# taz.de -- Nach Wahlen in Finnland: Zweiter Abschied für Sanna Marin
> Die scheidende Ministerpräsidentin Sanna Marin will nicht mehr für den
> Vorsitz der Sozialdemokraten kandidieren. Das entschied sie nach der
> Parlamentswahl.
IMG Bild: Finnlands scheidende Ministerpräsidentin Sanna Marin nach ihrer Pressekonferenz am Mittwoch
Stockholm taz | Finnlands scheidende Ministerpräsidentin Sanna Marin wird
auf dem Parteitag der Sozialdemokraten im September nicht mehr für den
Parteivorsitz kandidieren. Das teilte die 37-Jährige am Mittwoch mit.
Ihren endgültigen Beschluss habe sie nach dem Ausgang der Parlamentswahl am
Sonntag gefasst, erklärte Marin. Sie sei mit deren Ergebnis – bei dem ihre
Partei Zugewinne erzielen konnte – eigentlich zufrieden. Aber in erster
Linie habe sie natürlich eine weitere Amtszeit als [1][Ministerpräsidentin]
angestrebt. Diese Möglichkeit habe sich zerschlagen, weil die
Sozialdemokraten nur drittstärkste Partei, hinter den Konservativen und den
Rechten, im Reichstag geworden seien. „Nachdem das Ergebnis jetzt einmal so
ausgefallen ist, denke ich, dass das eine gute Gelegenheit für neue
Perspektiven ist und ich eine neue Seite in meinem Leben aufschlagen kann.“
Vermutungen, ihre Partei habe sie zu diesem Schritt gedrängt, wies sie
zurück. Die Entscheidung sei schon länger gereift und habe verschiedene
Gründe. Die vergangenen Jahre seien für sie persönlich nicht einfach
gewesen und hätten ihr Durchhaltevermögen auf die Probe gestellt, erklärte
sie: „Manchmal müssen Türen geschlossen werden, damit sich in Zukunft neue
öffnen können.“
Ihre Regierung werde am Donnerstag ihren Rücktritt erklären, aber
anschließend bis zum Antritt einer Nachfolgeregierung geschäftsführend im
Amt bleiben. Anschließend werde sie nur noch „einfache Abgeordnete“ sein
„und dann hoffentlich in der Lage sein, ein etwas ruhigeres Leben zu
führen“, so Marin.
## Könnte Sanna Marin im Kabinett zurückkommen?
Ihren Schritt kündige sie bereits jetzt an, damit ihre Partei in Ruhe die
Neubesetzung des Parteivorsitzes regeln könne. Außerdem müssten die
Sozialdemokraten entscheiden, mit welchem Kandidaten sie zur Neuwahl eines
Staatspräsidenten im kommenden Jahr antreten wollten. Für diese Kandidatur
werde sie nicht zur Verfügung stehen, entkräftete sie entsprechende
Medienspekulationen. Sie wies auch Meldungen zurück, dass ihr bereits ein
neues internationales Amt angeboten worden sei, beispielsweise bei der EU.
Offen ließ sie die Frage, ob sie möglicherweise für einen Kabinettsposten
zur Verfügung stehen werde, falls es zu einer Regierungskoalition unter
Beteiligung der Sozialdemokraten kommen sollte: „Ich halte das eher für
unwahrscheinlich.“
Die nun anstehenden Sondierungsgespräche über eine mögliche
Koalitionsregierung mit der Wahlsiegerin, [2][der konservativen
Sammlungspartei von Petteri Orpo], werde Marin aber noch selbst leiten. Die
Gremien der Sozialdemokraten würden Eckpunkte für mögliche
Regierungsverhandlungen am Donnerstag festlegen. Prinzipiell sei man zwar
zu so einer Zusammenarbeit bereit, nicht aber unter den Bedingungen, die
Orpo im Wahlkampf aufgestellt habe. Insbesondere könne ihre Partei keine
Haushaltskürzungen in Höhe von 6 Milliarden Euro akzeptieren wie sie die
Sammlungspartei wolle.
Diese klare Festlegung könnte ein weiteres Signal dafür sein, dass
vermutlich [3][Sammlungspartei und die zweitplatzierten rechten Wahren
Finnen] den Kern der künftigen Regierung Finnlands bilden und die
Sozialdemokraten die Oppositionsrolle wählen werden.
In ersten Reaktionen auf ihren Schritt wurde neben Bedauern auch
Verständnis geäußert und teilweise die unfaire Kritik thematisiert, der
Marin wiederholt ausgesetzt gewesen sei. „Eine Überraschung, die in
gewisser Weise keine Überraschung ist“, kommentiert die finnische
Tageszeitung Helsingin Sanomat Marins Ankündigung: „Es wurde immer wieder
in Frage gestellt, ob sie wirklich den Wunsch hat, in der Politik zu
bleiben, falls sie nicht zur neuen Regierungschefin gewählt wird.“
5 Apr 2023
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## AUTOREN
DIR Reinhard Wolff
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