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       # taz.de -- Beigelegter Tarifkonflikt bei der Post: Tarifkompromiss mit Wermutstropfen
       
       > Die Lohnerhöhung für Post-Beschäftigte kann sich sehen lassen. Aber warum
       > kriegt der profitable Konzern einen Inflationsausgleich vom Staat?
       
   IMG Bild: Bei der Kundgebung im Februar hofften die Beschäftigten noch auf einen höheren Abschluß
       
       Der erste große Arbeitskampf in diesem Jahr – fällt aus. Mit der Drohung
       eines unbefristeten Streiks ist es der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi
       gelungen, die [1][Deutsche Post] zu einer annehmbaren Nachbesserung ihres
       Angebots zu bewegen. So verhärtet wie die Fronten schienen, kommt die
       Einigung überraschend. Herausgekommen ist ein klassischer Tarifkompromiss –
       den sich der Konzern gut leisten kann.
       
       Wenn der Forderung nach prozentualer Lohnerhöhung ein Abschluss
       gegenübersteht, der aus einer Kombination zunächst von Sonderzahlungen mit
       einem späteren monatlichen Festbetrag besteht, ist das eine mit dem anderen
       nur schwer zu vergleichen. Aber das ist nötig, um das Tarifergebnis
       bewerten zu können. Deshalb eine grobe Rechnung: Eine ledige
       [2][Postbeschäftigte] mit bisherigem Bruttoeinkommen von 3.000 Euro wird
       2023 etwa 8,2 Prozent mehr Lohn erhalten, auf die gesamte
       Tarifvertragslaufzeit gerechnet bis Ende 2024 sind es insgesamt etwa 9,2
       Prozent. Das ist deutlich entfernt von den 15 Prozent, die Verdi nur für
       2023 gefordert hatte.
       
       Gewerkschaft und Arbeitgeberseite jonglieren mit wesentlich höheren
       Prozentzahlen. Aber das sind Rechentricks, propagandistische Nebelkerzen.
       Dabei kann sich ihr Kompromiss auch ohne Schönrechnerei sehen lassen, ist
       er doch besser als vergleichbare Abschlüsse in anderen Branchen in der
       vergangenen Zeit. Die pauschale monatliche Gehaltserhöhung um 340 Euro ab
       April 2024 zahlt sich vor allem für jene rund 87 Prozent der etwa 160.000
       Postbeschäftigten aus, die bislang nur auf ein Grundgehalt zwischen 2.108
       und 3.090 Euro brutto kommen. Gut so, schließlich treffen Besserverdienende
       die gestiegenen Lebenshaltungskosten weniger hart.
       
       Aber es gibt zwei Wermutstropfen. Wenn die Prognosen zutreffen, werden die
       Postbeschäftigten zwar keinen weiteren [3][Reallohnverlust] erleiden. Doch
       das gleicht nicht den Verlust aus, den sie bereits erlitten haben. Hier
       rächt sich, dass sich die Gewerkschaft für 2022 mit einer jämmerlichen
       Gehaltssteigerung von 2 Prozent abspeisen ließ – zur Freude der Post, die
       in dem Jahr einen Rekordgewinn von 8,4 Milliarden Euro einstrich. Hinzu
       kommt das Problem mit der steuer- und abgabenfreien
       „Inflationsausgleichsprämie“: So sinnvoll dieses Instrument in der
       aktuellen Krise ist – es ist sehr fragwürdig, dass es auch ein
       hochprofitabler Konzern nutzen kann. Das dürfte ihm jetzt eine Ersparnis
       von mehr als 100 Millionen Euro bringen – auf Kosten der Allgemeinheit.
       Dabei hätte die Post genug Geld, um ihre Beschäftigten auch ohne staatliche
       Hilfe besser zu bezahlen.
       
       12 Mar 2023
       
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