URI: 
       # taz.de -- Koalitionsvertrag für Berlin: Ein bisschen Lärm muss sein
       
       > CDU und SPD wollen die Clubkultur schützen. Dafür sollen künftig mehr
       > Open-Air-Events und „störende Veranstaltungen“ erlaubt sein.
       
   IMG Bild: Könnte der linke Club about blank ausgerechnet unter der CDU eine langfristige Perspektive erhalten?
       
       Berlin taz | Die Clubkultur ist eines der Aushängeschilder der Hauptstadt –
       und längst ein [1][wichtiger Wirtschaftsfaktor]. Trotzdem gehören die Pläne
       der designierten schwarz-roten Landesregierung zu den Berliner Clubs zu den
       eher weniger beachteten Passagen des [2][Koalitionsvertrags]. Dabei haben
       CDU und SPD ganz konkrete Pläne.
       
       So soll es Clubs und Kulturstätten künftig erlaubt sein, fünf Mal im Jahr
       Open-Air-Events durchzuführen. Stattfinden dürfen diese „störenden
       Veranstaltungen“ allerdings nur bis Mitternacht und auch nur an Tagen, an
       denen es traditionell ohnehin lauter zugeht: Konkret genannt werden der 1.
       Mai, der 21. Juni (Fête de la Musique) und der 3. Oktober
       (Einheitsfeierlichkeiten). Zusätzlich soll ein „Konzept für free open air
       spaces“ erarbeitet und bis zum Sommer 2024 umgesetzt werden.
       
       Um Clubs vor Verdrängung zu schützen und die Clubkultur nicht an
       lärmsensiblen Nachbar*innen zugrunde gehen zu lassen, will Berlin zudem
       eine Bundesratsinitiative starten, „um „Kulturlärm“ emissionsrechtlich zu
       privilegieren“.
       
       Für Überraschung sorgt vor allem die Ankündigung, dass Clubs, die sich auf
       landes- und bezirkseigenen Flächen befinden, langfristige Miet- oder
       Erbbaurechtsverträge erhalten sollen. Dieses Vorhaben würde neben dem Yaam
       auch das about blank in Friedrichshain betreffen. Das hangelt sich wegen
       des geplanten A100-Ausbaus seit Jahren von einem befristeten Mietvertrag
       zum nächsten.
       
       ## Alles nur hohle Worte?
       
       Könnte der linke Club nun also ausgerechnet unter einem CDU-Bürgermeister
       eine langfristige Perspektive erhalten? Im about-blank-Kollektiv sieht man
       in dem ironisch als „Lex Blank“ bezeichneten Passus vor allem eins:
       Symbolpolitik, mit dem die SPD-Mitgliederbasis, die dem
       [3][Koalitionsvertrag noch zustimmen muss], milde gestimmt werden soll.
       
       Gegen eine Entfristung hätten sie aber trotzdem nichts: „Unser
       hundertjähriges Jubiläum am S-Bahnhof Ostkreuz feiern wir dann gerne auch
       mit dem legalen Segen des Bezirks“, sagt Eli vom Clubkollektiv zur taz.
       „FranzisKai stehen bei dieser Party aber natürlich trotzdem nicht auf
       unserer Gästeliste“, ergänzt sie mit Blick auf die beiden
       Landesvorsitzenden Franziska Giffey (SPD) und Kai Wegener (CDU).
       
       Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, dem das Gelände gehört, kann diesen
       Wunsch jedoch nicht erfüllen. „Wir würden dem about blank gerne eine
       langfristige Perspektive geben, das geht aber nur, wenn die Autobahnpläne
       vom Tisch sind“, sagt Bezirksbürgermeisterin und erklärte A100-Gegnerin
       Clara Herrmann (Grüne) zur taz. Sie sieht in der Ankündigung daher
       lediglich „hohle Worte, solange man sich nicht gegen die A100 ausspricht“.
       
       Das Thema Stadtautobahn, deren Weiterbau nicht nur das about blank, sondern
       auch die Wilde Renate, Else, Oxi, Void und den Club Ost bedroht, wurde im
       Koalitionsvertrag jedoch weitgehend ausgespart. Tobias Trommer vom Bündnis
       A100 stoppen stimmt das „verhalten positiv“. „Mit der Autopartei CDU als
       stärkster Kraft hatte ich Schlimmeres befürchtet“, sagt er.
       
       ## Die Clubkommission ist zufrieden
       
       Auch die Clubcommission hätte sich ein eindeutiges Aus für die A100
       gewünscht. Die Pläne von CDU und SPD für die Berliner Clubs wertet sie
       jedoch als positiv: „Es ist nicht selbstverständlich, dass Clubs überhaupt
       in einem Koalitionsvertrag auftauchen“, sagt Sprecher Lutz Leichsenring.
       Die vertragliche Rückendeckung für die Clubkultur schreibt die
       Clubcommission dabei weniger der SPD als vielmehr den Konservativen zu.
       „Die CDU hat keine Berührungsängste mit den Clubs, das merkt man dem
       Vertrag auch an“, sagt er.
       
       Dem about blank, dessen Mietvertrag aktuell bis 2025 läuft, reicht das noch
       lange nicht: Hier wünscht man sich wieder „mehr Freiräume, Brachen und
       Nischen“, aber vor allem „ein beständiges Scheitern von Investorenträumen
       von einer sauberen und verwerteten Stadt“.
       
       12 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Wirtschaftsfaktor-Clubszene/!5570735
   DIR [2] https://spd.berlin/media/2023/04/Koalitionsvertrag_2023-2026_.pdf
   DIR [3] /Mitgliederentscheid-der-Berliner-SPD/!5924926
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marie Frank
       
       ## TAGS
       
   DIR Koalitionsvertrag
   DIR Lärmschutz
   DIR Clubkultur
   DIR wochentaz
   DIR Lärmschutz
   DIR Bertolt Brecht
   DIR Clubs
   DIR Kolumne In Rente
   DIR Wochenkommentar
   DIR A100
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Berliner Klub Yaam wird umgebaut: Gleiten statt tanzen
       
       Weil seine Konzerthalle wegen Einsturzgefahr geschlossen wurde, musste sich
       der Multikulti-Club Yaam für den Winter etwas Neues überlegen.
       
   DIR Berliner Pilotprojekt gegen Radau: Rotes Licht für den Lärmschutz
       
       Auf der Kreuzberger Admiralbrücke soll der holzvertäfelte „Lärmomat“ für
       Ruhe sorgen. Allerdings haben viele seine Funktion noch gar nicht erkannt.
       
   DIR Die Wochenvorschau für Berlin: Von Berlin ins Umland und zurück
       
       Brechts Sommerhaus in Buckow bekommt ein Besucherzentrum und die Fete de la
       Musique findet sogar in Brandenburg statt. In Berlin? Gibts den Zoo.
       
   DIR Berliner Clubkultur: Ein wichtiges Signal
       
       Berlins Clubkultur und ihre Räume sollen langfristig geschützt werden.
       Dafür wurde nun ein fraktionsübergreifendes Forum gegründet.
       
   DIR Berliner Clubnacht mit 66: Wenn alte Frauen tanzen gehen
       
       Für unsere Kolumnistin ist es sehr besonders, mit 66 in den Club zu gehen
       und durchzuhalten. Ob die jungen Leute das peinlich oder cool finden? Egal.
       
   DIR Berliner Clublandschaft: Alimente fürs Nachtleben
       
       Berliner Politiker*innen haben ein fraktionsübergreifendes Bündnis zum
       Erhalt der Clubkultur beschlossen. Es ist auch höchste Eisenbahn.
       
   DIR Friedrichshain-Kreuzberg vs. Autobahn: Kampfansage gegen die A100
       
       Friedrichshain-Kreuzberg tut sich gegen den Weiterbau der Stadtautobahn
       zusammen. Zur Not will die Bezirksbürgermeisterin sogar gegen den Bund
       klagen.