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       # taz.de -- Asylrecht in Großbritannien: Menschenrechte werden ausgesetzt
       
       > Die britische Innenministerin verkündet schärfere Abschieberegeln für
       > Bootsflüchtlinge, die über den Ärmelkanal kommen.
       
   IMG Bild: Harte Linie gegen Bootsflüchtlinge: die britische Innenministerin Suella Braverman
       
       London taz | Die konservative britische Regierung hat am Dienstag neue
       verschärfte Regeln angekündigt, um Flüchtende von der [1][Überquerung des
       Ärmelkanals] und der unerlaubten Einreise nach Großbritannien abzuhalten.
       Innenministerin Suella Braverman kündigte im britischen Unterhaus in einem
       Gesetzesantrag an, dass jegliche Person, die auf diese Weise nach England
       einreise, sofort in Haft genommen und nach spätestens 28 Tagen in ihr
       Ursprungsland abgeschoben würde, notfalls in ein sicheres Drittland. Ein
       Recht, die Entscheidung anzufechten, gäbe es erst aus dem Ausland.
       
       Das Recht, eine Abschiebung zu stoppen, weil Menschenhandel oder Sklaverei
       vorliege, gelte bei einer illegalen Einreise nicht mehr. In einer
       Presseerklärung des Innenministeriums hieß es zudem, dass auch das Recht
       auf eine Rückkehr nach Großbritannien, sowie das Recht, je die britische
       Staatsbürgerschaft zu erhalten, verfalle.
       
       Ausnahmen bei der Abschieberegelung werde es nur bei Kindern unter 18
       Jahren geben, bei Menschen, deren Gesundheitszustand eine Abschiebung nicht
       zulässt, und in besonderen Härtefällen, sagte Braverman.
       
       Sie könne nicht garantieren, dass die Ankündigungen mit dem britischen
       Menschenrechtsgesetz kompatibel seien, wohl aber mit internationalem Recht
       und der Flüchtlingskonvention von 1951. Im Gesetz seien allerdings bereits
       Vorkehrungen eingebaut, die Teile des Menschenrechtsgesetzes in diesem Fall
       außer Kraft setzen. Andere verneinen jede Zuständigkeit des Europäischen
       Gerichtshofs für Menschenrechte, so dass das Gericht nicht einfach die
       britischen Maßnahmen blockieren könne.
       
       ## Harte Kritik von Labour und NGOs
       
       Weitere Vorkehrungen würden auf bereits laufende gemeinsame Programme mit
       Frankreich aufbauen, die man bei einem Gipfel zwischen den beiden Staaten
       am Freitag weiter diskutieren wolle, sowie auf ein Abkommen mit Albanien.
       Man wolle Abkommen mit anderen Ländern schließen.
       
       Labours Schatteninnenministerin Yvette Cooper kritisierte die
       Ankündigungen. Der Anstieg der Bootüberquerungen auf [2][letztes Jahr
       45.000] von 280 vor vier Jahren sei einzig die Schuld der seit 13 Jahren
       regierenden Torys, die es weder schafften, gegen Menschenschleuser
       vorzugehen, noch aufgrund von Personalkürzungen entstandenen Rückstau an
       Asylanträgen zu bearbeiten.
       
       Zudem bestünden kaum Vereinbarungen mit anderen Ländern, Flüchtlinge wieder
       aufzunehmen. Abschiebungen nach [3][Ruanda], sie werden derzeit vom
       höchsten britischen Gericht geprüft, wären auf insgesamt nur 200 Personen
       begrenzt.
       
       Demnach könnten nach Ablaufen der 28-tägigen Haft Menschen mit
       Foltertrauma, einstige Übersetzer für Großbritannien aus Afghanistan, und
       Familien mit Kindern, in einem rechtlichen Limbo auf den Straßen enden oder
       auf Ewigkeit in von Steuerzahler:innen bezahlten Unterkünften leben,
       ohne Hoffnung auf Lösung ihrer Fälle, ohne Asyl und ohne Rückführung in ein
       sicheres Land.
       
       Die Ankündigungen stießen auch bei Flüchtlingsorganisationen auf harte
       Kritik.
       
       7 Mar 2023
       
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