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       # taz.de -- Streit um Klimapolitik in der Ampel: Stillstand beim Verkehr
       
       > Schnellerer Autobahn-Bau im Gegenzug für mehr Klimaschutz im Verkehr: So
       > könnte ein Deal zwischen Grünen und FDP aussehen.
       
   IMG Bild: Die A643 bei Mainz führt durch ein Naturschutzgebiet – und ist eines der Ausbauprojekte
       
       Berlin taz | Der Streit um die Planungsbeschleunigung – also die Frage, ob
       in Zukunft nur Schienen und Brücken schneller geplant und gebaut werden
       sollen oder zusätzlich auch neue Autobahnen – schwelt schon seit Langen
       unter den Ampelpartnern. Vor allem zwischen den Grünen und der FDP.
       
       Im Vorfeld des Koalitionsausschusses hieß es daher, dass es beim Verkehr
       möglicherweise eine Art Doppelpaket geben könnte, um so zwischen den
       verfahrenen Positionen in der Ampel überhaupt einen Kompromiss
       herbeizuführen.
       
       Die Grünen könnten demnach [1][beim Bau neuer Straßen Verkehrsminister
       Volker Wissing] entgegenkommen und bei einigen ausgewählten Vorhaben am
       Ende doch zustimmen. Im Gegenzug könnte der Liberale Wissing dann beim
       Klimaschutz im Verkehrssektor mit konkreten Maßnahmen nachlegen.
       
       Zu einem sogenannten Klimaschutzsofortprogramm ist der Minister ohnehin
       gesetzlich verpflichtet. Nachdem der Verkehrssektor dem neuen Bericht des
       Bundesumweltamtes (UBA) zufolge seine Klimaziele zum wiederholten Male
       deutlich riss.
       
       Dem Vernehmen nach ist eine [2][Einigung im Koalitionsausschuss] bislang
       aber nun weniger wegen des Streits um die Planungsbeschleunigung
       ausgeblieben. Obschon für die Grünen die sogenannten gern als
       „Lückenschluss“ bezeichneten Bauprojekte, etwa bei der umstrittenen
       Küstenautobahn wie der A20 in Schleswig-Holstein, auch einige Hunderte von
       Kilometern neuen Asphalt bedeuten könnten.Vielmehr steht eine Einigung im
       Verkehrsbereich aber noch aus, weil Bundesverkehrsminister Wissing sich
       wohl weiterhin querstellt bei der Vorlage von konkreten Maßnahmen, die den
       CO2-Ausstoß im Verkehr in naher Zukunft tatsächlich nachweislich deutlich
       senken könnten.
       
       Die Position der FDP bestand in dieser Frage bislang vor allem darin, dass
       sie ein Aufweichen der Sektorziele einfordert. Sprich: dass Bereiche wie
       Verkehr, Gebäudesektor oder Industrie nicht mehr einzeln auf die Einhaltung
       der Klimaziele hin überprüft würden, sondern dass Einsparungen miteinander
       verrechnet werden könnten. Dabei scheint bislang keiner der Sektoren das
       Defizit im Verkehrssektor überhaupt annähernd ausgleichen zu können.
       
       Wie schwer die Debatte in dieser Frage weiterhin werden könnte, zeigt nicht
       zuletzt der gerade parallel ausgefochtene Streit zwischen Berlin und
       Brüssel bei der Frage um das Verbrenner-Aus ab 2035.
       
       Wissing und seine FDP drängten maßgeblich darauf, dass der eigentlich
       längst geplante Beschluss so wohl nicht mehr unverändert in Kraft treten
       wird. Stattdessen will Wissing in Zukunft Verbrenner weiter erlauben, wenn
       sie mit synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, fahren.
       
       Diese gelten mit Abstand als deutlich ineffizienter in ihrer Klimabilanz
       als E-Autos, was den Wirkungsgrad angeht. Parteikollege und Finanzminister
       Christian Linder fordert nun aber sogar, E-Fuels künftig auch steuerlich zu
       vergünstigen. Wegen der geringen Mengen, die bislang ohnehin nur zur
       Verfügung stehen, sind E-Fuels derzeit allerdings sehr teuer in der
       Herstellung.
       
       Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich beim Streit in Brüssel zuletzt hinter
       Wissing und die FDP gestellt und ihnen den Rücken gestärkt. Das könnte den
       Grünen mit der SPD auch beim Koalitionsausschuss blühen.
       
       27 Mar 2023
       
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