URI: 
       # taz.de -- Podcast „Searching Blanka“: Viele offene Fragen
       
       > Ein Rechtsterrorist ermordet die Shoah-Überlebende Blanka Zmigrod 1992 in
       > Frankfurt am Main. Journalist*innen haben den Fall nachrecherchiert.
       
   IMG Bild: Warum musste Blanka Zmigrod sterben?
       
       Am 23. Februar 1992 wurde die 68-Jährige [1][Jüdin und Shoa-Überlebende
       Blanka Zmigrod] in der Nähe ihrer Wohnung in der Innenstadt von Frankfurt
       am Main mit einem Kopfschuss getötet. Sie war auf dem Heimweg von ihrer
       Arbeit als Garderobiere im Restaurant Mövenpick. Es wird mehr als 25 Jahre
       dauern, bis ihr Mörder, ein bekannter Rechtsextremist, vor Gericht steht
       und zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt wird.
       
       Trotzdem ist der Name Blanka Zmigrod bis heute kaum bekannt. Dass wollen
       die Journalist*innen Marianne Schulz und Fabian Janssen mit dem
       vierteiligen Podcast „Searching Blanka“ ändern, den sie für den
       Deutschlandfunk produziert haben. Wer war Blanka Zmigrod und wieso musste
       sie sterben? Von diesen beiden Fragen ließen sich Schulz und Jannsen bei
       ihren Recherchen leiten. Sie befragten Zeug*innen, Rechtsanwält*innen
       und auch eine Freundin von Blanka Zmigrod.
       
       „Auschwitz überlebt, in Frankfurt ermordet“ ist die Folge des Podcasts
       überschrieben, in dem die antisemitische Verfolgungsgeschichte von Blanka
       Zmigrod geschildert wird, die vier Konzentrationslager darunter Auschwitz
       erlebt hat. Nach der Befreiung wohnte sie zunächst in Israel, bevor sie mit
       ihrem Lebensgefährten nach Deutschland übersiedelte.
       
       ## Parallelen zum Umgang mit den NSU-Morden
       
       Immer wieder hinterfragen die Journalist*innen den Umgang von Polizei
       und Medien mit dem Mord an der Shoa-Überlebenden. Die Ermittlungsbehörden
       stuften den Fall damals schnell als Raubmord ein und schlossen bald die
       Akten. Zudem behaupteten zahlreiche Medien, dass Blanka Zmigrod völlig
       vereinsamt in Frankfurt gelebt hatte. Tatsächlich konnten Schulz und
       Jannsen mit Angehörigen in Israel sprechen, die nie über ihren Tod
       informiert wurden.
       
       Den beiden Journalist*innen gelang es auch, antisemitische Klischees
       auszugraben, die die Schuld bei dem Opfer suchten. Die Tote habe eine
       illegales Casino betrieben. Daher solle man die Täter im jüdischen
       Spielermilieu suchen, wurde geraunt. Das erinnert an den Umgang mit Opfern
       der NSU-Morde und ihren Angehörigen, die auch anfangs wie Kriminelle
       behandelt wurden. Doch das ist nicht die einzige Parallele zwischen dem
       Mord an Blanka Zmigrod und dem NSU, wie man in dem Podcast erfahren kann.
       
       Ihr Mörder war der schwedische Rechtsterrorist John Ausonius, der als
       Lasermann bekannt wurde. In den Jahren 1991/92 hatte er auf 11 Menschen mit
       migrantischem Hintergrund geschossen und dabei einen Mann getötet. Nach
       seiner Verurteilung 1994 wurde Ausonius zur Kultfigur für Rechtsterroristen
       wie den norwegischen Massenmörder Anders Breivik. Nach der Selbstenttarnung
       des NSU wies das Bundesamt für Verfassungsschutz auf die Parallelen zu den
       Verbrechen des Lasermanns hin.
       
       ## Antisemitisches Tatmotiv
       
       Als er Zmigrod erschoss, war Ausonius auf der Flucht vor den schwedischen
       Behörden. Die Journalist*innen zeigen auf, dass sein Name im
       Zusammenhang mit dem Mord in Frankfurt schon sehr früh genannt wurde. Er
       hatte Zmigrod an der Garderobe des Diebstahls bezichtigt und bedroht. Doch
       die Ermittlungsbehörden ignorierten den Hinweis lange.
       
       Erst 2017 erhob die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main Anklage gegen den
       Rechtsterroristen, der seit 1994 wegen seiner rassistischen Anschlagsserie
       eine lebenslängliche Haftstrafe in Schweden absaß. In dem Podcast zeigen
       sich Journalist*innen und Jurist*innen verwundert, warum mit der
       Anklage solange gewartet wurde. Auch nach Ausonius Verurteilung zu
       lebenslänglicher Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung im Jahr 2018
       bleiben viele Fragen offen, die Fischer und Janssen im Podcast ansprechen.
       Mit wem traf sich der schwedische Rechtsterrorist in Frankfurt 1992? War
       Antisemitismus das Tatmotiv? Diese Frage bleibt offen. Der Täter schwieg
       vor Gericht.
       
       Zum 30. Jahrestag der Ermordung von Blanka Zmigrod organisierten Angehörige
       gemeinsam mit der Jüdischen Studierendenunion eine Gedenkveranstaltung am
       Tatort. Der Podcast kann dazu beitragen, dass die Frau, die dem NS-Terror
       lebend entkommen ist, um im Land der Täter von einen Neonazi ermordet zu
       werden, nicht vergessen wird.
       
       18 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ermordete-Shoah-Ueberlebende/!5743803
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Nowak
       
       ## TAGS
       
   DIR Antisemitismus
   DIR Rechtsterrorismus
   DIR Jüdinnen
   DIR Schwerpunkt Rechter Terror
   DIR Podcast
   DIR Halle
   DIR Schwerpunkt Rechter Terror
   DIR Gedenken
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Nach Geiselnahme des Halle-Attentäters: Keine Entwarnung
       
       Der rechtsextreme Halle-Attentäter hatte zwei Geiseln in der JVA genommen,
       bevor er überwältigt wurde. Doch Gefahr geht nicht nur von solchen Taten
       aus.
       
   DIR Mutmaßlicher Nazi-Terror 1991: Ermittlungserfolg nach 30 Jahren
       
       1991 starb ein Mann bei einem Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in
       Saarlouis. Nun hat die Polizei einen rechten Tatverdächtigen identifiziert.
       
   DIR Ermordete Shoah-Überlebende: Blanka Zmigrod, unvergessen
       
       Ein Rechtsterrorist ermordet die Shoah-Überlebende 1992 in Frankfurt am
       Main. Eine Petition will verhindern, dass Zmigrod in Vergessenheit gerät.