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       # taz.de -- Einstimmige Resolution: UN fordern Klimagutachten an
       
       > Auch China und Russland waren in der UN-Generalversammlung dafür: Der
       > Internationale Gerichtshof soll die Klimapflichten der Staaten klären.
       
   IMG Bild: Die Initiative zum Gutachten-Auftrag war vom Pazifik-Inselstaat Vanuatu ausgegangen, der vom Klimawandel stark betroffen ist
       
       Berlin taz | Der Internationale Gerichtshof (IGH) muss ein Rechtsgutachten
       zu den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Staaten beim Klimaschutz
       erstellen. Dies beschloss die UN-Generalversammlung am Mittwoch einstimmig
       in einer Resolution. Dem IGH wurden von der UN-Generalversammlung zwei
       konkrete Fragen vorgelegt. Erstens: Welche völkerrechtlichen
       Verpflichtungen haben die Staaten zum Schutz des Klimas vor der Emission
       von Treibhausgasen? Und zweitens: Welche Rechtsfolgen ergeben sich für
       Staaten, die durch Handlungen oder Unterlassungen erhebliche Klimaschäden
       verursacht haben?
       
       Bei der ersten Frage muss der IGH insbesondere bestehende Vereinbarungen
       wie das Pariser Abkommen von 2015 und das UN-Rahmenübereinkommen über
       Klimaänderungen ([1][UNFCCC]) von 1992 auslegen. Bei der zweiten Frage nach
       den Rechtsfolgen geht es nicht zuletzt um Schadensersatzpflichten gegenüber
       Staaten, die unter dem Klimawandel leiden, insbesondere kleinen
       Inselstaaten, aber auch gegenüber Einzelpersonen und Völkern.
       
       Die [2][Initiative zum Gutachtenauftrag] war vom Pazifik-Inselstaat Vanuatu
       ausgegangen, der vom Klimawandel stark betroffen ist. Schon im Vorfeld
       hatten viele Staaten den Antrag unterstützt, auch Deutschland. Es war
       deshalb wahrscheinlich, dass die erforderliche einfache Mehrheit in der
       Generalversammlung erreicht wird. Letztlich wurde – ohne Abstimmung – sogar
       „Konsens“ in dieser Frage festgestellt. Auch Russland und China
       unterstützten die Resolution.
       
       Beobachter rechnen damit, dass der IGH rund zwei Jahre für die Beantwortung
       der Fragen benötigen wird. Das Gutachten („advisory opinion“) ist nicht
       verbindlich, hat aber hohes argumentatives Gewicht. Die IGH-Rechtsmeinung
       kann zum Beispiel in neuen völkerrechtlichen Verhandlungen zum Klima eine
       Rolle spielen.
       
       ## Entscheidung in völkerrechtlichen Konflikten
       
       Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte oder das
       Bundesverfassungsgericht können sich auf das IGH-Gutachten berufen, wenn
       sie verbindlich über die Verpflichtungen der Staaten Europas oder
       Deutschlands entscheiden müssen.
       
       Der IGH ist das Gericht der UNO. Es entscheidet in völkerrechtlichen
       Konflikten. Der IGH sitzt in Den Haag, darf aber nicht mit dem
       Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), ebenfalls in Den Haag,
       verwechselt werden. Der IStGH entscheidet über strafrechtliche Anklagen
       gegen Einzelpersonen unter anderem wegen Kriegsverbrechen und Völkermord.
       Der IGH besteht aus 15 Richter:innen. Einer von ihnen ist der Berliner
       Rechtsprofessor Georg Nolte, der dem IGH seit 2021 angehört.
       
       30 Mar 2023
       
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