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       # taz.de -- Kämpfe in der Region Darfur in Sudan: Der neue Krieg bringt neues Elend
       
       > Kämpfe, Flucht und Plünderungen prägen Sudans Westregion. Der
       > aufständische RSF-Milizenführer Hametti will Darfur der
       > Regierungskontrolle entziehen.
       
   IMG Bild: Dichter Rauch über Khartum. Ein Ende des bewaffneten Machtkampfes war am Montag nicht in Sicht
       
       Berlin taz | Während die Kämpfe in Sudans Hauptstadt Khartum zwischen Armee
       und dem paramilitärischen Verband RSF (Rapid Support Forces) am Montag den
       dritten Tag andauerten, entwickelt sich auch Sudans Westregion Darfur zum
       Brennpunkt. Aus allen Provinzhauptstädten Darfurs wurden in den vergangenen
       Tagen Gefechte gemeldet.
       
       Bereits am Samstagmorgen vermeldete die RSF die Übernahme des Flughafens
       von El-Geneina, Hauptstadt von Westdarfur. Das Nachbarland Tschad schloss
       umgehend die nahe Grenze. Zuvor hatten sich aus Westdarfur rund 20.000
       Menschen auf die Flucht Richtung Tschad gemacht, nachdem Kämpfe zwischen
       Milizen im Ort Foro Baranga die [1][Verhängung des Ausnahmezustandes] ab
       dem 10. April erzwungen hatten. In Foro Baranga wird auch jetzt wieder
       gekämpft.
       
       Aus Norddarfurs Hauptstadt El-Fasher berichteten Ärzte, sie hätten
       zahlreiche Leichen von den Straßen eingesammelt. Am Samstagabend wurden in
       Kabkabiya, das entlang der Straße von El-Fasher nach El-Geneina liegt, drei
       Mitarbeiter des UN-Welternährungsprogramms WFP getötet. Die RSF griff den
       von der Armee geschützten UN-Konvoi an, als dieser in die Stadt
       zurückkehrte. In Reaktion [2][suspendierte das WFP in ganz Sudan seine
       Arbeit].
       
       In Süddarfurs Hauptstadt Nyala ordnete die Armee am Sonntag die Evakuierung
       mehrerer Stadtviertel an, um freies Schussfeld gegen die RSF am Flughafen
       zu haben. „Die Armee hat die Bewohner der meisten Nachbarschaften der Stadt
       gebeten, ihre Wohnviertel zu verlassen und sichere Gebiete aufzusuchen“,
       erklärte der Dachverband der „Widerstandskomitees“ der sudanesischen
       Demokratiebewegung in Nyala. Berichten zufolge wurden Märkte, Krankenhäuser
       und UN-Einrichtungen geplündert.
       
       ## Hametti will Darfur die Regierungskontrolle entziehen
       
       Darfur ist Konfliktgebiet, seit vor zwanzig Jahren nichtarabische
       Volksgruppen in den Aufstand traten und Sudans Militärregierung darauf mit
       einem Terrorfeldzug antwortete, der Hunderttausende Tote und mehrere
       Millionen Vertriebene zur Folge hatte. Speerspitze des Staatsterrors war
       die arabische Reitermiliz Dschandschawid, aus der die von General Hamdan
       Daglo Hametti kommandierte RSF hervorging, die sich jetzt mit ihrem
       Aufstand der Eingliederung in das Militär widersetzt.
       
       Der Gründer der Dschandschawid, Musa Hilal, ist ein Widersacher Hamettis
       und unterstützt heute die Regierung. Hametti aber führt die RSF und will
       Darfur der Regierungskontrolle entziehen.
       
       Auch auf die Nachbarländer strahlt dieser Konflikt aus. Musa Hilals Tochter
       ist die Ehefrau des 2021 verstorbenen tschadischen Langzeitherrschers
       Idriss Déby, dessen Sohn Mahamat Déby heute Tschad regiert. Hametti
       hingegen hat gute Kontakte zu tschadischen Rebellen. In der
       Zentralafrikanischen Republik unterstützt Hametti die Regierung von
       Präsident Faustin-Archange Touadéra: Beide gelten als Verbündete und
       Geschäftspartner der russischen Wagner-Söldnertruppe in [3][deren
       Goldhandel]. Sudans Regierung hingegen ist mit zentralafrikanischen
       Rebellenführern wie Noureddine Adam und seiner „Koalition der Kräfte für
       den Wandel“ (CPC) liiert, die Krieg gegen Wagner führt.
       
       Für Darfur bedeutet der neue Konflikt neues Leid. Ein Drittel der 45
       Millionen Einwohner Sudans leiden laut WFP an Unterernährung, ein
       Rekordwert. In Nyala waren die Hirsepreise im Februar mehr als doppelt so
       hoch wie ein Jahr zuvor, trotz guter Ernten 2022. Dieses Jahr erwarten
       Experten einen Ernterückgang. „Die meisten Haushalte werden ihren
       Lebensmittelbedarf nicht decken können, akute Unterernährung dürfte sich
       ausbreiten“, warnte das Frühwarnnetzwerk Fewsnet vor Kurzem in einer
       [4][Prognose für Süddarfur] für die Zeit ab Juni – erstellt vor dem neuen
       Krieg.
       
       17 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://reliefweb.int/attachments/f64d3cb2-f069-4eee-ba45-83a7432b9cbc/Flash%20Update%20-%20Sudan%20-%2029%20Mar%202023.pdf
   DIR [2] https://www.wfp.org/news/statement-wfp-executive-director-developments-sudan
   DIR [3] https://adf-magazine.com/2023/02/russian-mercenaries-rebels-clash-over-car-gold-mines/
   DIR [4] https://reliefweb.int/attachments/1720cf8f-f79e-4442-bfb3-6eceb906915a/Sudan%20Food%20Security%20Outlook,%20February%20to%20September%202023.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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