# taz.de -- Polizeigewalt in Lützerath: Grundrechtekomitee prangert an
> Ein Bericht kritisiert überzogene Polizeigewalt bei der Räumung von
> Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier. Zudem hätten Medien einseitig
> berichtet.
IMG Bild: Porteste im Januar in Lützerath
Aachen taz | Das Kölner Komitee für Grundrechte und Demokratie übt heftige
Kritik am Polizeieinsatz bei der Räumung von [1][Lützerath] im Januar.
„Entscheidung für Gewalt“ heißt der 56-seitige [2][Bericht] mit
Erkenntnissen von 14 Beobachter*innen, Gesprächen mit
Aktivist*innen und Demosanitäter*innen sowie einer Auswertung
der Berichterstattung.
„Überaus überstürzt“ sei die [3][Räumung der am Ende 531 Personen aus dem
Ort im Rheinischen Braunkohlerevier] abgelaufen, trotz monatelanger
Vorbereitung, bilanziert das Komitee. Ohne zeitliche Not hätten Räumung und
Abrissarbeiten gleichzeitig stattgefunden, in enger räumlicher Nähe und oft
ohne genügenden Sicherheitsabstand. Deshalb sei es „zu mehreren
lebensgefährdenden Situationen gekommen“, bei denen Geäst die sichernden
Traversen zwischen Baumhäusern traf oder nur knapp verfehlte.
„Es ist allein dem Glück zu verdanken“, kritisiert Britta Rabe vom
Grundrechtekomitee, „dass es nicht zu schweren Verletzungen oder
Schlimmerem kam. Die fast pausenlosen Räumungsarbeiten unter Lärm und
Dauerbeleuchtung, die zunehmende Erschöpfung sowie das schlechte Wetter
hätten die Aktivist*innen täglich mehr gefährdet. Zudem, das belegten
Zeugenaussagen, wurde die Pressefreiheit „systematisch eingeschränkt“.
Bei der Demonstration am 14. Januar mit 35.000 Teilnehmer*innen sei die
Gewalt der Polizei „direkt als Brutalität“ zu beobachten gewesen. „Politik-
und Polizeiführung schufen mit ihren Ankündigungen zur erwarteten
Gewaltbereitschaft der Demonstrant*innen im Vorfeld eine Atmosphäre der
Unsicherheit.“ Die Folge: Einsatz von Pferden und Hunden, Wasserwerfern und
Pfefferspray sowie „unvermittelt und wahllos“ Schlagstöcke und
Faustschläge, die „Verletzungen an Kopf, Gesicht und Gliedmaßen bei einer
hohen Zahl von Demonstrierenden verursachten“.
## Bewohner*innen als Linksextremisten
In den regionalen Medien fand die Polizeigewalt kaum Widerhall. Rheinische
Post und Aachener Zeitung feierten stattdessen die Räumung binnen sechs
Tagen und nannten die Aktivist*innen immer wieder Linksextremisten und
Gewalttäter – meist ohne auf deren klimapolitischen Beweggründe einzugehen.
Stattdessen gaben die Zeitungen staatlichen Akteuren wie NRW-Innenminister
Herbert Reul (CDU) und Aachens Polizeipräsident Dirk Weinspach seitenweise
Raum zur Darstellung in Interviews. „Herbert Reul schuf im Innenausschuss
eine abschließende Erzählung, die die Polizeigewalt als Reaktion auf eine
einseitig von Demonstrierenden ausgehende Gewalt legitimieren sollte.“
Was das Grundrechtekomitee als „systematische Polizeigewalt“ geißelt, habe
der Minister „als Einzelfälle verharmlost“. Anstatt „Ministerien und die
Polizei in Verantwortung zu halten“, so das Komitee, hätten „alle Parteien“
im Landtag die Darstellungen hingenommen und „weder den Ablauf der Räumung
noch den Umgang mit den Versammlungen ernsthaft“ hinterfragt.
15 Mar 2023
## LINKS
DIR [1] /Kippender-RWE-Strommast-bei-Garzweiler/!5918635
DIR [2] https://www.grundrechtekomitee.de/fileadmin/user_upload/Entscheidung_fuer_Gewalt._Bericht_Demobeobachtung_Luetzerath_2023.pdf
DIR [3] /Proteste-in-Luetzerath-und-anderswo/!5915439
## AUTOREN
DIR Bernd Müllender
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