung
       mit den wesentlichen Überlegungen. Diese weichen deutlich von den
       bisherigen Urteilen der Landgerichte in Stuttgart, München und Braunschweig
       ab, mit denen ähnliche Klagen gegen Kfz-Hersteller abgelehnt worden waren.
       
       Laut Landgericht Detmold gibt es keinen zivilrechtlichen Anspruch, mit dem
       Allhoff-Cramer von VW eine konkrete Änderung des Geschäftsmodells verlangen
       könnte. Unter Berufung auf Paragraf 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)
       könne zwar das Unterlassen einer gegenwärtigen Beeinträchtigung verlangt
       werden (wenn diese nicht geduldet werden muss). Damit sei aber kein
       Anspruch auf eine bestimmte Handlung verbunden.
       
       Insbesondere könne der Bauer von VW nicht verlangen, auf den Vertrieb von
       Autos mit „Verbrennungsmotoren“ zu verzichten und stattdessen auf
       „batteriebetriebene Elektromotoren“ zu setzen. Schließlich gebe es auch
       noch andere Alternativen zum Benzinmotor, etwa den „wasserstoffbetriebenen
       Verbrennungsmotor oder Brennstoffzellen“.
       
       ## Klage des Bauern nicht „schlüssig“
       
       Soweit es um die Abwehr künftiger Gefahren für den Bergwiesenhof geht, sei
       die Klage des Bauern nicht einmal „schlüssig“, so das Landgericht Detmold.
       So habe der Bauer nicht dargelegt, „welche wesentlichen Eigentums- und
       Gesundheitsbeeinträchtigungen“ gerade ihn in einer um mehr als 1,5 Grad
       erwärmten Welt treffen sollen, wenn schon die jetzigen Beeinträchtigungen
       den „neuen Normalzustand“ darstellen.
       
       Zu anderen Argumentationsschritten von Allhoff-Cramer und Anwältin Verheyen
       legte sich das Gericht nicht fest. So blieb in Detmold zum Beispiel offen,
       ob der Biobauer die Emissionen der VW-Fahrzeuge dulden müsste. Der
       Bio-Bauer wird in Berufung gehen. Zuständig ist dann das Oberlandesgericht
       Hamm. (Az.: 01 O 199/21)
       
       24 Feb 2023
       
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