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       # taz.de -- Neues Album von Frittenbude: Nachti, ick hör dir trapsen
       
       > Die Elektropunkband Frittenbude bringt „Apokalypse Wow“ raus. Darauf
       > erweitert sie den eigenen Wirkungskreis und zeigt musikalische Vielfalt.
       
   IMG Bild: Keine Dinos: Stritzi Rögner und Jakob Häglsperger von Frittenbude
       
       „Gib mir einen roten Faden / Nach dem ich greifen kann / Und stumpfe
       Parolen / Die ich begreifen kann“, rappt Johannes „Strizi“ Rögner im Song
       „Suchen/Finden“ auf dem neuen Frittenbude-Album „Apokalypse Wow“. Das
       Schlagzeug gibt den Takt vor, ein Synthesizer gesellt sich dazu, schafft
       Raum.
       
       Es ist der zweite Track des Albums, auf dem die Band in zwölf Songs
       zwischen der Akzeptanz von persönlichen Umbrüchen hin zum musikalischen
       Verarbeiten der – manchmal hoffnungslos scheinenden – Lage der Welt
       oszilliert und sich bei der Findung treu bleibt, obwohl sie ihren
       musikalischen Aktionsrahmen erweitert hat.
       
       In ihren Texten ignoriert Frittenbude die Ups and Downs des Lebens
       keineswegs, sondern erkennt diese als Teil des Daseins an, wie auch im
       Refrain von „Suchen/Finden“: „Zwischen Suchen und Finden / Da, wo wir
       verschwinden / Beim Saufen und Rauchen / Wo wir wieder auftauchen.“
       
       ## Eher gesungen als gerappt
       
       Für die Elektropunkband, die einst im bayerischen Geisenhausen begann, ist
       „Apokalypse Wow“ Album Nummer sechs, es erscheint vier Jahre nach dem
       Vorgänger „Rote Sonne“. Das neue Werk ist musikalisch vielfältig. Bei „Das
       Glas“ zieht sich ein eingängiger elektronischer Beat durch, begleitet von
       kräftiger Percussion und einer nach oben ausschlagenden Stimme, während in
       „Neue Welt“ der Refrain eher gesungen als gerappt wird und das Schlagzeug
       gemeinsam mit subtilen Gitarrenakkorden begleitet.
       
       Bekannt wurden Frittenbude durch den Song „Mindestens in 1000 Jahren“
       (2008). Damals standen sie noch [1][beim Hamburger Label Audiolith] unter
       Vertrag, für das auch [2][Egotronic] und [3][Feine Sahne Fischfilet]
       veröffentlichen.
       
       Ähnlich diesen sind auch Frittenbude bei zahlreichen Demos aufgetreten,
       viele ihrer Songs stellen sich dezidiert gegen Rechtsradikalismus,
       Homophobie und Rassismus. Diesen Wurzeln bleiben die Wahlberliner treu, in
       „Sandradome“ reimen sie „Dich und dein Land / Nehm ich mit, verdammt“.
       Mittlerweile haben Frittenbude ihr eigenes Label gegründet: Nachti – eine
       Anspielung auf ihr Debütalbum „Nachtigall“.
       
       ## Positive Herausforderung
       
       Nicht nur in den Songtexten des neuen Albums geht es um Vergänglichkeit,
       auch bei der Band selbst hat sich etwas geändert. Vergangenes Jahr stieg
       Gitarrist Martin Steer aus. Seine Riffs sind auf dem Album zwar noch zu
       hören, nun machen Johannes Rögner, 41, und [4][Jakob Häglsperger], 38, ohne
       ihn weiter. Sie interpretieren den Abschied ihres Gitarristen aber als
       positive Herausforderung, „Apokalypse Wow“.
       
       Den einen sofort wiedererkennbaren Hit gibt es diesmal nicht, stattdessen
       nimmt die Band Hörer*innen mit auf die Party („Lass uns tanzen gehen“),
       ans Meer („Tiefseetauchen“) und zur Demo („Schlagstock“). Ebenso vielfältig
       wie in der Themenwahl geht Frittenbude mit der Wahl der Genres um. Die
       Musik kommt insgesamt rockiger daher als früher.
       
       Sie stellt sich in „Schlagstock“ mit tiefen, kratzigen und kräftigen Beats
       gegen Nazis und lädt im nächsten Song, „Lass uns tanzen gehen“, mit sanfter
       Stimme und softem Bass zum Ausgehen ein. „Komm lass uns tanzen gehen / Als
       wär’ die Dystopie Vergangenheit“, heißt es im Songtext, der angelegt ist
       als tiefsinniges Gespräch unter guten Freund*innen. Und doch bleiben die
       Songtexte vage genug, um Interpretationsraum zuzulassen und zugleich
       Haltung auszusagen.
       
       ## Immer noch glaubwürdig
       
       Klangmerkmale von Frittenbude auf „Apokalypse Wow“ sind E-Gitarre,
       elektronische Beats und die facettenreiche Stimme von Sängers und Rapper
       Rögner. Zwischendrin taucht auch mal eine Trompetenmelodie („Stoli“) auf.
       Man merkt Frittenbude an, dass Glaubwürdigkeit für ihr Selbstverständnis
       immer noch wichtiger ist als Kommerz. So beginnt das Liebeslied „Vorbei“
       mit einem sich langsam aufbauendem Schlagzeug- und Gitarrenintro.
       
       „Der ganze Schmerz / Der ganze Scheiß / Und alles, was wir nicht begreifen
       / Es geht vorbei“ heißt im Refrain. Der Song wirkt wie ein nachdenklicher
       Morgen nach einer durchzechten Nacht, an die man mit guten Erinnerungen
       zurückdenkt. Die Band erinnert hier daran, den Moment zu schätzen, solange
       er da ist.
       
       Bei Frittenbude ist Nihilismus oft nur einen Takt entfernt von
       Tiefgründigkeit. Dadurch bleibt die Band in ihren Texten nahbar, auch die
       Musik scheppert und schlingert passend zum Auf und Ab. Frittenbude singt
       und rappt sich die Verhältnisse nicht schön, sondern erkennt die
       Gleichzeitigkeit von Entgrenzung, Erfahrung und Hoffnung an.
       
       9 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Neues-HipHop-Album-von-Neonschwarz/!5543391
   DIR [2] /Neues-Egotronic-Album-bei-Audiolith/!5408639
   DIR [3] /CDU-nach-Feine-Sahne-Fischflilet-Konzert/!5630583
   DIR [4] /Archiv-Suche/!293815&s=Frittenbude&SuchRahmen=Print/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaudia Lagozinski
       
       ## TAGS
       
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