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       # taz.de -- Ostermärsche der Friedensbewegung: Appelle für mehr Verhandlungen
       
       > Bundesweit sind in den kommenden Tagen Ostermärsche der Friedensbewegung
       > geplant. Die Forderung an die Bundesregierung: mehr Einsatz für
       > Diplomatie.
       
   IMG Bild: Verzweifelter Ruf nach Frieden: Mehr Teilnehmer:innen bei Ostermärschen erwartet
       
       Berlin/Köln/Hannover epd/dpa/taz | Der russische Angriffskrieg auf die
       Ukraine prägt erneut die traditionellen Ostermärsche der Friedensbewegung.
       Im Zentrum vieler Aktionen steht die Forderung, [1][dass sich die
       Bundesregierung stärker für Friedensverhandlungen einsetzen müsse]. „Jeder
       weitere Tag des Krieges bedeutet mehr Tote und Verletzte. Die
       Bundesregierung muss endlich aktiv werden und alles in ihrer Macht Stehende
       tun, damit es zu einem Waffenstillstand und Verhandlungen kommt, um den
       Krieg in der Ukraine zu beenden“, teilte Kristian Golla vom Netzwerk
       Friedenskooperative mit. Getragen werden die Ostermärsche von regionalen
       Friedensgruppen, Gewerkschaften und Parteien wie der Linken.
       
       Mehr als 120 Aktionen sind nach Angaben der Friedenskooperative von
       Gründonnerstag bis Ostermontag geplant. Die Kooperative verweist in ihrem
       Aufruf außerdem auf [2][die Gefahr durch Atomwaffen]. Sie fordert ein Ende
       der Aufrüstung und den Beitritt Deutschlands [3][zum
       Atomwaffenverbotsvertrag]. Doch es herrscht auch Unstimmigkeit in den
       Reihen der Bewegung. „Die Polarisierung in der Gesellschaft mit Blick auf
       den Ukraine-Krieg und Waffenlieferungen [4][spiegelt sich auch bei den
       Friedensgruppen]“, sagte Golla und nannte das Problem der
       „Trittbrettfahrer“: So planten sogenannte Corona-Leugner Veranstaltungen
       und versuchten, von der Friedensbewegung zu profitieren. [5][„Der
       Ostermarsch ist klassische Friedensbewegung.“]
       
       Anlässlich der Ostermärsche betonte SPD-Chefin Saskia Esken das Recht der
       Ukraine auf die Verteidigung ihrer Unabhängigkeit und Freiheit. „Es mag
       nicht ganz leicht sein, dies mit einer Friedensbotschaft zu verbinden, aber
       es geht ganz klar darum, den Frieden und die Ordnung in Europa
       wiederherzustellen“, sagte Esken der Augsburger Allgemeinen. Und: „Es ist
       unsere Aufgabe, dabei mitzuhelfen.“ Putins Aggression dürfe keinen Erfolg
       haben, „denn das würde Nachahmung provozieren und fatale Folgen für unsere
       Zukunft haben“.
       
       Linken-Co-Chef Martin Schirdewan rechnet bei den Märschen mit stärkerem
       Zulauf. „Der fürchterliche Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine macht
       den Menschen Sorge“, sagte er der Rheinischen Post und dem
       General-Anzeiger. [6][Russland habe angekündigt, Atomwaffen in Belarus an
       der Grenze zu Polen zu stationieren]. „Das schürt Ängste vor einer atomaren
       Eskalation.“ Traditionell seien Ostermärsche stark auf atomare Abrüstung
       ausgerichtet. Der Protest werde sich dieses Jahr also auch „gegen die neue
       Runde atomarer Aufrüstung mitten in Europa richten“.
       
       ## EKD: Echte Friedensverhandlungen gefordert
       
       Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette
       Kurschus, weigert sich, die Hoffnung auf Gespräche für ein Ende des
       russischen Angriffskriegs auf die Ukraine aufzugeben. In jedem Augenblick
       könne es Menschen geben, die sich begegneten und den Weg zu einem
       Waffenstillstand und dann zu echten Friedensverhandlungen bahnten, sagte
       die Theologin im Interview der Woche im Deutschlandfunk.
       
       Wenn hingegen jeder Ruf nach Verhandlungen als „naiv und unmöglich“
       verurteilt werde, mache sie nicht mit. „Verhandlungen müssen herbei
       verhandelt werden“, betonte die westfälische Präses. Die
       EKD-Ratsvorsitzende forderte, nicht in den Mustern von „Entweder-oder“
       sowie „Richtig“ und „Falsch“ zu denken. [7][Im Moment brauche es beides]:
       „eine starke Möglichkeit der Ukraine, sich zu verteidigen, und jederzeit
       das Bemühen, ins Gespräch zu kommen und die Waffen zum Schweigen zu
       bringen“, sagte sie.
       
       Auch vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs könne Ostern gefeiert werden.
       „Erst recht und gerade jetzt“, sagte Kurschus, weil Ostern „ein Fest des
       Widerstands mitten im Tod und mitten im Elend“ sei. Ostern sei in
       christlicher Sicht das „Fest des Lebens“. Gott stehe „an der Seite derer,
       die sich für das Leben einsetzen, und er überwindet alle Kräfte, die über
       Leichen gehen und die an den eigenen Machtgelüsten ihre Taten ausrichten.“
       Aus dieser Osterbotschaft resultiere die Verantwortung, „zu Protestleuten
       gegen den Tod“ zu werden.
       
       Die Ex-Ratsvorsitzende der EKD, Margot Käßmann, bekräftigte ihre ablehnende
       Haltung zu Waffenlieferungen an die Ukraine. „Anfangs hieß es, wir würden
       reine Verteidigungswaffen liefern, jetzt sind daraus ganz klar
       Angriffswaffen geworden“, sagte sie der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.
       Mit deutschen Panzern werde auf russische Soldaten geschossen. „Das kann
       doch auch keine Lösung sein“, betonte die einstige hannoversche
       Landesbischöfin. Käsmann will am Karsamstag bei einem Ostermarsch in
       Hannover sprechen.
       
       ## Käßmann: Verhandlung heißt nicht Kapitulation
       
       Vollkommen außer Frage stehe zwar, dass es sich bei dem Ukraine-Krieg um
       den Angriffskrieg eines Diktators gegen ein freies Land handle. Dennoch
       müsse es durch Friedensverhandlungen schnellstmöglich zu einem Ende des
       Tötens kommen. „Verhandlung heißt nicht Kapitulation“, so Käßmann. Sie
       hatte sich wiederholt gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen
       und, wie zuletzt in einem von Vertretern aus Politik, Gewerkschaften,
       Kultur und Wissenschaft unterzeichneten Appell, einen Waffenstillstand und
       Friedensverhandlungen mit Russland gefordert.
       
       Aussagen des ukrainischen Botschafters Oleksii Makeiev, wonach der jüngste,
       [8][von Käßmann mitgetragene Friedensappell] „purer Zynismus“ sei, wies die
       ehemalige Landesbischöfin zurück: „Er hat das Recht, als Ukrainer zu reden,
       ich habe das Recht, als Deutsche zu reden“. Sie spreche der Ukraine nicht
       das Recht ab, sich zu wehren, aber sie fürchte, dass [9][Deutschland durch
       Waffenlieferungen nach und nach selbst zur Kriegspartei werde]. Käßmann
       sagte, sie stelle sich „idealerweise eine Welt ohne Waffen vor“. Das sei
       eine Vision, die sie nicht aufgeben wolle. „Derzeit reden alle nur von
       Aufrüstung, dabei bräuchten wir die Unsummen, die da investiert werden,
       dringend für Bildung oder Klimaschutz.“
       
       Die Anzahl der Orte, in denen Ostermärsche stattfinden, ist laut
       Friedenskooperative im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen. Im
       vergangenen Jahr gingen an den Ostertagen in vielen Städten jeweils mehrere
       Hundert bis einige Tausend Menschen auf die Straßen. An diesem Karsamstag
       sind in mehr als 60 Städten, darunter Köln, München, Berlin und Hannover,
       Aktionen geplant. Den Abschluss bilden am Montag Märsche etwa in Frankfurt
       am Main, Hamburg und Nürnberg.
       
       7 Apr 2023
       
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