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       # taz.de -- Prognosen zur Wahl in Bremen: Näheres weiß niemand so recht
       
       > Die heiße Wahlkampfphase in Bremen beginnt. Die Spekulationen über den
       > Ausgang der Wahl zeigen, wie viele Optionen denkbar sind.
       
   IMG Bild: Die Wahlplakate hängen: Am 14. Mai wählen die Bremer*innen die 21. Bürgerschaft
       
       Mögen Sie auch manchmal wild spekulieren? Also ins Blaue hinein, etwas über
       eine Zukunft behaupten, von der man nichts weiß, außer, dass sie eintreten
       wird? Mal einen Tipp abgeben, der nur originell ist, nicht plausibel?
       
       So sieht’s derzeit mit der [1][anstehenden Bremer Bürgerschaftswahl] aus:
       Alle rätseln, was wohl der 14. Mai bringen wird, auch der verdiente,
       mittlerweile im Unruhestand befindliche örtliche Politikwissenschaftler
       Lothar Probst hat, wie alle vier Jahre, seine Vorwahlanalyse ins Land
       geschickt. Und das Ergebnis lautet: Näheres weiß niemand so recht.
       
       Das ist, einen Monat vor der Wahl, nicht nur die normale Ungewissheit.
       Einerseits herrscht eine diskursive Ratlosigkeit nach einer Phase notwendig
       dirigistischer Pandemie-Abwehr. Die war über Erlasse und Verwaltungshandeln
       statt über Politik organisiert. In der Folge gibt es kein gemeinsames
       Thema: Jede Partei beackert ihr eigenes Feld, die CDU glaubt auf Bildung,
       die SPD auf Wirtschaft setzen zu sollen und so weiter. Alle behaupten von
       sich, am meisten fürs Klima zu tun, sogar die FDP, die dafür vor allem den
       Autoverkehr stärken will.
       
       Wie sich dieses Aneinander-Vorbeireden auswirkt, ist unklar. So stammen die
       meisten auch von Probst verwendeten Daten aus einer Zeit, bevor der
       Ausschluss der AfD feststand. Der hätten Ende Februar trotz ihrer in jeder
       Hinsicht katastrophalen Performance auf Landesebene immerhin sieben Prozent
       der damals von Infratest im Auftrag des Weser-Kurier [2][Telefonbefragten
       ihre Stimmen geben.]
       
       ## Unklare Folgen des AfD-Ausschlusses
       
       Das Berliner Umfrageinstitut „Wahlkreisprognose“ hat auf den sich
       [3][abzeichnenden AfD-Ausschluss] bei seiner Online-Umfrage Mitte März
       bereits reagiert, aber wie sich die rechtslastigen Voten verteilen, ist
       unklar: Zwar wird die lokale Wählervereinigung „Bürger in Wut“ profitieren,
       zumal in Bremerhaven, wo sie bekannt ist. Aber ein großer Teil von ihnen
       dürfte eher diffundieren, also beispielsweise die FDP über die
       Fünfprozenthürde hieven, das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und CDU
       entscheiden.
       
       Oder der Linken-Frontfrau Kristina Vogt ein persönliches Top-Ergebnis
       bescheren, weil sie, laut Wahlkreisprognose, als die bei AfD-Wähler*innen
       beliebteste Politikerin gelten muss. Vorausgesetzt, die AfD-Anhänger werden
       nicht zu Nichtwählern. Nur die Grünen profitieren sicher nicht.
       
       Nicht alles also ist möglich. Aber fast. Und diese Ungewissheit potenziert
       sich und erzeugt seltsame Überschneidungen der Interessenlagen: So muss Die
       Linke hoffen, dass es die Wackel-FDP in den Landtag schafft. Andernfalls
       wäre außer einer großen Koalition ein Zweierbündnis der Grünen mit der SPD
       oder der CDU möglich. Letzteres ist die öffentlich am wenigsten verhandelte
       Option. Dabei spricht viel für sie, sofern die Union vorn landet. Sie hat
       sich mit der Klima-Enquete und dem Spitzenpersonal ökokompatibel in Szene
       gesetzt.
       
       Und ihren innigen Wunsch, die seit dem Zweiten Weltkrieg ungebrochene
       Sozen-Herrschaft zu beenden, könnte sie sich so erfüllen. Zugleich hat die
       Liebe der Grünen zur Sozialdemokratie in 16 Jahren Koalition gelitten. Und
       sie könnten auf diese Weise sehr billig ihre auch parteiintern unbeliebte
       Spitzenkandidatin Maike Schaefer verschwinden lassen.
       
       Also: Möglich ist das. Auch wenn nichts davon geschehen wird.
       
       16 Apr 2023
       
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