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       # taz.de -- Norbert Lammert in Namibia: Wenn Almans sich blamieren
       
       > Ex-CDU-Bundestagspräsident Norbert Lammert hat Namibias Präsidenten über
       > chinesischen Einfluss belehrt. Das sind eurozentrische Analysen.
       
   IMG Bild: Norbert Lammert
       
       Wie sehr kann sich ein Alman im Ausland blamieren? Norbert Lammert: Ja! Der
       ehemalige CDU-Bundestagspräsident und aktuelle Vorsitzende der
       Konrad-Adenauer-Stiftung war 2018 zu Besuch in Namibia. Ein Auszug aus
       einem Gespräch zwischen Lammert und dem namibischen Präsidenten Hage
       Geingob [1][macht seitdem vor allem in afrikanischen Medien die Runde]. Zu
       sehen ist zunächst, wie Norbert Lammert in selbstgefälligem Ton Geingob vor
       der Präsenz Chinas in Namibia warnt. „Die Zahl der Chinesen, die hier in
       Namibia leben, ist viermal so hoch im Vergleich zur deutschen Community“,
       sagt Lammert.
       
       Geingob sitzt zurückgelehnt in einem Sessel und stoppt Lammert früh: Der
       namibische Präsident fragt lächelnd, was so grundsätzlich das Problem des
       weißen Mannes sei. Lammert brauche niemanden zu belehren und solle lieber
       über [2][Deutsche (und ihre Verbrechen in Namibia)] reden. „Während wir
       Deutsche ohne Visum und auf dem roten Teppich in unser Land lassen, werden
       wir in Deutschland regelrecht misshandelt“, sagt Geingob. Lammert bleibt
       nichts übrig, als die Fresse zu halten.
       
       Es existieren einige eurozentrische Analysen, dass in vielen Gesellschaften
       des sogenannten Globalen Südens die chinesische und russische Propaganda so
       stark seien, dass viele Menschen und Regierungen auf dieser Welt ihre
       Solidarität mit der Ukraine und ihren westlichen Verbündeten verweigern. Es
       stimmt, dass diese Propaganda-Maschinen weltweit aktiv sind und [3][die
       Interessen Chinas] und Russlands forcieren. Was aber auch stimmt: Es
       braucht keinen Putin, damit die Menschen im sogenannten Globalen Süden
       skeptisch gegenüber westlichen Interessen eingestellt sind. Schuld an
       dieser Skepsis ist der Westen selbst.
       
       ## Verbrannte Erde
       
       Wo immer man hinschaut, haben vor allem die USA und europäische Regierungen
       verbrannte Erde hinterlassen: [4][Die Diktatur von Augusto Pinochet] in
       Chile konnte nur mit Hilfe der USA aufrechterhalten werden, der
       Vietnamkrieg prägte eine ganze Generation und in diesen Tagen jährt sich
       die Invasion des Irak zum zwanzigsten Mal. Eine militärische Aggression,
       die bekanntermaßen auf Lügen fußte. Viele schlimme Dinge sind in den
       vergangenen 500 Jahren passiert und die Menschen vergessen nicht so
       einfach: Kolonialismus, postkoloniale Machtgefälle, westliche Koalitionen
       mit autoritären Regimen, unzählige Norbert Lammerts, die ihre Rolle
       übertreiben.
       
       Kein Wunder, dass außerhalb des Westens die Augenbrauen hoch gehen, wenn es
       heißt, dass man nun auf der richtigen Seite stehen solle. Der effektivste
       Weg, um Empathie für die Unterstützung der Ukraine gegen Putins Angriff zu
       gewinnen: westliche Selbstkritik, eine schonungslose Aufarbeitung der
       Geschichte, anderen Gesellschaften auf Augenhöhe begegnen. Das dauert
       wiederum, und Reparationen würden viel kosten. Mal schauen, ob die
       Konrad-Adenauer-Stiftung irgendwann einen Beitrag zu dieser
       Völkerverständigung leisten möchte.
       
       23 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=3TVGv186qyk
   DIR [2] /Deutscher-Voelkermord-in-Namibia/!5907656
   DIR [3] /China-Experte-ueber-Ukraine-und-Taiwan/!5920542
   DIR [4] /Verbrechen-unter-Pinochet-in-Chile/!5674013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Mohamed Amjahid
       
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