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       # taz.de -- Spitzenspiel der Bundesliga: Herrn Tuchels feines Gespür
       
       > Bayern München schießt sich mit 4:2 gegen Borussia Dortmund wieder an die
       > Spitze. Beim Rekordmeister sind alle froh. Außer ein Sky-Experte.
       
   IMG Bild: Gute Atmosphäre auf der Bayern-Bank: Thomas Tuchel (re.) mit Sadio Mane
       
       Am Ende hat [1][Thomas Tuchel] die Mannschaft ganz sich selbst überlassen.
       Nach dem Abpfiff, beim Feiern auf dem Rasen mit den Fans. Der neue Trainer
       des FC Bayern war nur stiller Beobachter, wenn er sich überhaupt Zeit nahm,
       dem Treiben zuzuschauen. Klar, er hätte sich dazustellen können, mitmachen,
       „aber es war nicht der Moment, mich in den Mittelpunkt zu drängen“, fand er
       nach dem 4:2-Sieg im Bundesliga-Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund. So,
       wie er auch während der Partie am Samstag der Meinung war, dass es keinen
       Grund gibt, bei jedem der vier Münchner Tore ein Freudentänzchen zu
       veranstalten an der Seitenlinie.
       
       Tuchel bewies ein sehr feines Gespür für die Situation. Seit seinem
       Dienstbeginn vor gut einer Woche stand er fast immer im Mittelpunkt,
       zwangsläufig. Jedes Training, jede Aussage, jede Geste wurde seziert und
       interpretiert in den vergangenen Tagen. Aber das, was seine Mannschaft
       gegen Dortmund auf dem Platz zeigte, hatte nur in Ansätzen mit ihm zu tun.
       Sicher, er hat ein paar Korrekturen vorgenommen, vor allem in der
       defensiven Struktur Positionen verändert und so für etwas mehr Stabilität
       gesorgt, phasenweise jedenfalls. „Er hat einen klaren Plan, klare Ideen und
       hat uns vor dem Spiel richtig heißgemacht“, sagte Leon Goretzka. Dass Leroy
       Sané so inspiriert wirkte wie schon länger nicht mehr, fiel ebenfalls auf,
       muss aber nicht zwingend mit dem Trainerwechsel zusammenhängen. Vieles im
       Münchner Spiel trug jedenfalls immer noch die Handschrift von [2][Tuchels
       Vorgänger.] „Julian Nagelsmann hat auch noch seinen Anteil“, sagte Joshua
       Kimmich. „Es ist ja nicht alles gelöscht, was vorher war.“
       
       Weder das, was bisher schon gut funktionierte, noch das, woran es stets
       haperte in den vergangenen Monaten. Man könne es zwar als „Statement“
       verstehen, „dass man gesehen hat, wenn die Bayern wollen, dann können sie“,
       sagte Thomas Müller, zweifacher Torschütze. „Aber das hat man ja schon
       öfter gehabt.“ Immer dann, wenn es um diese Kirschen-auf-der-Sahne-Spiele
       ging, um die Champions League zum Beispiel. Im Alltag, und das war die
       Krux, fehlte dagegen die Konstanz. In den 90 Minuten gegen Dortmund
       präsentierten die Münchner ihrem neuen Trainer gleich [3][ihre ganze
       Palette], die Kirsche also und den Wankelmut.
       
       Tuchel hätte sich nach seinem Premierenspiel auf all das Positive
       beschränken können, den deutlichen Sieg über den Rivalen, die Rückeroberung
       der Tabellenspitze, die Phasen, in denen die Überlegenheit des Kaders, die
       höhere Qualität erkennbar war. Aber er ist vermutlich gerade deshalb ein
       sehr guter Trainer, weil er genau das nicht macht, jedenfalls nicht bei
       Spielern, die wissen, was sie können. Da ist vielmehr angebracht zu
       erklären, was sie noch besser machen müssen. Den Anfang der Partie, als die
       Münchner „nervös und fahrig“ waren zum Beispiel, und das Ende, als sie noch
       zwei Gegentore kassierten, „zwei Stimmungsdämpfer“, wie es Tuchel
       bezeichnete, als sie es nicht mehr schafften, den Gegner ganz zu
       kontrollieren. „Es gibt noch was zu tun.“ Bis Dienstag, bis zum Pokalspiel
       gegen den SC Freiburg. „Es ist niemand zu euphorisch, das ist ganz gut“,
       findet Tuchel.
       
       Die sportlichen Aufgaben wähnen die Münchner bei ihm in guten Händen.
       Kimmich, der zu Nagelmanns Vertrauten gehört hatte, lobt die „positive
       Energie“ des Trainerteams. Müller verriet, dass sich die Mannschaft „in den
       ersten Tagen mit Thomas Tuchel sehr wohlgefühlt“ habe. „Aber das ist eine
       Momentaufnahme, man muss sich auch in schwierigen Situationen
       kennenlernen.“ Klingt alles ziemlich harmonisch nach den unruhigen Tagen.
       
       Für Misstöne sorgt im Moment nur ein ehemaliger Spieler. Lothar Matthäus
       warf auf Sky dem Verein vor, „das familiäre, beschützende
       Selbstverständnis“, den Mia-san-mia-Stil des FC Bayern, „mit Füßen
       getreten“ zu haben, und kritisierte den Nagelsmann-Rauswurf. Am
       Spielfeldrand kam es am Samstag deshalb zu einem hitzigen Wortgefecht
       zwischen dem Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn und seinem ehemaligen
       Teamkollegen. Ein bisschen Hollywood ist eben immer beim FC Bayern.
       
       2 Apr 2023
       
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