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       # taz.de -- Psychologe über Klima-Angst: „Das ist eine rationale Reaktion“
       
       > Besonders Jugendliche fürchten sich vor der Klimakrise, sagt
       > Umweltpsychologe Gerhard Reese. Ein Gespräch über die psychischen Folgen
       > der Klimakrise.
       
   IMG Bild: Kämpferisch und hoffungsvoll: Kundgebung der Fridays-for-Future-Bewegung in Berlin im März 2023
       
       taz: Der IPCC hat im [1][sechsten Sachstandsbericht] zum ersten Mal die
       psychischen Folgen der Erwärmung erläutert. Womit ist zu rechnen, wenn es
       wärmer wird? 
       
       Gerhard Reese: Der IPCC-Bericht gibt eigentlich wenig Grund zu Optimismus.
       Daraus folgt, dass die Klimakrise einen stärkeren negativen Einfluss auf
       die mentale Gesundheit haben wird – weltweit. Besonders betroffen sind
       Kinder, Jugendliche, Ältere und Vorerkrankte – also Gruppen von Menschen,
       die in besonderem Maße schutzbedürftig sind. Die sogenannte „Klimaangst“,
       die Menschen bereits verspüren, ist aus meiner Sicht [2][eine völlig
       rationale und nachvollziehbare Reaktion].
       
       Wie verbreitet ist „Klimaangst“ in Deutschland? 
       
       Es gibt mittlerweile ein paar Studien, die zeigen, dass es das Phänomen
       „Klimaangst“ gibt, wenngleich ich persönlich die konkreten Messungen dazu
       noch unzureichend finde. Bisher ist es kein flächendeckendes Phänomen, auch
       nicht bei jungen Menschen. Aber vieles deutet darauf hin, dass das stärker
       wird.
       
       Internationale Studien haben gezeigt, dass eine Mehrheit der Befragten
       zwischen 16 und 25 sich sehr große klimabedingte Sorgen um die Zukunft
       macht. Wir müssen aber unterscheiden zwischen einer Klimaangst, wie wir sie
       in Deutschland empfinden, und einer wirklich existenziellen Angst, wenn die
       Heimat buchstäblich weggeschwemmt wird, wie bei gefährdeten Inselstaaten.
       
       Was kann man gegen „Klimaangst“ tun? 
       
       Wirklich etwas dagegen tun im Sinne von „heilen“ oder „verringern“ können
       wir nicht. Viel wichtiger ist die Frage: Wie gehen wir mit Klimaangst und
       allgemein mit Ängsten um unsere Lebensgrundlage um? Die Angst ist ja nach
       allem, was wir wissen, durchaus begründet. Wir sollten also schauen: Was
       macht die Klimaangst mit den Leuten und was sind die Bedingungen, unter
       denen Menschen trotz – oder wegen – einer solchen Angst bereit sind, sich
       zu engagieren, statt in Apathie zu verfallen.
       
       Trotz der Warnungen der Klimawissenschaftler reagieren Politik und
       Gesellschaft nur langsam. Welche psychologischen Gründe gibt es hierfür? 
       
       Es liegt nicht daran, dass wir nicht wüssten, was zu tun ist – die Lösungen
       liegen auf dem Tisch. Auf politischer Ebene ist sicherlich ein Problem,
       [3][dass es mächtige Lobbys gibt], die Klimaschutz verzögern. Auf
       gesellschaftlicher Ebene dürfen wir nicht vergessen, dass wir in einer
       Konsumgesellschaft leben, die Konsum fördert, belohnt, verinnerlicht hat.
       Wir brauchen Regelungen, die eine nachhaltigere Form von Konsum
       vereinfachen und Unternehmen etwa zu Kreislaufwirtschaft verpflichten.
       
       21 Mar 2023
       
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