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       # taz.de -- Prozess um Kirchenasyl: Aus und Amen!
       
       > Dass eine Äbtissin vor Gericht muss, weil sie Flüchtlingen geholfen hat,
       > ist traurig. Und bezeichnend für eine irregeleitete Politik des Bamf.
       
   IMG Bild: Ihr „Vergehen“ heißt Nächstenliebe: Abtissin Mechthild Thürmer
       
       Dass es am Ende kein Freispruch war, sondern „nur“ eine Einstellung des
       Verfahrens – geschenkt. Hauptsache, die Sache hat nun ein Ende. Zweieinhalb
       Jahre hat sich das Amtsgericht Bamberg Zeit gelassen. Zweieinhalb Jahre, in
       denen ein Amtsrichter [1][die Äbtissin Mechthild Thürmer in der Luft hängen
       ließ], nicht ohne ihr zuvor dreisterweise noch eine „empfindliche
       Freiheitsstrafe“ anzudrohen. Schuldig war die Nonne aus Oberfranken eines
       Vergehens der Nächstenliebe: Zwischen 2018 und 2020 hatte sie drei Frauen
       vor der Abschiebung bewahrt, indem sie ihnen Kirchenasyl gewährte.
       
       Nun erkennt das Bamf das Instrument des Kirchenasyls grundsätzlich als eine
       ultima ratio in Härtefällen an. Offiziell zumindest. Die trickreiche
       Argumentation, mit der es [2][Kirchenangehörige dennoch zu Kriminellen
       stempeln] wollte und die auch einige Staatsanwaltschaften übernommen haben,
       ging so: Wer Kirchenasyl gewährt, auch wenn das Bamf nach einer
       Pro-forma-Prüfung weiterhin keinen Härtefall erkennen will, macht sich
       strafbar. Heißt: In diesem Fall wären die Kirchenasyl Gewährenden
       verpflichtet gewesen, das Kirchenasyl aktiv zu beenden, sprich ihre
       Schützlinge vom Kirchen- oder Klosterhof zu jagen.
       
       Diese Vorgabe war jedoch einseitig vom Bamf eingeführt worden – und hätte
       freilich die Idee des Kirchenasyls völlig ausgehöhlt. Die Absicht war
       offensichtlich: maximalen Druck ausüben, so dass die meisten Pfarrerinnen,
       Priester, Nonnen und Mönche davor zurückschrecken würden, Flüchtlingen
       künftig Kirchenasyl zu gewähren.
       
       Doch zuletzt wendete sich das Blatt: Nachdem sich so mancher übereifrige
       Staatsanwalt in einer höheren Instanz bereits eine blutige Nase geholt
       hatte, waren die Ermittler im Laufe der vergangenen zwei Jahre zunehmend
       davon abgerückt, Pfarrer und Ordensangehörige mit Strafbefehlen zu
       überziehen, die Menschen Zuflucht gewährten. Etwa, um sie vor
       Zwangsprostitution, Elend oder unmenschlicher Behandlung in Italien,
       Rumänien & Co. zu bewahren. Mit dem quasi Freispruch für Mutter Mechthild
       hat dieses Kapitel der Einschüchterung und Kriminalisierung von
       Kirchenangehörigen nun hoffentlich ein Ende.
       
       Der nächste Schritt wäre nun, Kirchenasyle gänzlich überflüssig zu machen,
       indem das Bamf grundsätzlich davon absieht, Flüchtlinge in Länder
       abzuschieben, in denen ihnen ein menschenunwürdiges Schicksal blüht. Doch
       hier hat sich auch unter der Ampel bislang wenig getan.
       
       1 Mar 2023
       
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   DIR Dominik Baur
       
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