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       # taz.de -- Radsportklassiker „La Doyenne“: Zwei machen’s allein
       
       > Am Sonntag startet in Liège der älteste Radsportklassiker. Mit Remco
       > Evenepoel und Tadej Pogacar sind zwei Spezialisten für Solofahrten
       > favorisiert.
       
   IMG Bild: Eigentlich ein Gemeinschaftserlebnis: Lüttich–Bastogne–Lüttich 2022
       
       Man könnte glauben, dass [1][Remco Evenepoel] und Tadej Pogacar
       griesgrämige Typen sind. In Rennen, die ihnen etwas bedeuten, suchen sie
       gern die Einsamkeit. Pogacar setzte sich bei der Flandernrundfahrt 17
       Kilometer vor dem Ziel von seinem einzig verbliebenen Begleiter ab. Das war
       vor drei Wochen. „Ich musste allein wegfahren, um eine Chance auf den Sieg
       zu haben“, kommentierte er seinen Sieg.
       
       Letzte Woche legte er nach, gewann das Amstel Gold Race, erneut als Solist.
       Am Mittwoch beim Flèche Wallonne musste er nicht früh ausreißen, sondern
       konnte sich auf den Schlussanstieg verlassen: Erst an der berühmte Mauer
       von Huy fuhr er allen davon.
       
       Diesen Sonntag steht wieder Lüttich–Bastogne–Lüttich, auch „La Doyenne“
       genannt. Im vergangenen Jahr gewann Evenepoel. Selbstverständlich allein.
       Sein Solo ging über 27 Kilometer. „Fahrer wie ich, die über keinen guten
       Sprint verfügen, müssen früh das Rennen schwer machen, um die anderen
       abzuschütteln“, lautete Evenepoels Expertise.
       
       In diesem Jahr will bei dem ältesten Klassiker Titelverteidiger Evenepoel
       dem bisherigen Frühjahrskönig Pogacar das [2][Ardennen-Triple] verwehren.
       Siege im selben Jahr bei Amstel, Flèche Wallonne und eben „La Doyenne“; das
       gelang nicht einmal Eddy Merckx.
       
       Evenepoel und Pogacar dominieren aktuell den Straßenradsport, gerne mit
       langen Solo-Attacken, doch an diesem Sonntag wird das wohl nur einem
       gelingen. Das ist eine besondere Konstellation beim mittlerweile 22.
       Aufeinandertreffen der beiden.
       
       Pogacar wird auch der [3][„kleine Kannibale“] genannt, eine Anspielung auf
       Eddy Merckx. Doch Evenepoel galt auch eine Weile als der „neue Merckx“,
       bis ihn zu große Eigenmächtigkeiten bei WM und Olympia 2021 aus der Gunst
       von Big Eddy purzeln ließen. Zu Evenepoel war das Verhältnis länger
       gestört, obwohl der ähnlich intuitiv und spektakulär fährt. Erst Evenepoels
       WM-Sieg im letzten Herbst entlockte Merckx mal wieder Liebesworte. „Ich
       kann nur Bewunderung aufbringen für ihn. Er ist wirklich eine besondere
       Saison gefahren“, sagte er über seinen Landsmann.
       
       Bei Evenepoel kam auch noch der Gesamtsieg der Vuelta hinzu. Er ist damit
       aktuell der einzige Profi, dessen Vielseitigkeit an die des zweifachen
       Tour-de-France-Siegers Pogacar heranreicht. Er kann Grand Tours gewinnen –
       und Klassiker auch. Im Zeitfahren ist er sogar besser als Pogacar. In allen
       vier Zeitfahren, die die beiden bislang gemeinsam bestritten, kam der
       Belgier vor dem Slowenen ein.
       
       Bei großen Rundfahrten haben sich die beiden noch nicht duelliert. Das kann
       frühestens bei der Vuelta dieses Jahres geschehen. Nach Meinung nicht nur
       von Merckx wird das die den Radsport bestimmende Auseinandersetzung der
       kommenden Jahre. Evenepoel gewann neben Lüttich–Bastogne–Lüttich bereits
       zwei Mal das megaharte baskische Eintagesrennen Klasikoa San Sebastian,
       Pogacar siegte vor zwei Jahren in Lüttich und fügte Siege bei der
       Lombardei-Rundfahrt, Flandernrundfahrt, Amstel und Flèche Wallonne hinzu.
       
       Auch Pogacar sieht den aus einer Rennpause kommenden Belgier als seinen
       härtesten Rivalen in Lüttich: „Remco kommt aus dem Höhentrainingslager. Er
       wird gute Form haben. Er ist auch der Titelverteidiger, und er zeigte schon
       zu Saisonbeginn, dass er supergut bei den kleineren und kürzeren Anstiegen
       ist.“ Früh wegfahren, wie Pogacar es liebt, kann er ja auch noch.
       
       Beim Kampf um den dritten Platz haben der britische
       Mountainbike-Olympiasieger Tom Pidcock, der von seinem zweiten Platz an der
       Mauer von Huy beflügelte Däne Mattias Skjekmose und der Russe Alexander
       Wlassow die besten Aussichten.
       
       22 Apr 2023
       
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