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       # taz.de -- Umstrittenes Bauprojekt in Pankow: Geisel holt die Säge raus
       
       > In Pankow liegt die Baugenehmigung für das umstrittene
       > Nachverdichtungs-Projekt der Gesobau vor. Scharfe Kritik kommt von den
       > Grünen.
       
   IMG Bild: Ob die AnwohnerInnen sich im kommenden Sommer noch unter Bäumen versammeln können?
       
       Berlin taz | Im Fall des umstrittenen Bauprojekts der Gesobau in zwei
       grünen Höfen an der Pankower Ossietzkystraße hat die Senatsbauverwaltung am
       Donnerstag der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft die Baugenehmigung
       zugestellt. Am Freitag äußerte der grüne Pankower Bundestagsabgeordnete
       Stefan Gelbhaar scharfe Kritik am scheidenden Senator Andreas Geisel (SPD).
       Dessen Handeln sei „mehr als nur ganz schlechter Stil“. Das
       „Nachwahl-Vakuum werde „rücksichtslos ausgenutzt“, um den bezirklichen
       Bebauungsplan auszuhebeln und den zivilen Widerstand gegen die
       Nachverdichtung zu unterlaufen.
       
       [1][Wie die taz berichtete], will die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft
       in den beiden weitläufigen, offenen Höfen zwei zusätzliche Gebäude
       errichten. Es würde das Aus für viele große Bäume bedeuten, aber auch für
       einen Kinderspielplatz, der von vielen Kitas in der Umgebung genutzt wird.
       Das Bezirksamt hatte das Vorhaben 2020 nach Protesten von AnwohnerInnen
       abgelehnt und stattdessen einen „Klima-Bebauungsplan“ für den Bereich
       angestoßen, der Neubauten mit diesem Volumen nicht erlauben würde.
       Begründet wurde dies auch mit der vom Bezirk ausgerufenen Klimanotlage und
       der Notwendigkeit, Neuversiegelung zu verhindern.
       
       Über einen Umweg kann nun doch gebaut werden: Die Gesobau hat die
       seinerzeit abgelehnten Gebäudekörper inzwischen zu Modularen Unterkünften
       für Flüchtlinge (MUF) deklariert: In diesem Fall kann die
       Senatsbauverwaltung nach §246 Baugesetzbuch im Alleingang eine
       Baugenehmigung erteilen. Fraglich ist dabei, wie lange die Gebäude
       überhaupt MUFs bleiben. Gelbhaar: „Werden die modularen Unterkunft-Bauten
       später in reguläre Wohnungen umgewandelt, sind die Bezirks- wie
       Landespolitik als auch die Zivilgesellschaft am Nasenring durch die Manege
       geführt worden.“
       
       Die Frage ist, wann es tatsächlich mit den bauvorbereitenden Maßnahmen
       losgeht. Eigentlich gilt zwischen 1. März und 30. September laut
       Bundesnaturschutzgesetz ein Fällverbot, Ausnahmen sind aber möglich, wenn
       ein „öffentliches Interesse“ an einem Beginn der Maßnahmen in der
       Vegetationsperiode besteht. Im Falle einer Flüchtlingsunterkunft wäre davon
       wohl auszugehen. Die schon im Februar erteilte Fällgenehmigung trat erst
       mit Vorliegen der Baugenehmigung in Kraft – ob sie eine explizite
       Ausnahmeregelung enthält, ist unklar.
       
       ## Sorgenvoller Blick aus dem Fenster
       
       Britta Krehl von der [2][Bürgerinitiative „Grüner Kiez Pankow“] sagte der
       taz am Freitag, viele AnwohnerInnen schauten jetzt „jeden Morgen mit Sorge
       aus dem Fenster“, ob die Fällarbeiten bereits im Gange seien. Betroffen
       sind nach Zählung der Initiative mindestens 50 gesunde Bäume, die zum Teil
       noch von den ersten BewohnerInnen der Wohnhäuser in den 1950er Jahren
       gepflanzt wurden.
       
       In Bezug auf Senator Geisel teilte die Bürgerinitiative mit, es sei
       „skandalös“, dass „ein Mann, der die Wahl 2021 vergeigt und die Stadt 39
       Millionen Euro gekostet hat, in den letzten Zügen seiner Amtszeit die Stadt
       mit seinem Bauen-Mantra weiter gezielt kaputt machen“ wolle. Die Gesobau
       wolle ihre Flächen rentabler machen, die Gesundheit der MieterInnen spiele
       dabei keine Rolle. Es würden „bewusst Menschen gegeneinander ausgespielt,
       das Leid von Geflüchteten ausgenutzt und das Sonderbaurecht missbraucht, um
       altväterlich das Bauvorhaben durchzudrücken, das nicht zeitgemäß und nicht
       nachhaltig ist“.
       
       Geisels Sprecher Martin Pallgen hat bereits mehrfach betont, es handele
       sich bei dem Widerstand um ein Festhalten an vermeintlichen Ansprüchen, die
       gegenüber der notwendigen Schaffung von Wohnraum für Geflüchtete
       zurücktreten müssten. Dem Tagesspiegel gegenüber schaltete er zuletzt
       rhetorisch noch einen Gang hoch: „Geflüchteten helfen: gerne, aber nicht
       bei mir vor dem Fenster. Entweder wir sind als Gesellschaft bereit,
       Menschen in Not entsprechend zu helfen und dafür Partikularinteressen
       zurückzustellen, oder wir sind es nicht.“
       
       10 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Umstrittenes-Bauprojekt-in-Pankow/!5915742
   DIR [2] https://xn--grner-kiez-pankow-32b.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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