# taz.de -- Streit um Verbrennungsmotoren-Verbot: Bundesregierung und EU einigen sich
> Das Ringen ist beendet: Auch nach 2035 werden Neuwagen mit
> Verbrennungsmotor zugelassen. Bedingung: In den Tank darf nur
> klimaneutraler Kraftstoff.
IMG Bild: Und hinten raus kommt eine Einigung, die den Herstellern von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor noch mehr Luft verschafft
Brüssel/Berlin dpa/afp/rtr | Die Bundesregierung hat sich im Streit um die
Zukunft von Autos mit Verbrennungsmotor mit der EU-Kommission geeinigt. Das
teilten Verkehrsminister Volker Wissing und EU-Kommissionsvize Frans
Timmermans am Samstag mit. Die Einigung sei gestern am späten Abend
erfolgt, so Wissing.
Timmermans [1][schrieb auf Twitter]: „Wir haben mit Deutschland eine
Einigung über die künftige Verwendung von E-Fuels in Autos erzielt.“ Man
werde jetzt daran arbeiten, dass die Verordnung über CO2-Standards für
Autos so schnell wie möglich verabschiedet werde.
Wissing erklärte in Berlin: „In sehr detaillierten und konstruktiven
Verhandlungen ist es uns gelungen, im Rahmen der Regulierung zu den
Flottengrenzwerten das Element der Technologieneutralität sicherzustellen.“
„Damit ist der Weg frei, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die
ausschließlich CO2-neutrale Kraftstoffe tanken, auch nach 2035 neu
zugelassen werden können“, so Wissing weiter. Hierzu seien „konkrete
Verfahrensschritte und ein konkreter Zeitplan verbindlich fixiert“ worden.
Dies solle bis Herbst 2024 abgeschlossen werden. Wissing betonte, damit sei
Technologieoffenheit in einem wichtigen Punkt sichergestellt worden.
Europaparlament und EU-Staaten hatten sich bereits im Oktober darauf
geeinigt, dass in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen
zugelassen werden dürfen. Die deutsche Regierung [2][stellte aber die
Forderung auf], dass auch danach noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren
zugelassen werden können, die E-Fuels tanken – also klimaneutrale
künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt werden. Eine für Anfang
März vorgesehene Bestätigung der Einigung durch die EU-Staaten wurde daher
von Deutschland zunächst verhindert. Seitdem verhandelten
Bundesverkehrsministerium und EU-Kommission über einen Kompromiss.
Die Hängepartie gefährdete auch erhebliche Teile des
EU-Klimaschutzprogramms „Fit for 55“, da die einzelnen Elemente
Verbindungen haben. In Brüssel sorgte das deutsche Vorgehen für erhebliche
Verärgerung. Noch am Donnerstag sprach etwa der lettische Ministerpräsident
Krisjanis Karins am Rande des EU-Gipfels vor laufenden Kameras von einem
„sehr, sehr schwierigen Zeichen für die Zukunft“. Es sei verwunderlich,
dass eine Regierung sich plötzlich anders entscheide, nachdem eine
Vereinbarung bereits getroffen worden sei.
Karins warnte: „Die gesamte Architektur der Entscheidungsfindung würde
auseinanderfallen, wenn wir das alle tun würden.“ Hinter vorgehaltener Hand
äußerten sich Diplomaten in Brüssel deutlicher. Sie werfen Deutschland
[3][einen Vertrauensbruch vor].
Tatsächlich hatte in der Zwischenzeit [4][weitere Staaten ihre Bedenken
geäußert]. So sprach sich auch Italien für eine Zulassung von
Biosprit-Autos aus.
[5][E-Fuels werden bislang kaum produziert] und gelten als knapp, teuer und
ineffizient. Daher sollen sie nach dem Willen der EU-Kommission vor allem
für den Schiffs- oder Flugverkehr reserviert werden, der nicht direkt mit
Strom betrieben werden kann. Einer Studie des Potsdam Instituts für
Klimafolgenforschung (PIK) reicht die 2035 erwartete Produktionsmenge nicht
aus, um allein den Bedarf in diesen Bereichen zu decken. Für Pkw bliebe
dann ohnehin nichts übrig, selbst wenn alle erhofften
Produktionskapazitäten ausgeschöpft werden könnten.
25 Mar 2023
## LINKS
DIR [1] https://twitter.com/TimmermansEU/status/1639553948179742720
DIR [2] /Vor-dem-EU-Gipfel/!5920345
DIR [3] /EU-Reaktion-zum-deutschen-Veto/!5921306
DIR [4] /Vor-der-Abstimmung-zum-Verbrenner-Aus/!5918870
DIR [5] /Streit-um-E-Fuels/!5918502
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