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       # taz.de -- Serie „Urlaub wider Willen“: Stets adrett und irritiert
       
       > „Schitt's Creek“-Schauspieler Eugene Levy macht eine Reiseserie, obwohl
       > er lieber zu Hause bleibt. Sein trockener Humor macht sie herrlich
       > komisch.
       
   IMG Bild: Eugene Levy macht „Urlaub wider Willen“
       
       Berlin taz | „Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite
       davon.“ Im Vorspann seiner neuen Show zitiert Schauspieler Eugene Levy den
       historischen römischen Bischof Augustinus – und fügt dann schnell hinzu,
       dass er in seinem Leben durchaus bereits die eine oder andere Seite gesehen
       habe. Er sei nur eben kein allzu großer Fan des Buches. Nicht die idealste
       Voraussetzung, um durch eine Reise-Sendung zu führen? Das Gegenteil ist der
       Fall, wie sich aktuell in „Urlaub wider Willen mit Eugene Levy“ (zu sehen
       bei AppleTV+) erleben lässt.
       
       Wenn Prominente von Kameras begleitet um die Welt reisen, dann bringen sie
       in der Regel wenn schon nicht Expertise, dann mindestens eine große
       Leidenschaft mit. Das ist bei Stanley Tucci und der Liebe zur Heimat seiner
       Großeltern in „Searching for Italy“ nicht anders als bei „Um die Welt mit
       Zac Efron“, wo der Schauspieler seine Abenteuerlust ausleben darf. Bei Levy
       macht gerade das Gegenteil den Reiz aus: Seine Show, für die es ihn in acht
       Folgen an so unterschiedliche Destinationen wie Utah, Tokio, die Malediven
       oder Lissabon verschlägt, lebt gerade davon, dass er nie einen Hehl daraus
       macht, dass er eigentlich am liebsten in den wohltemperierten eigenen vier
       Wänden geblieben wäre.
       
       „Es ist nicht so, dass ich das Reisen hasse, denn Hass ist ein allzu großes
       Wort für meine Abneigung“, sagt der Kanadier beim Video-Interview mit der
       taz. „Aber ich reiße mich wirklich nicht darum, vor allem, wenn dann auch
       noch Natur auf dem Programm steht. Gegen ein schickes Hotel habe ich
       natürlich nichts einzuwenden. Am allerwohlsten fühle ich mich aber
       tatsächlich immer zu Hause.“ Doch mit 75 Jahren, so fährt er fort, habe er
       dem Angebot, die eigene Komfortzone mal zu verlassen und Neues zu wagen,
       dann doch nicht widerstehen können.
       
       ## Erfahrungen, auf die er lieber verzichtet
       
       Begleitet man den Schauspieler nun auf seinen Reisen, fühlt man sich immer
       wieder an Johnny Rose erinnert, seine wohl bekannteste Rolle. Auch als
       Familienoberhaupt in der ungemein erfolgreichen [1][Comedy-Serie „Schitt’s
       Creek“] nämlich musste Levy damit klarkommen, von einem Tag auf den
       nächsten so gar nicht mehr in seinem Element zu sein und an jeder Ecke
       Erfahrungen und Begegnungen zu machen, auf die er lieber verzichtet hätte.
       In sechs Staffeln sah man ihn dabei nie ohne adretten Anzug, markantes
       Brillengestell und irritiertem bis konsterniertem Blick im Gesicht – und
       genau so ist der Emmy-Gewinner nun zwischen den Kontinenten unterwegs.
       
       Zufall ist das natürlich nicht, wie Levy betont: „Die Figur Johnny Rose war
       mir persönlich so ähnlich wie keine andere Rolle, die ich je gespielt habe.
       Was ja auch kein Wunder ist, schließlich haben mein Sohn Dan und ich sie
       uns gemeinsam ausgedacht.“ Und mit Blick auf „Urlaub wider Willen mit
       Eugene Levy“ fährt er fort: „Ich habe keine Ahnung, ob man mir bei AppleTV+
       nun diese Show wirklich nur wegen Johnny Rose gegeben hat, schließlich war
       ich auch vorher schon fast 50 Jahre ganz gut im Geschäft. Aber natürlich
       waren die Serie und ihr Erfolg etwas sehr Besonderes. Neun Emmys gewinnt
       man schließlich nicht alle Tage!“
       
       ## Unnachahmlicher Humor
       
       Dass es sein unnachahmlicher Humor gewesen ist, der ihm den neuen Job
       gesichert hat, dürfte derweil unbestritten sein. Genau wie in „Schitt’s
       Creek“ besticht Levy nämlich auch auf Reisen durch herrlich komische und
       vor allem trockene Sprüche, bei denen er keine Miene verzieht. „Ich bin ja
       wirklich kein Komiker“, beteuert der Mann, dem in der kanadischen Heimat
       der Durchbruch einst mit Sketch-Comedy gelang, bevor ihn die Rolle als Jims
       Vater [2][in den „American Pie“-Filmen] endgültig berühmt machte.
       
       „Eigentlich halte ich mich auch nicht für sonderlich amüsant, sondern bin
       privat eher ernst und geradeheraus. Aber als man mir vorschlug, eine
       Reise-Show zu übernehmen, und ich lange und breit erklärte, warum ich dafür
       der Falsche sei, begannen die Produzent*innen am anderen Ende der
       Leitung immer mehr zu lachen. So entstand überhaupt erst die Idee, meine
       Widerwilligkeit in die Sendung einzubauen.“
       
       Als konventionelle Reise-Sendung hätte „Urlaub wider Willen mit Eugene
       Levy“ kaum funktioniert: Zu wenig besonders sind die gewählten Ziele, zu
       naheliegend die Unternehmungen, von Eisfischen in Lappland bis
       Cicchetti-Essen in Venedig. Hier steht und fällt alles mit dem
       Protagonisten: Der Charme und Witz, aber vor allem die Irritation und
       Verblüffung, mit denen Levy sowohl seine Abneigung gegenüber kreuchendem
       Getier im Dschungel von Costa Rica überwindet als auch mit angetrunkenen
       Finn*innen um die Wette lacht und überhaupt eine neue Erfahrung nach der
       nächsten macht, sind große Unterhaltung.
       
       28 Feb 2023
       
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