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       # taz.de -- Bedrohte Pressefreiheit in Kasachstan: Schweineköpfe für die Redaktion
       
       > Im Januar 2022 wurden friedliche Demos in Kasachstan niedergeschlagen –
       > auch von russischen Soldaten. Journalisten, die dazu recherchieren,
       > werden bedroht.
       
   IMG Bild: Menschen warten in Almaty vor einer Polizeistation, um etwas über ihre Angehörigen zu erfahren
       
       Der Beginn des Jahres 2023 war eine der schwierigsten Zeiten für
       unabhängige kasachische Journalisten. Sie wurden verprügelt, ihre Autos
       wurden abgefackelt und in die Luft gejagt, ihre Websites wurden gehackt und
       es gab DDos-Angriffe (absichtlich herbeigeführte Serverüberlastungen; d.
       Redaktion). Schweineköpfe wurden in Redaktionen geschickt und
       Fensterscheiben eingeschlagen.
       
       Viele der betroffenen Journalisten hatten [1][zu den Ereignissen des
       blutigen Januars] recherchiert. So werden die antistaatlichen Proteste zu
       Beginn des Jahres 2022 in Kasachstan genannt. Damals war es bei zahlreichen
       friedlichen Demonstrationen zu Auseinandersetzungen mit der Polizei
       gekommen, Verwaltungsgebäude wurden besetzt beziehungsweise in Brand
       gesteckt.
       
       Um die Unruhen zu unterdrücken, hatte Kasachstans Präsident Kassym-Schomart
       Tokajew befohlen, [2][ohne Vorwarnung auf Demonstrierende zu schießen].
       Auch zu Hilfe gerufene OVKS-Truppen (Organisation des Vertrags über
       kollektive Sicherheit, ein 2002 gegründetes, von Russland angeführtes
       Militärbündnis, d. Redaktion) mit vor allem russischen Soldaten sicherten
       seinen Machterhalt.
       
       Während der Niederschlagung der Proteste starben allein nach offiziellen
       Angaben 238 Menschen, Tausende wurden festgenommen, Hunderte berichteten
       über polizeiliche Folter. Der russische Präsident Wladimir Putin
       präsentierte die Entsendung seiner Soldaten nach Kasachstan als „Rettung“
       vor einer Machtergreifung durch Extremisten.
       
       Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine bezeichnet Russland
       jegliche Abweichungen Kasachstans von der offiziellen Unterstützerlinie als
       „Verrat“ und die Entsendung von Truppen als „Hilfe“ und „Rettung“, aufgrund
       derer die kasachische Regierung in Russlands Schuld stehe. Im gesamten
       vergangenen Jahr hat die kasachische freie Presse unabhängige
       Untersuchungen zu den Januar-Protesten gefordert.
       
       So zum Beispiel die unabhängige Journalistin Dinara Jegeubajewa, die wie
       viele ihrer Kolleg*innen Dutzende Interviews mit Menschen geführt hat,
       die durch Schießereien bei den Demonstrationen oder durch Folter verletzt
       wurden. Die Entsendung von OVKS-Truppen bezeichnete die Journalistin als
       russische Besatzung. Daraufhin wurde erst ihr Auto abgefackelt und später
       ihr Sohn von Bewaffneten angegriffen.
       
       Jegeubajewa berichtete, dass die Angriffe gegen sie zunahmen, nachdem sie
       erzählt hatte, dass Kasachstan Putins Regime unterstütze. Darum hält die
       Journalistin es für möglich, dass der Druck auf sie nicht nur von der
       kasachischen Regierung, sondern auch von der Kreml-Führung ausgeht. Die
       Polizei verdächtigt Arkadij Klebanow, den Neffen eines lokalen Oligarchen,
       hinter den Angriffen auf Journalist*innen zu stecken. Beim Verhör nach
       seiner Festnahme gab er zu, dass er die Überfälle aus „persönlichen Motiven
       und noch offenen alten Rechnungen“ organisiert habe.
       
       Fragen gibt es derzeit mehr als Antworten. Ist es wirklich der lange Arm
       des Kremls, der unzufrieden mit der Kritik durch die kasachische Presse
       ist? Klar ist nur eins: [3][Als Journalist in Kasachstan zu arbeiten ist
       gefährlicher geworden]. Man muss sich jetzt immer wieder selber fragen, ob
       die eigenen Artikel oder Aussagen anderen Anlass zu „persönlichen Motiven
       oder Unzufriedenheit“ geben können.
       
       Aus dem Russischen [4][Gaby Coldewey]
       
       Finanziert wird das Projekt von der [5][taz Panter Stiftung]. 
       
       Einen Sammelband mit den Tagebüchern hat der Verlag [6][edition.fotoTAPETA]
       im September herausgebracht
       
       5 Apr 2023
       
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