URI: 
       # taz.de -- Rennen um SPÖ-Vorsitz: Dreikampf in der SPÖ
       
       > Aus 73 Kandidaturen bleiben am Ende nur drei mögliche Bewerber*innen
       > für den SPÖ-Vorsitz in Österreich. Am 22. Mai wird das Ergebnis
       > bekanntgegeben.
       
   IMG Bild: Hat mehr Gegenkandidaten als erwartet: SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner
       
       Wien taz | Drei Personen bewerben sich um den Vorsitz der österreichischen
       Sozialdemokratie (SPÖ). In seiner Sitzung am Dienstag übte der SPÖ-Vorstand
       einen radikalen Kahlschlag unter den 69 Männern und 4 Frauen, die sich um
       den bisher eher ungeliebten Job zu reißen schienen. Übriggeblieben sind nur
       diejenigen, die ernsthafte Chancen auf eine Mehrheit in der Parteibasis
       haben. Neben Spaßkandidaten und der als Camelo Pardus von der Kronen
       Zeitung angemeldeten Giraffe aus dem Schönbrunner Zoo schafften es auch
       fast alle anderen nicht, die geringe Hürde von 30 Unterstützungserklärungen
       von Parteimitgliedern und einem polizeilichen Leumundszeugnis beizubringen.
       
       Es hätte ein Duell zwischen [1][SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und
       ihrem innerparteilichen Rivalen Hans Peter Doskozil] werden sollen.
       Rendi-Wagner wollte den Querulanten aus Eisenstadt mit einer Neuwahl auf
       einem Sonderparteitag ruhigstellen. Doskozil hatte auf die Befragung der
       Basis gesetzt. Jetzt sieht sich Österreichs größte Oppositionspartei in ein
       ungeplantes Experiment mit Basisdemokratie gestürzt, dessen Ausgang
       unabsehbar ist. Denn die Parteilinke hat mit Andreas Babler, dem populären
       Bürgermeister der niederösterreichischen Kleinstadt Traiskirchen, einen
       starken Kandidaten bekommen, der in letzter Minute noch über 9.000 Menschen
       motiviert haben dürfte, vor dem Stichtag 31. März der SPÖ beizutreten.
       
       Abstimmen dürfen rund 148.000 Mitglieder bei der Befragung, die von 24.
       April bis 10. Mai über die Bühne gehen soll. Die Wahlkommission
       verständigte sich auch darauf, die Abstimmung digital und postalisch
       abzuwickeln, wie Harry Kopietz, der Vorsitzende der Wahlkommission nach der
       Sitzung bekannt gab. Beschlossen wurde auch, dass bei doppelter Abstimmung
       die postalische Stimmabgabe die Onlinestimmabgabe schlage.
       
       ## Unklare Stimmungslage bei den Parteimitgliedern
       
       Die gelernte Ärztin Pamela Rendi-Wagner, die der SPÖ seit dem Abgang von
       Ex-Kanzler Christian Kern Ende 2018 vorsteht, wird allgemein als kompetent
       und sympathisch beschrieben. Allerdings verlief ihre Zeit als Vorsitzende
       eher glücklos. Trotz guter Konjunktur für sozialdemokratische Ideen ging
       eine Wahl nach der anderen verloren.
       
       Und die Partei hat die Quereinsteigerin, die 2017 als unabhängige
       Gesundheitsministerin in die Regierung gekommen war, auch nicht im Griff.
       Jüngstes Beispiel war die Video-Ansprache des ukrainischen Präsidenten
       Wolodimir Selenski im österreichischen Parlament Ende März. Sie selbst ließ
       sich aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen und die Hälfte der
       SPÖ-Abgeordneten blieb aus teils sehr fadenscheinigen, teils fragwürdigen
       Gründen der Sondersitzung fern. Am Osterwochenende musste der SPÖ-Chef der
       Stadt Schwechat zurücktreten, nachdem ein Foto von ihm in der Uniform des
       ehemaligen sowjetischen Geheimdienstes NKWD in den sozialen Netzwerken die
       Runde machte.
       
       Die 51jährige Rendi-Wagner weiß die Wiener Landespartei, einen Teil der
       Frauen und die Gewerkschaften hinter sich, würde also jede Wahl auf
       Funktionärsebene gewinnen. Über die Stimmungslage bei den Parteimitgliedern
       gibt es keine valide Erhebung.
       
       Ein Quereinsteiger ist auch der ehemalige Polizist Hans Peter Doskozil, 52,
       der im Burgenland mit absoluter Mehrheit regiert und soziale Segnungen mit
       harter Rhetorik in Flüchtlingsfragen verbindet. Fans hat er auch jenseits
       seines Bundeslandes, namentlich unter jüngeren Funktionären im Westen –
       darunter David Egger, der am 24. April bei den Landtagswahlen in Salzburg
       [2][der nächsten Schlappe entgegensieht].
       
       Doskozil, der sich verlässlich mit interner Kritik zu Wort meldet, sobald
       die Partei einmal Aufwind verspürt, gilt als Spalter. Dass er sich nach
       mehreren Kehlkopfoperationen nur mit heiserem Krächzen verständigen kann,
       gilt auch als Handikap. Er will ab dem 24. April in einer
       „Freundschaftstour“ durch die Bundesländer für sich werben.
       
       [3][Der dritte Bewerber, Babler], hat am Dienstag bereits in Oberösterreich
       mit seinem Wahlkampf begonnen. Neben den Jusos hat er auch den ehemaligen
       Finanzminister Ferdinand Lacina auf seiner Seite. Nur Rendi-Wagner
       verzichtet auf eine eigene Werbetour. Sie will aber im Rahmen ihrer
       Routinetätigkeit verstärkt bei Bezirksversammlungen auftauchen.
       
       Die Befragung, deren Ergebnis am 22. Mai angekündigt wird, ist zwar laut
       Parteistatuten unverbindlich, doch sowohl Rendi-Wagner als auch Doskozil
       wollen zum entscheidenden Sonderparteitag am 3. Juni nicht antreten, wenn
       sie keine Mehrheit erreichen. Babler wünscht sich eine Stichwahl.
       
       11 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Mitgliederbefragung-beschlossen/!5922397
   DIR [2] /Landtagswahl-in-Oesterreich/!5919844
   DIR [3] /Wahl-in-Niederoesterreich/!5911910
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
       ## TAGS
       
   DIR Österreich
   DIR SPÖ
   DIR Sozialdemokraten
   DIR GNS
   DIR Österreich
   DIR SPÖ
   DIR Österreich
   DIR Österreich
   DIR Schwerpunkt Landtagswahlen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Armin Thurnher zur Politik in Österreich: „Es gibt keinen Lerneffekt“
       
       Die Ära von Sebastian Kurz war ein Einschnitt, sagt der Journalist Armin
       Thurnher. Er erklärt, warum die Linke in Österreich auf eine Ampel hofft
       
   DIR Landtagswahl in Salzburg: Trend nach rechts setzt sich fort
       
       Am Sonntag hat Salzburg gewählt. Die regierende ÖVP erlitt die erwartete
       Niederlage, die rechte FPÖ erreichte ihr bisher bestes Ergebnis im Land.
       
   DIR ÖVP und FPÖ arbeiten wieder zusammen: Dammbruch in Niederösterreich
       
       In Niederösterreich ist die rechtspopulistische FPÖ noch extremer als im
       Bund. Aber ausgerechnet dort entsteht jetzt ein neues Bündnis mit der ÖVP.
       
   DIR Mitgliederbefragung beschlossen: Machtkampf in der SPÖ
       
       Der Machtkampf bei Österreichs Sozialdemokraten soll mit einer Befragung
       entschieden werden. Landeshauptmann Doskozil fordert die Parteichefin
       heraus.
       
   DIR Landtagswahl in Österreich: Schwere SPÖ-Schlappe im Haider-Land
       
       In Kärnten können die Sozialdemokraten trotzdem ihre bisherige Koalition
       mit der ÖVP fortsetzen, möglich wäre aber auch ein rechtes Dreierbündnis.