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       # taz.de -- Doping im Eishockey: Stopp auf dem Weg zum Rekord
       
       > Eishockeyprofi Yannic Seidenberg wird Doping mit Steroiden vorgeworfen.
       > Seit September ist er suspendiert.
       
   IMG Bild: Bild aus vergangenen Tagen: Yannic Seidenberg beim Eishockeyspielen
       
       Köln taz | In der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) laufen die Playoffs,
       Flügelstürmer Yannic Seidenberg, jüngerer Bruder des Stanley-Cup-Siegers
       Dennis Seidenberg, würde sicher liebend gern mit seinem Verein, dem EHC
       [1][Powerbrause] München, im Halbfinale gegen die Grizzlys aus Wolfsburg
       antreten.
       
       Trotz seines Alters von inzwischen 39 Jahren war Seidenberg, einer der
       sogenannten olympischen Silberhelden von Pyeongchang 2018, ursprünglich
       auch fest eingeplant in der Mannschaft von Trainer Don Jackson. Doch
       Seidenberg darf nur zuschauen, und es steht in den Sternen, ob er überhaupt
       noch einmal in der DEL aufs Eis gehen wird. In der Saison 2022/23 hat
       Seidenberg keine einzige Begegnung absolviert, der Profi ist seit Mitte
       September 2022 wegen eines positiven Dopingtests suspendiert.
       
       Von einem „von der Norm abweichenden Analyseergebnis“ einer
       Trainingskontrolle war damals die Rede, in den vergangenen Tagen sind
       Details bekannt geworden: Zwei verbotene Substanzen, Testosteron und das
       Steroid DHEA, wurden in Seidenbergs Probe festgestellt.
       
       Und das wird auch ohne Vorstrafen [2][als schwerer Dopingfall eingeordnet].
       Die Nationale Antidoping-Agentur Nada fordert deshalb, wie eine Sprecherin
       bestätigte, gemäß den Regularien eine Sperre von vier Jahren gegen
       Seidenberg. Es wird außerdem aufgrund eines mutmaßlichen Verstoßes gegen
       das Anti-Doping-Gesetz gegen ihn ermittelt.
       
       ## Sperre ohne Beispiel
       
       Seit 2009 liegt das Kontroll- und Ergebnismanagement der DEL komplett bei
       der Nada. Eine derart lange Sperre gab es seitdem noch nicht. Der letzte
       DEL-Profi, der sanktioniert wurde, war der damalige Berliner und heutige
       Straubinger Parker Tuomie im Jahr 2021. Er wurde drei Monate gesperrt, da
       ein Abbauprodukt von Cannabis bei ihm nachgewiesen wurde.
       
       Seidenberg bestreitet sämtliche Vorwürfe und kommuniziert nur über seinen
       Anwalt Rainer Cherkeh, der das Zustandekommen der positiven Probe seines
       Mandanten so erklärt: Ein Arzt aus Baden-Württemberg soll dem Sportler
       Medikamente verordnet haben, die Unerlaubtes enthielten. Ein Verstoß gegen
       das Anti-Doping-Gesetz liege nicht vor, teilte Cherkeh mit – und: „Die
       Verschreibung von Medikamenten durch den Arzt erfolgte aufgrund einer
       medizinischen Indikation.“
       
       ## Ermittlungen gegen Mediziner
       
       Seidenberg habe den Arzt im Hinblick auf mögliche Dopingkontrollen
       angewiesen, „ihm keine nach der Verbotsliste untersagten Substanzen zu
       verschreiben“. Die Staatsanwaltschaft Freiburg bestätigte dem Bayerischen
       Rundfunk in diesem Zusammenhang, dass gegen einen 62-jährigen Deutschen aus
       Baden-Württemberg „wegen des Tatvorwurfs der vorsätzlichen unerlaubten
       Verschreibung von Dopingmitteln in zwei Fällen im Jahr 2021 und im Jahr
       2022“ ermittelt werde.
       
       Entschieden wird der Fall nun vor dem Deutschen Sportschiedsgericht, die
       Nada bereitet eine entsprechende Klage vor. Wann das Verfahren stattfinden
       wird, ist laut der Agentur aber unklar, es können noch viele Wochen
       vergehen. Für einen Profi wie Seidenberg, mit 39 Jahren im weit
       fortgeschrittenen Sportleralter, ist das fatal, ihm läuft die Zeit davon.
       
       1.092 DEL-Spiele hat er in seiner Karriere seit dem Jahr 2001 absolviert.
       Sein Ziel war es eigentlich, in der Liga noch ein paar Jahre dranzuhängen
       und den DEL-Rekord des Kölners Mirko Lüdemann anzugreifen, der 1.197-mal in
       der DEL auflief und erst im Alter von 42 Jahren Schluss machte.
       
       Spielerkollegen halten derweil weiter zu Seidenberg. Der Kölner Moritz
       Müller, Kapitän der Nationalmannschaft, hatte schon, als der positive Test
       bekannt wurde, festgestellt, er könne sich nicht vorstellen, dass
       Seidenberg „ein Doper“ sei: „Yannic ist ein toller Sportsmann. Wir haben
       lange und auch eng genug zusammengespielt, um zu wissen, dass er ein
       Musterprofi ist.“ Diese Ansicht vertrete er immer noch, sagte Müller auf
       Nachfrage. Falls das Verfahren vor dem Sportschiedsgericht negativ für
       Seidenberg ausfallen sollte, hätte er die Möglichkeit, den Fall vor das
       Internationale Sportschiedsgericht Cas zu bringen.
       
       3 Apr 2023
       
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