# taz.de -- Özdemir plant kein Werbeverbot für Milch: Für Süßkram kaum noch Fernsehspots
> Ein Gesetzentwurf von Ernährungsminister Özdemir sieht weitgehende
> Werbeverbote für alle Süßigkeiten vor. Auch betroffen: Viel Knabberzeug
> wie Chips.
IMG Bild: Für Gummibärchen soll im TV von 6 bis 23 Uhr nicht mehr geworben werden. Essen darf man sie trotzdem
Berlin taz | Haribo Goldbären, Kinder Schokolade oder Überraschungseier –
das von Bundesernährungsminister [1][Cem Özdemir] geplante
Fernsehwerbeverbot zwischen 6 und 23 Uhr soll für sämtliche Süßigkeiten,
Kuchen und Limonaden gelten. „Bewerbung nicht erlaubt“, steht im
Referentenentwurf aus dem Ministerium des Grünen-Politikers neben der
Lebensmittelkategorie „Schokolade und andere kakaohaltige
Lebensmittelzubereitungen, Zuckerwaren einschließlich weiße Schokolade,
Müsliriegel, süße Aufstriche und Desserts“. Ebenso bei „Kuchen, süße Kekse
und ähnliches Kleingebäck“ sowie „Speiseeis“. Werbung für Trinkmilch ohne
Zuckerzusatz dagegen soll – anders, als die Bild-Zeitung auf ihrer
Internetseite behauptete – nicht eingeschränkt werden. Der Gesetzentwurf,
der unter 14-Jährige schützen soll, liegt der taz vor.
Auch Hörfunkspots zwischen 6 und 23 Uhr, Werbung bei Inhalten für Kinder im
Internet oder in der Presse und Werbetafeln für ungesunde Lebensmittel im
Umkreis von 100 Metern, beispielsweise um Schulen, sollen demnach nicht
mehr zulässig sein.
Werbung für Lebensmittel mit viel Zucker, Fett und Salz außerhalb des
Zeitfensters sowie auf Internetseiten und in gedruckten Veröffentlichungen
mit der Zielgruppe Jugendliche und Erwachsene oder Sponsoring etwa von
Veranstaltungen wären nur dann untersagt, wenn sie sich „ihrer Art nach“
speziell an Kinder richten. Das ist laut Entwurf zum Beispiel der Fall,
wenn Kinder zu sehen sind oder die Aufmachung beziehungsweise Sprache unter
14-Jährige besonders anspricht. Coca-Cola etwa dürfte weiter Fußballspiele
sponsern, solange der Getränkekonzern dabei keine Kindermotive verwendet.
Verstöße sollen als Ordnungswidrigkeit „mit einer Geldbuße bis zu 30.000
Euro geahndet werden“. Verantwortlich seien die Lebensmittelunternehmen und
andere Werbetreibende.
Die Einschränkungen gelten aber nur für Lebensmittel, die etwa mehr Fett
und Zucker haben, als im Gesetzentwurf für jede Produktkategorie festgelegt
ist. „Knabberartikel“ sind demnach betroffen, wenn sie Zucker und mehr als
0,1 Prozent Salz enthalten. Für „[2][Chio Red Paprika Chips]“
beispielsweise dürfte nur noch sehr eingeschränkt geworben werden, weil sie
15-mal so viel Salz haben. Werbung für Milch (auch Hafer-, Soja- oder
Mandeldrinks) und Säfte ist immer und überall zulässig, wenn ihnen weder
Zucker noch Süßungsmittel zugesetzt worden sind. [3][Granini-Orangensaft]
ist gemäß Entwurf safe. Normale Trinkmilch kann also weiter wie bisher
beworben werden, „[4][Müllermilch Schoko]“ dagegen nicht.
Auch die Werbung für alle „Energydrinks“, zum Beispiel von Red Bull, soll
stark reduziert werden. Ebenso für die meisten Erfrischungsgetränke wie
Cola, weil sie fast immer Zucker oder Süßungsmittel enthalten. Werbung für
Frühstückscerealien wie [5][Kellogg's Corn Flakes] soll erlaubt bleiben.
Für „[6][Smacks]“ aber nicht, denn sie enthalten mehr als die zulässigen 15
Prozent Zucker. Eng wird es ebenfalls für die „[7][Danone Fruchtzwerge
Erdbeere]“, weil sie zu mehr als 2,5 Prozent aus Fett und zu über 10
Prozent aus Zucker bestehen. Die „[8][Danone Fruchtzwerge weniger süß]“
hingegen kämen durch.
Butter, Margarine und Käse würden wegen zu viel Fett und gesättigter
Fettsäuren meist betroffen sein von den Werbeeinschränkungen. Zahlreiche
Fertiggerichte wie „[9][Iglo Green Cuisine Lasagne mit vegetarischem Hack]“
jedoch liegen im grünen Bereich. Eine Ausnahme ist „[10][Knorr Fix
Lachs-Sahne Gratin]“, da es die Grenzwerte für Fett (10 Prozent),
gesättigte Fettsäuren (4 Prozent) und Energie (225 Kilocalorien) reißt.
Brot ist meist ebenfalls okay, aber der „[11][Brandt Markenzwieback]“ zum
Beispiel hat mehr als die erlaubten 10 Prozent Zucker. Für Fleisch, Fisch,
Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte – ob frisch oder gefroren – gibt es keine
Höchstwerte, die einzuhalten wären.
Die Limits sind überwiegend von der Weltgesundheitsorganisation [12][WHO]
festgelegt worden. Anders als Özdemirs Entwurf empfiehlt sie allerdings
Werbeeinschränkungen auch für Vollmilch und alle Säfte. „Milch ist ein
Lebensmittel, das Nährstoffe wie etwa Calcium und Jod beinhaltet, die für
Kinder in der Wachstumsphase besonders wichtig sind. Obst- und Gemüsesäfte
können viele wichtige Vitamine liefern und daher einen Beitrag zu einer
gesunden Ernährung leisten“, teilte sein Ministerium mit.
Koalitionspartner FDP lehnt die Zeitfensterregel ab. Werbeverbote sollten
nach dem „tatsächlichen Zuschaueranteil von Kindern“ festgelegt werden. Der
kann aber gering sein, selbst wenn viele Kinder zusehen. Für Internet und
Sponsoring fordert die Partei keine Begrenzung.
Fehlernährung trägt dazu bei, dass laut Robert-Koch-Institut 15 Prozent der
3- bis 17-Jährigen übergewichtig und damit später anfällig für Krankheiten
wie Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes oder Herzinfarkt sind.
5 Mar 2023
## LINKS
DIR [1] /Cem-Oezdemir/!t5007735
DIR [2] https://www.chio.de/produkte/chips/red-paprika-chips.html
DIR [3] https://www.granini.de/produkte/trinkgenuss/orange-mit-fruchtfleisch/
DIR [4] https://shop.rewe.de/p/mueller-muellermilch-schoko-400ml/3529711
DIR [5] https://www.kelloggs.de/de_DE/products/corn-flakes-product.html
DIR [6] https://www.kelloggs.de/de_DE/products/smacks-product.html
DIR [7] https://shop.rewe.de/p/danone-fruchtzwerge-erdbeere-banane-pfirsich-birne-8x50g/5349613
DIR [8] https://shop.rewe.de/p/danone-fruchtzwerge-weniger-suess-6x50g/5583578
DIR [9] https://shop.rewe.de/p/iglo-green-cuisine-lasagne-mit-vegetarischem-hack-450g/8379455
DIR [10] https://shop.rewe.de/p/knorr-fix-lachs-sahne-gratin-2-portionen/1014514
DIR [11] https://shop.rewe.de/p/brandt-der-markenzwieback-225g/784842
DIR [12] https://apps.who.int/iris/handle/10665/152779
## AUTOREN
DIR Jost Maurin
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