# taz.de -- Buchpremiere: Auch der Hass ist überall
> Şeyda Kurt schreibt über Hass und Herrschaft. Am Dienstag hat sie ihr
> neues Buch in Berlin vorgestellt.
IMG Bild: Seyda Kurt schreibt über Politik, Kultur, Philosophie und Feminismus
BERLIN taz | Liebe ist überall. Im Hollywoodfilm, in Romanen, in jedem
Radiohit. Liebe ist gesellschaftsfähig. Aber wo ist der Hass? Klar, auch an
dem kommt man nicht vorbei. Wer sich schon einmal in eine Kommentar-Spalte
des Internets verirrt hat, weiß das.
Hass ist allgegenwärtig, das schreibt auch Autorin [1][Șeyda Kurt] in ihrem
neuen Buch “Hass – Von der Macht eines widerständigen Gefühls“, das am 21.
März erschienen ist. Und doch, so schreibt sie weiter, soll der Hass
eigentlich gar nicht existieren, er soll – im Gegensatz zur Liebe –
kulturell verbannt werden.
Bei der Buchpremiere am Dienstagabend im [2][silent green] im Wedding sitzt
Șeyda Kurt in der 17 Meter hohen Kuppelhalle. Abgestimmt auf das Buchcover,
das auf eine Leinwand über der Bühne projiziert wird, ist der Saal in ein
grünes Licht getaucht.
Die Autorin trägt ein langes, strahlend grünes Kleid, Schuhe und
Fingernägel passend zum Schriftzug des Covers in lila. Und auch die
Post-It’s, mit denen sie die Stellen in ihrem Buch markiert hat, die sie im
Laufe des Abends vortragen wird, leuchten in hellem grün. Die Moderatorin
Fatima Khan hat ihr Outfit genau andersherum gewählt: lila Kleid, grüne
Stiefel.
Erst radikale Zärtlichkeit, jetzt widerständiger Hass
Zwei Jahre ist es her, dass Șeyda Kurt mit „Radikale Zärtlichkeit – Warum
Liebe politisch ist“ einen Bestseller herausgebracht hat, der für
Aufmerksamkeit sorgte. Nach der Liebe hat sie sich nun den Hass
vorgeknöpft. Oder vielmehr, das Verhältnis von Hass und Herrschaft: “Hass
kann verändern, Hass kann transformieren. Mich interessiert der Hass zwar
auch als eine unterdrückerische, doch noch viel mehr als eine widerständige
Handlungsform“, schreibt Kurt.
In ihrem Buch wechseln sich theoretische Essays und Geschichten über
Widerstand mit Fragmenten persönlicher Erinnerungen, Traumschnipseln,
Songzeilen und Filmsequenzen ab. Dabei geht es auch um Familie, um
Eltern-Kind-Beziehungen, um Bestrafung.
Hass sei kein rohes, unkontrollierbares Gefühl, stellt die Autorin fest. Er
sei auch Reaktion: Eine Reaktion der Unterdrückten, der Betroffenen
[3][rechter, rassistischer Gewalt]. Eine Selbstverteidigung. Ein „sich
nicht abwenden“, ein „nicht gleichgültig werden“. Ein Hass gegen die
Verhältnisse. Aus dem Widerstand heraus hassen Unterdrückte die
[4][Unterdrückungssysteme], die ihnen auferlegt wurden.
Liest Șeyda Kurt vor, herrscht völlige Stille. Klappt sie ihr Buch zu,
ertönt lautstarker Applaus. Am Ende gibt es Blumen – selbstverständlich
getreu des lila-grünen Farbschemas. Quer durch den Saal reihen sich die
Besucher:innen vor dem kleinen Verkaufstisch auf und warten geduldig
auf ein signiertes Exemplar.
29 Mar 2023
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## AUTOREN
DIR Lea Fiehler
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