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       # taz.de -- Frauen-WM und TV-Rechte: Gegen die gut geölte Maschine
       
       > Noch immer hat kein deutscher Sender die Frauen-WM-Rechte gekauft. Das
       > ist ein Problem – und trotzdem ist das Zögern richtig.
       
   IMG Bild: Bezahlt von Rundfunkgebühren? Die große Show der Fifa, hier bei der Frauen-WM 2019
       
       Seit Jahren ist „Sichtbarkeit“ eines der beliebtesten Worte im Fußball der
       Frauen. Mehr Sichtbarkeit brauche es, vor allem im Free TV. Und besonders
       [1][nach der beim Publikum so erfolgreichen EM] im vergangenen Jahr.
       Ausgerechnet bei der kommenden WM in Australien und Neuseeland steht diese
       Sichtbarkeit nun auf dem Spiel. Noch immer gibt es keinen deutschen Sender,
       der das Turnier überträgt, obwohl die Fifa-Ausschreibungsfrist seit sechs
       Wochen abgelaufen ist.
       
       TV-Rechte wurden bisher vor allem an kleinere europäische Staaten verkauft;
       auf den großen Märkten England, Spanien und Italien zögern die Sender
       ebenfalls. Grund ist eine neue Konstellation. Endlich wurden die Rechte für
       eine Frauen-WM erstmals separat ausgeschrieben und nicht im Paket mit den
       Männern verkauft. Doch offenbar laufen die Verhandlungen zäh. ARD-Sportchef
       Axel Balkausky kritisierte, die Fifa verlange unwirtschaftliche Summen,
       Fifa-Boss Gianni Infantino kritisierte, Sender böten bis zu hundert Mal
       weniger als für die Männer. Zu solchen Preisen verkaufe man nicht.
       
       In der Debatte innerhalb der Frauenfußball-Bubble fiel der Schwarze Peter
       schnell an ARD und ZDF: Die sollten gefälligst mal aktiv werden. Es könne
       doch nicht angehen, dass eine WM im Pay TV versteckt werde, während ARD und
       ZDF für die letzte Männer-WM (im Paket mit den Frauen) mal eben rund 214
       Millionen Euro zahlten. Und der fehlende Investitionswille zeige mal wieder
       [2][den Status der kickenden Frauen] für die Sender hierzulande. All die
       Vorwürfe sind richtig. Aber ganz so einfach ist es auch nicht. Wer so
       argumentiert, geht dem Geschäftssinn der Fifa auf den Leim.
       
       „Aus eins mach zwei“, lautet deren Devise. Und natürlich ist die Fifa
       selbst Getriebene berechtigter Forderungen der Frauen. Sie hat das
       Preisgeld bei dieser WM im Vergleich zur letzten auf 110 Millionen Euro
       verdreifacht. Zur WM 2027, so Infantino, wolle man die Preisgelder komplett
       an die der Männer angleichen. Zum jetzigen Zeitpunkt würde das 440
       Millionen Euro bedeuten. Die wollen refinanziert werden, und womöglich hat
       sich die Fifa da beim Zahlungswillen der Sender verspekuliert. Zumal die
       Übertragungszeiten aus Australien unattraktiv und die Reisekosten hoch
       sind.
       
       ## Nur ein Verhandlungstrick
       
       Aber um Gleichberechtigung zu schaffen, ist es weder ratsam noch nötig,
       weitere Hunderte Millionen Euro Rundfunkgebühren an die Fifa zu verteilen.
       Die Diskriminierungskeule ist nur ein Verhandlungstrick Infantinos. Gleiche
       Prämien ([3][nicht zu verwechseln mit Equal Pay]) sind an und für sich ein
       nobles Ziel. Aber wer mit Prämien arbeitet, schafft zugleich im viel
       geringer finanzierten Fußball der Frauen noch viel dramatischere Lücken als
       bei den Männern. Und natürlich wollen auch die Fifa-Funktionär:innen
       fleißig einstreichen, subventioniert von öffentlich-rechtlichen Geldern.
       
       Unter dem Vorwand der Gleichberechtigung versucht der schon gepamperte
       Fußball, der Gesellschaft noch mehr aus den Rippen zu leiern. Dabei könnte
       es ganz einfach sein. Indem die Fifa vertraglich festlegt, dass
       Bieter:innen an Männer und Frauen die gleiche Summe für die Rechte
       zahlen. Nicht als Paket, sondern als gleiche Summe für beide. Und zweitens:
       Die Hälfte der Männer-Preisgelder an die Frauen gibt. Gleichberechtigung,
       ohne die Gelddruckmaschine Fifa weiter zu ölen. Im Zögern von ARD und ZDF
       äußert sich natürlich der Sexismus unserer Zeit. Richtig ist es trotzdem.
       
       4 Apr 2023
       
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