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       # taz.de -- Klima-Volksentscheid in Berlin: Briefwähler mussten draußen bleiben
       
       > Wegen Wartungsarbeiten konnten Briefabstimmungen am Samstag nur sehr
       > eingeschränkt online beantragt werden. Die Initiative reagiert empört.
       
   IMG Bild: Wichtiger Tag für Berlins Klimabewegung: am 26. März wird abgestimmt
       
       Berlin taz | Knapp zwei Wochen sind es noch bis zum Tag der [1][Abstimmung
       über den Klima-Volksentscheid] – und doch wurde die Internetseite der
       Landeswahlleitung am Samstag vorübergehend abgeschaltet. Anträge auf
       Briefabstimmung konnten an jenem Tag nicht oder nur mit viel Glück gestellt
       werden. Die [2][Initiative Klimaneustart,] Trägerin des Entscheids, zeigte
       sich empört: „Vor einer Wahl wäre das wohl kaum passiert“, sagte ihr
       Sprecher Stefan Zimmer am Montag der taz. Hier werde mit zweierlei Maß
       gemessen. „Ein Volksentscheid ist offenbar unwichtiger als eine Wahl zum
       Abgeordnetenhaus.“
       
       Bei dem Entscheid am 26. März stimmen die Berliner*innen über einen
       Gesetzentwurf ab, wonach das Land bis 2030 seine CO2-Emissionen fast auf
       null reduzieren muss – bisher ist das bis 2045 vorgesehen. Da bislang
       überwiegend die Initiative für die Teilnahme an der Abstimmung mobilisiert,
       wird mit einer niedrigen Beteiligung gerechnet. „Das wird eine knappe
       Kiste. Am Ende könnten ein paar tausend, vielleicht sogar hundert Stimmen
       entscheiden“, sagte Zimmer.
       
       Entsprechend wichtig sei die Mobilisierung kurz vor der Abstimmung: Derzeit
       würden täglich zwischen 25.000 und 45.000 Berliner*innen
       Briefabstimmung beantragen. Ein fehlender Tag könnte ausreichen, um
       schließlich am Quorum zu scheitern. Um erfolgreich zu sein, brauchen die
       Befürworter*innen des Gesetzes rund 613.000 Ja-Stimmen, das entspricht
       einem Viertel der Abstimmungsberechtigten. „Sollte der Volksentscheid am
       Quorum scheitern, werden wir eine Anfechtung der Abstimmung in Erwägung
       ziehen“, erklärte der Anwalt der Initiative, Peter Cremer.
       
       Nach Auskunft von Landeswahlleiter Stephan Bröchler vom Montag handelte es
       sich um turnusgemäße, berlinweite und nicht aufschiebbare Wartungsarbeiten
       durch das IT-Dienstleistungszentrum Berlin; betroffen gewesen seien
       sämtliche rund 600 IT-Partner*innen. Die Landeswahlleitung alleine könne
       sich dem nicht entziehen. Nach seiner Auskunft seien die Einschränkungen
       zudem zeitlich überschaubar geblieben: „Die Online-Beantragung von
       Abstimmungsscheinen für den Volksentscheid stand lediglich in den
       Morgenstunden von 4 bis 8 Uhr nicht zur Verfügung“, erklärte Bröchler laut
       einer Mitteilung. Und weiter: „Die Wartungsarbeiten gewährleisten auch die
       ordnungsgemäße und technische Durchführung des Volksentscheids Berlin
       klimaneutral 2030.“
       
       Die Initiative berichtete jedoch, dass den ganzen Sonnabend über die Seite
       immer wieder nicht erreichbar war. Bröchler bestätigte dies gegenüber dpa:
       Bis 18 Uhr sei die Beantragung nur eingeschränkt möglich gewesen. Zudem sei
       die Ankündigung über diese Einschränkung noch bis Montagmorgen auf der
       Seite zu lesen gewesen, erklärt Initiativensprecher Zimmer. „Auch das
       könnte Menschen abgehalten haben.“
       
       ## Eine schnelle Klage wurde verworfen
       
       Die Initiative war zudem erst am Freitag über die Abschaltung des
       Onlineangebots unterrichtet worden, sagte der Sprecher weiter. Eine Klage
       dagegen wäre voraussichtlich erst am Samstagnachmittag verhandelt worden;
       daher habe man laut dem Sprecher darauf verzichtet. Bisher habe man ein
       kooperatives Verhältnis zur Landeswahlleitung gepflegt. Bei einem Treffen
       mit Bröchler im Januar habe man laut Sprecher Zimmer mehrfach nachgefragt,
       ob es noch absehbar Termine gebe, die man beachten müsse. Nein, habe die
       Antwort gelautet.
       
       Vorwürfe, die der Senatsinnnenverwaltung untergeordnete Landeswahlleitung
       halte Volksentscheide für zweitrangig, hatte es bereits bei der
       Terminfindung gegeben. Der Senat, der den Tag des Entscheids festsetzt,
       hatte nach längerer Hinhaltetaktik der SPD-geführten Innenverwaltungen
       eigene Termine für die Wahlwiederholung und den Entscheid angesetzt. Dabei
       sieht das Abstimmungsgesetz eigentlich vor, beides parallel stattfinden zu
       lassen, wenn dies zeitlich möglich ist, um auch bei Volksentscheiden eine
       hohe Beteiligung sicherzustellen.
       
       Die Entscheidung für zwei Termine hatte auch Folgen für die Bezahlung der
       Wahlhelfer*innen beim Volksentscheid. Während jene am 12. Februar bei
       der Wiederholungswahl bis zu 240 Euro bekamen und der Andrang so groß war,
       dass man tausende Angebote abweisen musste, sieht es nun anders aus:
       Lediglich bis zu 120 Euro bekommen die Abstimmungshelfenden; am Montag warb
       die Landeswahlleitung per Mitteilung um weitere Unterstützung, vor allem in
       den Bezirken Tempelhof-Schöneberg, Neukölln und Lichtenberg.
       
       Bröchler selbst hatte die unterschiedliche Vergütung – offziell ein
       „Erfrischungsgeld“ – [3][im taz-Interview vor der Wahl] kritisiert. „Ich
       habe dafür votiert, die 240 Euro auch beim Volksentscheid zu zahlen“, sagte
       er und betonte, er könne die Kritik der Initiative daran nachvollziehen.
       
       13 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kampagne-fuer-Berlins-Klima-Entscheid/!5918546
   DIR [2] http://klimaneustart.berlin/
   DIR [3] /Berlins-Wahlleiter-ueber-Wiederholung/!5907391
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bert Schulz
       
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