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       # taz.de -- Gesetz gegen Missbrauchsdarstellungen: Justizminister kündigt Reform an
       
       > Bundesjustizminister Buschmann will einen Vorschlag für eine Änderung des
       > Gesetzes zu Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern vorlegen.
       
   IMG Bild: Will das Gesetz gegen Missbrauchsdarstellungen bald reformieren: Justizminister Marco Buschmann
       
       Berlin dpa | Noch in diesem Jahr will Bundesjustizminister Marco Buschmann
       einen Vorschlag für eine Reform des erst vor rund zwei Jahren geänderten
       Gesetzes zu Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern vorlegen.
       
       Das Hauptziel des Gesetzes zur Bekämpfung von Verbreitung, Erwerb und
       Besitz sogenannter Kinderpornografie – die deutliche Strafverschärfung –
       werde bei der von ihm geplanten Reform des entsprechenden Paragrafen des
       Strafgesetzbuches nicht angetastet, betonte Buschmann. „Es gibt keine zwei
       Meinungen, wenn Personen sich zum Lustgewinn oder aus Gewinnstreben
       Darstellungen von sexuellem Missbrauch von Kinder verschaffen: Das muss
       schwer bestraft werden.“
       
       Die Strafverschärfung von 2021 sei allerdings „aus der Dynamik des
       Wahlkampfes heraus entstanden“ und in einigen Punkten [1][nur gut gemeint,
       aber nicht gut gemacht] gewesen. Offensichtlich seien nicht alle möglichen
       Fallkonstellationen mitgedacht worden. „Entdeckt beispielsweise ein
       Elternteil in einer Whatsapp-Gruppe des Kindes ein solches Foto und schickt
       es an die Eltern des ursprünglichen Absenders um zu fragen, was da los ist,
       würde das aktuell unter die Verbreitung solcher Inhalte fallen“, erklärte
       der Justizminister. Das könne nicht Sinn und Zweck der Regel sein.
       
       Gleiches gelte etwa für eine Lehrerin, die solche Fotos in einem
       Klassen-Chat entdecke, speichere und an die Schulleitung weiterleite. „In
       diesen Fällen und in Fällen, wo jemand nicht sofort eine von anderen
       gepostete Missbrauchsdarstellung aus einer Chatgruppe löscht, haben
       Staatsanwaltschaften und Gericht derzeit keinen Spielraum, um solche
       Strafverfahren einzustellen“, sagte Buschmann.
       
       ## Justiz muss Einzelfällen wieder gerechtwerden können
       
       Sein Ministerium sei nun dabei, ein Konzept zu erstellen, wie eine Reform
       gesetzgeberisch so aufgesetzt werden könne, dass die Justiz wieder den
       nötigen Spielraum erhalte, um allen Einzelfällen gerecht zu werden. „Mein
       Ziel ist es, dieses Konzept noch in diesem Jahr fertigzustellen“, fügte er
       hinzu. Die Änderung sei notwendig, auch damit die Justiz Zeit und
       Ressourcen gewinne, um sich auf die Fälle zu konzentrieren, „um die es uns
       allen wirklich geht“.
       
       Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hatte dem Justizminister Ende März
       vorgeworfen, er gehe notwendige Änderungen hier nicht schnell genug an.
       Dass sich Ermittler inzwischen um viel mehr Fälle von Kindesmissbrauch
       kümmern müssten, liege nicht nur an mehreren Großverfahren und den
       Hinweisen des US-amerikanischen National Center of Missing and Exploited
       Children. Eine Rolle spiele auch, dass die Zahl der erfassten jugendlichen
       Tatverdächtigen, die entsprechende Inhalte in Chatgruppen teilten, ohne
       sich der Konsequenzen ihres Handelns bewusst zu sein, ansteige. Dies binde
       die ohnehin knappen Ressourcen bei den Strafverfolgungsbehörden.
       
       [2][Eine regelrechte Blockadehaltung haben Fachpolitiker von SPD und Grünen
       Buschmann beim Mieterschutz vorgeworfen.] Auf einen konkreten Zeitplan will
       sich der FDP-Minister bisher nicht einlassen. Er stehe zu den getroffenen
       Vereinbarungen, erwarte zugleich aber, „dass alle anderen Partner auch zu
       ihren Verpflichtungen aus dem Koalitionsvertrag stehen“, sagte Buschmann.
       Der rechtspolitische Teil des Koalitionsvertrages sei schließlich ein
       „Gesamtkunstwerk“, aus dem man nicht nach Belieben einzelne Teile streichen
       könne.
       
       Zu den Vorhaben, bei denen Buschmann selbst schnell Fortschritte erzielen
       will, zählt das sogenannte [3][Whistleblower-Gesetz]. Der Gesetzentwurf,
       der Menschen, die auf Missstände hinweisen, vor Repressalien ihres
       Arbeitgebers schützen soll, war im Bundesrat gescheitert. „Dazu haben wir
       den Vermittlungsausschuss angerufen“, sagte Buschmann. Er sei aber auch
       dafür offen, in den dazu bereits erstellten zweiten Entwurf im
       parlamentarischen Verfahren Änderungen einzuarbeiten. Nachdem die alte
       Bundesregierung die entsprechende EU-Richtlinie nicht rechtzeitig umgesetzt
       habe, bestehe nun Zeitdruck. Denn schon jetzt sei klar, dass Deutschland
       wegen der überschrittenen Frist eine hohe Strafe drohe.
       
       10 Apr 2023
       
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