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       # taz.de -- Die Wahrheit: Bayern hat ein #Biergate
       
       > Neubayern glauben, alle Insassen des Freistaats saufen. Doch es gibt ja
       > noch Markus Söder und Hubert Aiwanger – die Nüchternbayern.
       
       Anfang Oktober sind bayerische Landtagswahlen. Auch außerhalb wird man die
       Wahlkampfbilder sehen. Denn Deutschland ist bekanntlich ein Bundesland des
       Freistaats: Kandidatinnen und Kandidaten in feiner Tracht, die ganz nah an
       Bürgerin und Bürger Brezn schwenken und herzhaft in Krüge beißen. In
       Wahrheit ist die Maßkrugpropaganda aber eine glatte Lüge, mit der ich als
       seriöser Journalist nun ein für alle Mal aufräumen muss: Bayern hat ein
       #Biergate.
       
       Als Trinker glaubte ich, in Bayern eine Heimat unter Gleichgesinnten
       gefunden zu haben. Schon im Einwohnermeldeamt drückte man mir ein Helles in
       die Hand, seither war ich nie mehr nüchtern. Daher gelte ich als gut
       integriert, ja überassimiliert: Ich esse dreimal am Tag warm, und zwar
       jedes Mal Weißwurst. Durch meine Spätbajuwarisierung fallen mir aber auch
       Missstände auf, an die sich die Altvorderen in ihrer Bierblindheit gewöhnt
       haben. Zum Beispiel Markus Söder.
       
       Anders als die Inszenierung vermuten lässt, trinkt der Franke so gut wie
       keinen Alkohol. Er präferiert Cola-Fanta-Mixgetränke. Für mich als Neubayer
       ist so ein Spezispezi an der Spitze nicht tragbar. Söder muss es ja nicht
       übertreiben, aber ein bayerischer Ministerpräsident sollte für meine
       Begriffe schon ab und zu mal, wenigstens einmal im Jahr, im Suff einen
       überfahren, wie weiland CSU-Grande Wiesheu. Nur so weiß ich als Wähler: Das
       ist einer von uns. Der rollt genau wie ich nachts noch von der Wirtschaft
       per Auto nach Hause und erwischt halt dann so einen Wanderer, der auch auf
       dem Heimweg ist und sich gedacht hat: Ist sicherer, wenn ich das Auto
       stehen lasse.
       
       Doch meine Söder-Recherchen förderten noch Schlimmeres zutage. Der Mann ist
       kein Einzelfall. Seinen Stellvertreter Hubert Aiwanger habe ich jüngst bei
       einer Aschermittwochsrede investigativ beschattet. Auch dieser Mann lehnt
       unsere westlichen Promillewerte ab, obwohl seine Reden anderes vermuten
       lassen: Angekündigt als „rhetorisches Schwergewicht“, forderte Aiwanger
       unter anderem die Abschaffung der Erbschaftssteuer sowie Hühnerschlachten
       als Schulfach.
       
       In einem Tweet vom 1. Dezember 2022 verrät sich „Hubsi“ sogar selbst: „Ich
       trinke keinen Alkohol, nur zu Ihrer Info.“ Irgendein schlecht informierter
       Möchtegerndenker aus Berlin hatte dem Chef der Freien Wähler hinsichtlich
       seiner ablehnenden Haltung zu Cannabis Doppelmoral in der Drogenpolitik
       vorhalten wollen. Tja.
       
       Dabei hätte man es wissen können: Schon 2018 hieß es in der taz über
       Aiwanger, er habe noch nie einen Tropfen Alkohol angerührt. Und die
       Augsburger Allgemeine zitiert den gelernten Schweinezüchter bereits 2008
       wie folgt: „Aiwanger hebt im Festzelt keinen biergefüllten Maßkrug: Er
       findet ‚irgendwie keinen Sinn drin‘, Alkohol zu trinken.“ Wie nur konnte
       ein Mensch mit dermaßen extremen Ansichten Teil einer Landesregierung
       werden? Zum Glück hat Bayern bald die Wahl.
       
       23 Mar 2023
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Cornelius Oettle
       
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