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       # taz.de -- Mitglied über Synodalversammlung: „Macht der Bischöfe wirkt weiter“
       
       > Im Synodalen Weg waren keine Betroffenen sexualisierter Gewalt
       > stimmberechtigt. Gregor Podschun von der katholischen Jugend fordert ein
       > Umdenken.
       
   IMG Bild: Jahrelang hat der Synodale Weg um Reformen gerungen, die Macht der Bischöfe wurde nicht aufgebrochen
       
       taz: Herr Podschun, nach dreieinhalb Jahren ist das Reformprojekt Synodaler
       Weg [1][zu einem vorläufigen Abschluss gekommen]. Wie blicken Sie auf die
       fünfte Synodalversammlung zurück? 
       
       Gregor Podschun: Ich habe ein sehr durchwachsenes Gefühl zur vergangenen
       Versammlung. Es wurden einige gute Texte beschlossen. Dass es endlich auch
       [2][offiziell Segensfeiern für homosexuelle Paare geben] soll, ist ein
       großer Fortschritt. Das entlastet auch viele Seelsorger*innen. Auch dass
       der Handlungstext zur geschlechtlichen Vielfalt beschlossen wurde, ist
       großartig, weil das bedeutet, dass endlich Menschen, die trans Personen
       oder nonbinär sind, anerkannt werden in der katholischen Kirche. Das ist
       ein erster Schritt gegen die bestehende Diskriminierung. Zugleich wurden
       aber viele Texte beschlossen, die nur Prüfaufträge enthalten und die so
       weichgespült wurden, dass sie letztendlich gar keine Bedeutung mehr haben
       und keinen richtigen Fortschritt enthalten. Daran hat man sehr deutlich
       gesehen, wie die Machtsysteme der Bischöfe wirken und dass der Synodale Weg
       es nicht geschafft hat, diese zu durchbrechen.
       
       Der Synodale Weg hatte das gemeinsame Entscheiden in der katholischen
       Kirche zum Ziel. Ist er [3][damit gescheitert]? 
       
       Ich glaube, man muss den Gesamterfolg differenziert betrachten und schauen,
       woran man diesen misst. Der Synodale Weg hat in einer breiten
       Öffentlichkeit sichtbar gemacht, wie Menschen von ihrer Kirche denken und
       wie sie diese gestalten wollen. Aber in dem Kernpunkt, wo der Synodale Weg
       seinen Anfang fand, nämlich nach [4][der Missbrauchsstudie], die die
       systemischen Ursachen sexualisierter Gewalt gezeigt hat, da sind wir
       gescheitert. Genau den Risikofaktor von fehlender Macht- und
       Gewaltenteilung in der Kirche haben wir nicht bearbeitet und beseitigt. Das
       lässt uns als katholische Jugendverbände ratlos zurück, was wir mit dem
       Blick auf die Missbrauchsaufarbeitung in diesem Punkt tun können.
       
       Bei [5][der Synodalversammlung in Frankfurt] wurden die Handlungstexte
       „Maßnahmen gegen Missbrauch von Frauen“ und „Prävention sexualisierter
       Gewalt, Intervention und Umgang mit Tätern in der katholischen Kirche“ mit
       einer großen Mehrheit verabschiedet. Ist das kein Erfolg? 
       
       Inhaltlich sind das wichtige Texte, aber leider sind sie nicht so gut
       geschrieben und beinhalten viel zu wenig Maßnahmen. Also beispielsweise
       wird als einzige Maßnahme gegen Täter, die Priester sind, Therapien
       genannt. Da kann der Eindruck entstehen, dass nach einer Therapie ein
       Wiedereinsatz von Tätern in der katholischen Kirche möglich sein sollte.
       Das steht nicht explizit drin, aber kann herausgelesen werden. Dieser Text
       vermischt an vielen Stellen Prävention, mit Intervention, mit Aufarbeitung,
       die nicht vermischt werden sollten. Ich glaube auch, dass Maßnahmen gegen
       Täter an anderer Stelle festgelegt werden müssen. Das müssen die Bischöfe
       an Ordnungen und Regeln festhalten, die jetzt schon gültig sein sollten.
       Alle Texte zur sexualisierten Gewalt, die der Synodale Weg beschlossen hat,
       bleiben innerhalb des geltenden Kirchenrechts. Das heißt, wir kommen nicht
       aus den Strukturen und dem System heraus und es gibt nicht mal Texte, die
       fordern, dass wir das Kirchenrecht überschreiten. Das ist wirklich viel zu
       schwach.
       
       Es gab auch die Kritik, dass [6][Betroffene sexualisierter Gewalt] nicht
       als stimmberechtigte Delegierte in der Synodalversammlung dabeiwaren. 
       
       Es gibt das Gerücht, dass in der Vollversammlung der Deutschen
       Bischofskonferenz darüber abgestimmt wurde, ob Betroffene in die
       Synodalversammlung berufen werden. Da gab es wohl eine knappe Mehrheit
       dagegen. Warum, kann ich nicht sagen. Aber es zeigt durchaus, wie die Macht
       der Bischöfe gegenüber den Betroffenen ausgenutzt wird. Betroffene sind ja
       als Gäste auf der Synodalversammlung, sie hätten Zeit, ein Stimmrecht
       wahrzunehmen und haben das auch eingefordert. Sie wurden trotzdem von der
       Deutschen Bischofskonferenz nicht ausgewählt, daran teilzunehmen. Das ist
       fatal und zeigt, dass die [7][Stimme der Betroffenen] immer noch nicht so
       gehört wird, wie sie das einfordern. Das muss sich dringend ändern.
       
       Nun kommt der Synodale Ausschuss. Sind dort Betroffene sexualisierter
       Gewalt vertreten? 
       
       Ja, aber das ist eher Zufall. Es gab keine vorgesehenen Plätze für
       Betroffene sexualisierter Gewalt. Der Synodale Ausschuss wurde aus drei
       Gremien zusammengesetzt. Einmal die 20 Menschen, die auf der
       Synodalversammlung gewählt wurden, die 27 Diözesanbischöfe und 27 Menschen,
       die vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gewählt wurden. Eine
       Person ist zugleich betroffene Person und ZdK-Mitglied. Das heißt,
       institutionalisiert haben Betroffene keinen Platz im Synodalen Ausschuss.
       
       Sie kritisieren also die Zusammensetzung des Ausschusses? 
       
       Ja, insbesondere auch in zwei weiteren Punkten: die fehlende Abbildung von
       Generationen- und Geschlechtergerechtigkeit. Das Ironische ist: Der
       Synodale Weg hatte den Beschluss gefasst, dass der Synodale Ausschuss
       geschlechter- und generationengerecht zusammengesetzt werden sollte. Da hat
       sich niemand dran gehalten. Wir jungen Menschen hatten uns dafür beim ZdK
       eingesetzt. Aber weder das ZdK noch die Bischofskonferenz hat das
       umgesetzt. Das ist womöglich ein Hinweis darauf, wie mit anderen
       Beschlüssen des Synodalen Wegs umgegangen werden wird. Auch im Synodalen
       Ausschuss wird das Machtsystem der Bischöfe weiterwirken. Wir sind
       weiterhin von den Mehrheiten der Bischöfe abhängig. Zugleich gibt es gerade
       kaum eine Alternative, wenn sich junge Menschen für ihre Kirche einsetzen
       und sie verändern wollen. Wir wollen mit unserer Stimme die Machtsysteme
       sichtbar machen und zeigen, was schiefläuft. Deshalb gehen wir in den
       Synodalen Ausschuss.
       
       13 Mar 2023
       
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