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       # taz.de -- Nach gefloppter 3-D-Rakete: Druckt doch mal was Sinnvolles
       
       > Die erste Rakete aus dem 3-D-Drucker ist abgestürzt. Wir stellen drei
       > Dinge aus dem 3-D-Drucker vor, die wirklich was verändern.
       
   IMG Bild: Ein Ohr, frisch aus dem 3-D-Drucker
       
       ## Maßgeschneiderte Organe
       
       Die Idee: Mit dem richtigen 3-D-Drucker, einem Bauplan und einer speziellen
       Tinte ließen sich funktionsfähige Organe drucken. Herzen, Lebern oder
       Nieren könnten aus lebenden Zellen maßgeschneidert angefertigt und
       transplantiert werden – oder bei Medikamententests die Tierversuche
       ersetzen.
       
       So funktioniert es: Weltweit stellen [1][Forscher*innen dafür eine
       sogenannte] Biotinte her, aus menschlichen Zellen und einem künstlichen
       Proteingerüst zur Stabilität. Wie bei 3-D-Druckern üblich, ist die
       [2][Tinte anfangs flüssig und verfestigt] sich dann, um Schicht für Schicht
       die definierte Form anzunehmen.
       
       Das Potenzial: Obwohl die Forschung noch recht jung ist, feierte sie
       bereits erste Erfolge. 2019 präsentierten Wissenschaftler*innen in
       Israel ein [3][gedrucktes Herz aus menschlichem Gewebe] – allerdings nur
       etwa so groß wie eine Kirsche. Organe brauchen eine Menge Zellmaterial, das
       beim Drucken überleben muss. Um ein Herz in richtiger Größe zu drucken,
       fehlen noch einige [4][Jahre an Forschung, schätzen Expert*innen]. Bei
       simpleren Teilen des Körpers geht es schneller. Im vergangenen Jahr bekam
       eine Frau in den USA zum ersten Mal eine gedruckte Ohrmuschel aus ihrem
       eigenen Zellmaterial transplantiert. Dafür entnahmen ihr Forscher*innen
       Knorpelzellen und vermehrten die im Labor. So bestand kein Risiko, dass der
       Körper das Transplantat ablehnt.
       
       Bis [5][gedruckte Ohrmuscheln] zum gängigen Verfahren werden, wird es noch
       dauern. Doch schon jetzt wird an der [6][medizinischen Universität in
       Innsbruck] gedruckte Menschenhaut für Forschung genutzt. Mit ihr kommen die
       Forscher*innen zu genaueren Ergebnissen, als es bisher mit Tierversuchen
       möglich war.
       
       ## Recyclebare Holzhäuser
       
       Die Idee: Ein Haus aus Holzfasern und Bioharzen, hergestellt im 3-D-Drucker
       und angeblich vollständig recycelbar, dennoch aber vollwertig als Wohnhaus
       zu benutzen. Das ist BioHome3D, entwickelt an der University of Maine. Es
       könnte die [7][Lösung vieler Probleme] sein: Weil man es einfach herstellen
       kann, weil es nur einen sehr geringen CO2-Ausstoß verursacht und man es
       wieder abbauen und recyceln könnte, als wäre nichts gewesen. Schuttberge
       jedenfalls entstünden nicht.
       
       So funktioniert es: Der Prototyp des BioHome3D steht in Maine und sieht aus
       wie ein etwas zu ambitioniertes Kleingartenhäuschen. Aber: So sehen
       US-amerikanische Häuser halt manchmal aus. Entscheidend ist: Man kann ein
       Gemisch aus Holzfasern – nachwachsender Rohstoff! – und Bio-Harzen – auch
       nachwachsend – herstellen, es in einen Drucker füllen, und dann kommt
       dieses Haus mit einer Grundfläche von 56 Quadratmetern heraus. Der weltweit
       größte Polymer-3-D-Drucker hat das bewerkstelligt. Das Haus wurde in vier
       Modulen gedruckt, das dauert nur zwei Stunden, dann wurden die Teile in
       wenigen Stunden zusammengebaut. Außenwände, Innenwände und das Dach. Klingt
       nach sehr wenigen Arbeitsschritten und vor allem wenigen Arbeitskräften,
       abgesehen von den Klempnern und Malern und Elektrikern, deren Arbeit noch
       nicht aus dem Drucker kam.
       
       Das Potenzial: Würde man so ein Haus in Serie herstellen, könnten schnell
       viele Häuser gedruckt werden und die Wohnungsnot lindern helfen. Man müsste
       sich dabei keine Gedanken um den übermäßig hohen Energieeinsatz machen,
       [8][für den Neubauten berüchtigt sind], vor allem, wenn sie aus Beton sind.
       
       Hier ist das Baumaterial ein nachwachsender Rohstoff, der auch noch CO2
       speichert.
       
       Doch noch gibt es einiges zu klären. Der Prototyp des BioHome3D ist mit
       allerlei Sensoren ausgestattet, die es in jeder Phase auf jede Faser prüfen
       sollen. Die Winter etwa bereiten Sorge, sie können in Maine eiskalt,
       schneereich und windig sein. Kommt BioHome3D da unbeschadet durch und
       bleibt es drin schön warm, dann könnte aus dem Prototyp ein Haus werden.
       
       ## Biegsame Solarzellen
       
       Die Idee: Überall auf der Welt werden für die Energiewende Solarzellen
       gebraucht. Deswegen versuchen Forscher, die Panels dezentral herzustellen,
       zum Beispiel mittels Druckverfahren. Die so hergestellten Solarpanels sind
       dünn, flexibel und leicht, deswegen können sie an viel mehr Orten
       angebracht werden als klassisch hergestellte Zellen.
       
       So funktioniert es: Forschern der Universität Swansea in Wales ist es nun
       gelungen, Solarzellen aus einem 3-D-Drucker zu fabrizieren. Dazu mussten
       sie die richtige Mischung des Lösungsmittels finden, das als Film trocknet,
       ohne die darunterliegende Schicht aufzulösen. Entstanden ist ein 20 Meter
       langer Solarzellen-Film. Das Besondere an diesen Kraftwerken: Anders als
       bei herkömmlichen Solarzellen nutzen sie kein Silizium zur Ernte der
       Sonnenenergie, sondern die sogenannte [9][Perowskit-Technologie]. Perowskit
       ist ein relativ häufiges Mineral aus der Mineralklasse der Oxide und
       Hydroxide, es kann in flüssiger Form auf Oberflächen gestrichen, gedruckt
       oder sogar aufgesprüht werden.
       
       Allerdings: Der Wirkungsgrad dieser Zellen ist bislang noch schlechter als
       der von denen, die auf klassische Weise hergestellt werden: Nur 10,8
       Prozent der Sonnenenergie, die auf die Zellen fällt, kann auch tatsächlich
       in Strom umgewandelt werden. Das ist nicht einmal halb so viel, wie
       [10][moderne Siliziumzellen schaffen]. Außerdem sind die [11][organischen
       Solarzellen] noch nicht so langlebig wie die Siliziumzellen, die rund 30
       Jahre halten. Sie haben momentan eine Lebensdauer von maximal zehn Jahren.
       
       Das Potenzial: Dennoch ist die Technologie vielversprechend. Denn um die
       neuen Solarzellen herzustellen, braucht man viel weniger Energie als bei
       den klassischen Verfahren. Außerdem können die Zellen so konstruiert
       werden, dass sie nur die Sonnenenergie umwandeln, die nicht sichtbar ist,
       und den Rest durchlassen. Solche transparenten, lichtdurchlässigen Zellen
       können sogar auf Fenster geklebt werden.
       
       1 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Organe-zuechten-mit-Bioprinting/!5388405
   DIR [2] https://www.igb.fraunhofer.de/de/ueber-uns/fokusthemen/bioprinting.html
   DIR [3] /!5586983/
   DIR [4] https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/advs.201900344
   DIR [5] /Ersatzteile-fuer-Menschen/!5279406
   DIR [6] https://www.i-med.ac.at/bioprinting/index.html.de
   DIR [7] /Forscherin-ueber-Klimaschutz-im-Bausektor/!5891879
   DIR [8] /Nachhaltigkeit-beim-Bauen/!5882374
   DIR [9] /Berliner-ForscherInnen-ausgezeichnet/!5636842
   DIR [10] /Effektivere-Solarzellen/!5395861
   DIR [11] /Technische-Neuerung-Solarfolie/!5768005
       
       ## AUTOREN
       
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