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       # taz.de -- Repression in Russland: Mehr als ein Kinderbild
       
       > Die Repressionen des russischen Staates machen auch vor jungen Menschen
       > nicht Halt. Besonders drastisch zeigt das der Fall der 13-jährigen
       > Mascha.
       
   IMG Bild: Der Fall von Mascha ist drastisch, aber leider kein Einzelfall
       
       Moskau taz | Sie hatte eine russische Fahne gemalt und eine ukrainische.
       Hatte „Nein zum Krieg“ geschrieben und „Ruhm der Ukraine“, mit einem
       schwarzen Stift eine Frau und ein Kind gezeichnet, auf die aus Richtung der
       russischen Fahne Bomben fallen. Die 13-jährige Maria Moskaljowa, genannt
       Mascha, aus der Kleinstadt Jefremow, knapp 320 Kilometer südlich von
       Moskau, hatte eigentlich nur ein Bild gemalt.
       
       Doch aus Sicht ihrer Schule und Russlands Sicherheitsbehörden ist das
       Mädchen nichts weiter als eine „Verräterin“. Denn mit ihrer Zeichnung
       stellt sie alles infrage, was der russische Staat [1][seit dem Überfall der
       Ukraine im Februar 2022] als „rechte Sache“ zu verkaufen versucht.
       Präsident Putin bezeichnet diese Menschen gerne als „Abschaum, den es zu
       vernichten gilt“.
       
       Mascha ist mittlerweile im Heim, ihrem alleinerziehenden Vater Alexei
       Moskaljow droht wegen der „Diskreditierung der russischen Armee“ eine
       dreijährige Haftstrafe. Derzeit befindet er sich unter Hausarrest. Am
       Mittwoch wollte ein Bezirksgericht in Jefremow über eine Einschränkung des
       Sorgerechts entscheiden. Doch am Nachmittag teilte die Richterin mit, es
       habe sich lediglich um ein Gespräch gehandelt, die Verhandlung finde Anfang
       April statt. Damit bleiben Vater und Tochter weiter getrennt. Die örtliche
       Kommission für Minderjährige hält weiterhin an ihrer Überzeugung fest,
       Moskaljow bringe seiner Tochter eine „falsche Vaterlandsliebe“ bei und sei
       deshalb nicht befähigt, sich um Mascha „adäquat“ zu kümmern. Die Mutter des
       Kindes hat die Familie bereits verlassen, als Mascha drei Jahre alt war,
       andere nähere Verwandte hat sie nicht.
       
       Der Vater, ein 54-jähriger Vogelzüchter, kümmerte sich allein um seine
       Tochter. Dabei machte er in sozialen Netzwerken nie einen Hehl aus seiner
       kritischen Haltung zu Russlands Krieg in der Ukraine. „Die Armee Russlands
       – die Gewalttäter sind neben uns“, hatte er kurz nach Russlands Angriff
       geschrieben. Es folgte eine Ordnungsstrafe.
       
       Kurze Zeit später malte Mascha ihr Bild im Kunstunterricht ihrer
       Mittelschule Nummer 9, die auf ihrer Homepage Kinder in Uniformen und mit
       Z-Symbol, dem Zeichen für Russlands Krieg in der Ukraine, zeigt. Maschas
       Lehrerin fand die Zeichnung „unpatriotisch“, die Direktorin rief die
       Polizei. Für Mascha und ihren Vater begann eine Odyssee von Verhören,
       Hausdurchsuchungen, Anklagen. Das Jugendamt führt die Familie nun als
       „benachteiligt“ und beanstandet die „ärmlichen Verhältnisse“, in denen
       Vater und Kind gelebt haben sollen. Der Anwalt der Familie spricht von
       einem „normalen Vater, der seine Tochter liebt“.
       
       Mascha hat seit zwei Wochen keinen Kontakt mehr zu ihrem Vater. Das
       „soziale Reha-Zentrum“ der Stadt, ein Heim für Kinder in Krisensituationen,
       hat mitteilen lassen, das Kind sei nach der Festnahme des Vaters in sich
       gekehrt und spreche mit niemandem. Aktivist*innen, die die Freilassung des
       Mädchens aus dem Heim fordern, haben ebenfalls keinen Zugang zu ihr.
       
       Der Fall Mascha ist drastisch, aber kein Einzelfall. Es gibt immer wieder
       Lehrer*innen, die ihre Schüler*innen bei den Sicherheitsbehörden melden
       – weil diese etwa ein Profilbild im Klassenchat in ukrainischen
       Nationalfarben benutzen, weil sie den Soldaten an die Front schreiben, sie
       mögen doch bitte zurückkehren und keine Mörder mehr sein. [2][Russlands
       Unterdrückungsmaschinerie] kennt keine Gnade – nicht mal gegenüber den
       Kindern.
       
       16 Mar 2023
       
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