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       # taz.de -- Eishockey Play-offs in Deutschland: Erfolg gegen die stärkste Offensive
       
       > Der ERC Ingolstadt macht die Finalserie wieder spannend. Bei der Partie
       > gegen den EHC München konnte sich ein Spieler besonders beweisen.
       
   IMG Bild: Hat er sicher: Keeper Jonas Stettmer lässt so gut wie keinen durch
       
       In der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) lieben sie ihre Play-offs um die
       deutsche Meisterschaft heiß und innig, sie gelten als die beste, da
       aufregendste Zeit des Jahres. Es geht um alles oder nichts, die Spiele
       werden härter, man kann bisweilen tränenreiche Dramen auf dem Eis
       bewundern. Und manchmal werden auch Geschichten geschrieben, die fast zu
       kitschig sind, um wahr zu sein.
       
       Wie am Dienstagabend in der Münchner Olympia-Eishalle, in der in Spiel drei
       des oberbayerischen Play-off-Finals [1][der EHC Powerbrause München] dem
       ERC Ingolstadt mit 3:4 unterlag. Und ein junger Torwart, der 21-jährige
       Jonas Stettmer, den vorher nur Eishockey-Insider kannten, zum Helden des
       Abends aufstieg.
       
       Die favorisierten Münchner, Spitzenreiter nach der DEL-Hauptrunde, führten
       in der Serie „Best of Seven“ mit 2:0 und wollten sich ihren ersten
       Matchpuck sichern. Dem stand die kluge Spieltaktik des ausgezeichneten
       Ingolstädter Trainers Mark French, Coach des Jahres der DEL, entgegen. Und
       der stattliche ERC-Goalie, 1,94 Meter groß und 96 Kilogramm schwer, der es
       in der ersten DEL-Begegnung seiner Karriere in einer Startformation
       schaffte, die Nerven zu bewahren – im Duell mit der besten Offensive der
       Liga.
       
       Unter anderem parierte der gebürtige Straubinger in der 23. Minute einen
       Angriff von Münchens Kapitän Patrick Hager, es war ein Schlüsselmoment, der
       ihm Sicherheit gab, sodass das Wichtigste gelang: In der Endabrechnung
       kassierte Stettmer ein Tor weniger als sein Gegenüber, M[2][ünchens
       illustrer Nationaltorhüter Mathias Niederberger]. Womit Ingolstadt,
       Tabellen-Zweiter der DEL-Saison, in der Serie auf 1:2 verkürzte und am
       Freitag (19.30 Uhr) in Spiel vier in heimischer Halle die Chance hat,
       auszugleichen.
       
       ## Die dritte Wahl ganz groß
       
       Das erste Drittel sei nicht optimal für ihn gelaufen, berichtete Stettmer,
       er sei sogar „sauer“ über sich selbst gewesen – und: „Da war die Nervosität
       noch etwas da. Das zweite Drittel lief dann viel besser. Das dritte Drittel
       war auch gut. Die Brust wurde immer breiter. Dann klappt alles. Ich bin
       einfach nur glücklich, dass wir den ersten Sieg in der Serie geholt haben.“
       
       Zwar besagen die ungeschriebenen Play-off-Gesetze, dass lediglich Siege von
       Serien, nicht aber von einzelnen Spielen ausgiebig zelebriert werden
       dürfen. Denn es könnte Unglück bringen, sich vorzeitig zu viel zu freuen.
       
       Stettmer lebte seine Freude trotzdem aus und ließ sich nach Ende der Partie
       auf dem Eis von den Hunderten aus dem 80 Kilometer entfernten Ingolstadt
       angereisten Fans feiern. „Ich bin erst mal so alle. Ich brauche ein, zwei
       Tage, damit ich das realisieren kann“, sagte er, und man sah an seinem
       staunend-glücklichen Blick, dass ihm die Geschichte ein wenig unheimlich
       war. Verständlicherweise.
       
       Stettmer spielt normalerweise vor allem beim Ingolstädter Kooperationsteam
       Ravensburg in der zweiten Liga. In der Torwarthierarchie der DEL-Mannschaft
       steht er nur an dritter Stelle. Doch da die Nummer eins des ERC, Michael
       Garteig, verletzt und die Nummer zwei, Kevin Reich, krank ist, musste
       Stettmer einspringen.
       
       Am Sonntag war er bereits in Partie drei der Serie in der 14. Minute beim
       Rückstand von 1:4 gegen München eingewechselt worden, da Reich kränkelte.
       Stettmer hatte zwar noch dreimal hinter sich greifen müssen, sich aber
       insgesamt wacker gehalten. Es sei ein Highlight für ihn gewesen, wenn auch
       ein trauriges, berichtete er nach dem 1:7. „Die Minuten, die er am Sonntag
       hatte, haben Jonas definitiv geholfen“, meinte Coach French.
       
       Die Münchner waren ihrerseits nach dem 3:4 bedient, denn sie hatten im
       Schlussdrittel mit 3:2 geführt, bevor der ERC in einer Schlussoffensive
       einen Doppelschlag innerhalb von 43 Sekunden landete. Im Grunde hätten sie
       sich für Ingolstadts Torwart überhaupt nicht interessiert, sagte Stürmer
       Maxi Kastner: „Wir haben es ihm zu leicht gemacht und waren
       unkonzentriert.“
       
       Ob sich der junge Held des ERC im Finale weiter wird bewähren müssen, ist
       bislang noch offen. Reich soll sich, wie zu hören ist, auf dem Weg der
       Besserung befinden. Wie auch immer es weiter geht, Stettmer scheint zu
       allem bereit, denn er verkündete: „Wir wollen weitere Siege und die
       Meisterschaft holen. Danach können wir tagelang feiern.“ Die Ingolstädter
       warten seit 2014 auf einen Titelgewinn, München seit 2018.
       
       19 Apr 2023
       
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