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       # taz.de -- Importverbot auf ukrainisches Getreide: Auf Einfuhrstopp folgt Grenzstau
       
       > Polen, Ungarn und die Slowakei haben ein Importverbot auf ukrainische
       > Landwirtschaftserzeugnisse verhängt. Die Verhandlungen über eine Lösung
       > laufen.
       
   IMG Bild: Zu den nun in Polen verbotenen Agrarprodukten gehören neben Getreide auch Milch, Eier und Geflügel
       
       Kiew taz | Zuerst haben ukrainische Lkw-Fahrer die polnische Entscheidung
       zu spüren bekommen. Am Wochenende hatte die polnische Regierung verkündet,
       die Einfuhr und den Transit von ukrainischem Getreide und Dutzenden anderen
       landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu verbieten. Am Dienstagmorgen nun
       stauten sich die Lastwagen an der ukrainisch-polnischen Grenze. Polen hat
       deren Durchfahrt gestoppt. Auch Ungarn und die Slowakei haben derartige
       Maßnahmen gegen ukrainische Landwirtschaftserzeugnisse getroffen.
       
       In der Ukraine stößt das auf Kritik. Von einer „skandalösen Entscheidung“
       sprach etwa das [1][ukrainische Internetportal apostrophe.ua] in einer
       ausführlichen Analyse. Gerade jetzt, im [2][Krieg mit Russland], treffe es
       natürlich die Ukraine, wenn es zunehmend Schwierigkeiten habe, seine
       Agrarprodukte zu exportieren. Um ein Haar, so das Nachrichtenportal, wäre
       sogar der Polen-Besuch von Präsident Wolodimir Selenski Anfang des Monats
       wegen der Agrarfrage geplatzt.
       
       Zu den nun in Polen verbotenen Agrarprodukten gehören neben Getreide auch
       Milch, Eier, Geflügel, Honig, Buchweizen, Hanf, Rote Bete, Zucker, Gemüse,
       Obst und Wein. Letztlich seien es vor allem die kleinen und mittelgroßen
       Agrarfirmen und Bauern, die ihre Produkte in Polen abzusetzen versuchten.
       Denn die könnten sich die Preise, die man bei einem Export über die
       Schwarzmeerhäfen oder auch die Donauhäfen bezahlen müsste, überhaupt
       nicht leisten, zitiert das Portal den Finanzanalysten Olexi Kuschtsch.
       
       Und so hätten diese auf dem polnischen Markt ihre Produkte zu Preisen
       verkauft, die nur gering über dem ukrainischen Einkaufs- und
       Produktionspreis liegen. Ukrainisches Getreide beispielsweise werde 20
       Prozent günstiger angeboten als polnisches. Der Grund für den niedrigen
       Preis ist nicht nur die Bereitschaft der ukrainischen Bauern, ihre Produkte
       zu einer niedrigen Gewinnmarge zu verkaufen. In der Ukraine gelten auch die
       strengen und somit teuren EU-Vorschriften einer artgerechten Tierhaltung
       und ökologischen Landwirtschaft nicht. „Die ukrainische Landwirtschaft
       arbeitet mit Produktionsverfahren, die in der EU nicht mehr zulässig sind“,
       erklärte der ungarische Landwirtschaftsminister István Nagy die
       Entscheidung aus Budapest.
       
       ## Rechtliche Schritte durch Kiew sind eher nicht zu erwarten
       
       Aber auch ein Export von ukrainischem Getreide nach Afrika oder Asien über
       polnische Häfen sei sehr teuer, so Ilja Neschodowski, Direktor des
       Instituts für sozial-wirtschaftliche Transformation. Allein schon deswegen,
       weil der Weg von Polen nach Afrika oder Asien weitaus länger sei als die
       Strecke von Odessa und anderen Schwarzmeerhäfen in andere Kontinente.
       
       Rechtliche Schritte gegen das Exportverbot, so glaubt Ilja Neschodowski
       indes, werde die Ukraine nicht unternehmen. Zu groß wäre dessen Schaden für
       die bilateralen Beziehungen zu ihrem wichtigen Nachbarn. Umso wichtiger
       seien die nun gestarteten Verhandlungen zwischen Kiew, den betroffenen
       EU-Ländern sowie der Europäischen Kommission.
       
       Laut ukrainischem Landwirtschaftsminister Mykola Solski laufen dazu seit
       Montag Gespräche in Warschau. In einem ersten Schritt sollte es um eine
       Öffnung des Transits der Güter über Polen gehen. Dies sei „ziemlich wichtig
       und sollte bedingungslos getan werden. Und danach werden wir über andere
       Dinge sprechen.“ Polens Landwirtschaftsminister Robert Telus sagte, es habe
       ein Treffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen und weiteren Vertretern
       der Regierung in Kiew gegeben, die am Dienstag fortgesetzt werden sollten.
       
       Derweil kritisierte Bundesagrarminister Cem Özdemir am Dienstag den
       Importstopp. „Die Solidarität mit der Ukraine bleibt das oberste Gebot“,
       sagte der Grünen-Politiker. Umso mehr bedauere er, dass Polen nun seine
       Grenzen für ukrainische Agrarexporte geschlossen habe.
       
       Letztendlich, so apostrophe.ua, dürfte man den aktuellen Konflikt um
       Exporte nach den Transit durch Polen nicht überbewerten. Nach wie vor seien
       die Schwarzmeerhäfen für den Export von ukrainischen Agrarprodukten
       entscheidend – für die wartenden Trucker an der Grenze ist das ein
       schwacher Trost.
       
       18 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://apostrophe.ua/ua/article/economy/foreign-trade/2023-04-17/polsha-po-zernyishku-klyuet-pochemu-stranyi-es-zapreschayut-agrarnyiy-import-iz-ukrainyi/51535
   DIR [2] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Clasen
       
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