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       # taz.de -- Neuer Sipri-Bericht zu Militärausgaben: Auf Rekordniveau
       
       > Das Friedensforschungsinstitut Sipri stellt seinen neuen Bericht vor. Mit
       > 2.240 Milliarden Dollar gebe es bei den Rüstungsausgaben ein „all time
       > high“.
       
   IMG Bild: Auch die deutsche Rüstungsindustrie macht gute Geschäfte – nicht zuletzt mit dem Leopard-2-Panzer
       
       Stockholm taz | „Wir leben in einer stetig unsicherer gewordenen Welt“,
       kommentiert Nan Tian, Forscher beim Stockholmer
       [1][Friedensforschungsinstitut Sipri], dass die weltweiten Rüstungsausgaben
       2022 im achten Jahr in Folge angestiegen sind: „Die Staaten stocken ihre
       militärische Stärke als Reaktion auf eine sich verschlechternde
       Sicherheitslage weiter auf. Und sie rechnen nicht damit, dass diese
       Situation sich in naher Zukunft verbessern wird.“
       
       Auf 2.240 Milliarden US-Dollar hat Sipri die Militärausgaben der Staaten im
       vergangenen Jahr beziffert. In seinem „Global Military
       Expenditure“-Rapport, der am Montag veröffentlicht wird, spricht das
       Stockholmer Institut von einem „all time high“.
       
       Die fünf Staaten mit den größten Militärbudgets waren 2022 die USA, China,
       Russland, Indien und Saudi-Arabien, die zusammen für 63 Prozent der
       weltweiten Rüstungsausgaben standen. Mit einer Steigerung von 3,7 Prozent
       gegenüber dem Vorjahr waren die globalen Ausgaben – inflationsbereinigt –
       mehr als doppelt so hoch wie vor 25 Jahren.
       
       Schlüsselt man die Steigerungsraten regional auf, lagen West- und
       Zentraleuropa mit einem Plus von 13 Prozent im Vergleich zu 2021 an der
       Spitze. Eine derartige Aufrüstungswelle hat es laut Sipri seit den Zeiten
       des Kalten Kriegs nicht mehr gegeben. Russlands Invasion der Ukraine im
       Februar vergangenen Jahres habe zwar „sicherlich die Entscheidungen zu
       Militärausgaben beeinflusst“, sagt der Sipri-Experte für Militärausgaben
       und Rüstungsproduktion, Lorenzo Scarazzato. Tatsächlich aber habe der
       Anstieg schon 2014 begonnen, dem Jahr der Annexion der Krim durch Russland.
       Viele der ehemaligen Ostblockstaaten hätten seither ihre
       Verteidigungsausgaben mehr als verdoppelt.
       
       ## Militärausgaben der Ukraine steigen um 640 Prozent
       
       Die Militärausgaben der Ukraine haben laut Sipri im vergangenen Jahr 44
       Milliarden Dollar betragen. Vergleichsweise haben sich diese Ausgaben denen
       von Deutschland (55,8 Mrd. Dollar) oder Frankreich (53,6 Mrd. Dollar)
       angenähert. Rechne man die der Ukraine von mehr als 20 Staaten geleistete
       [2][Militärhilfe] zusammen von rund 30 Milliarden Dollar dazu, entsprachen
       die gesamten Aufwendungen für das Militär in der Ukraine nach
       Sipri-Schätzungen 2022 mehr als vier Fünfteln des russischen
       Militärbudgets, des weltweit drittgrößtem.
       
       Nicht nur mit der Steigerungsrate von 640 Prozent gegenüber dem Vorjahr
       oder 1.661 Prozent gegenüber 2013 verzeichnet die Ukraine den höchsten
       Anstieg von Rüstungsausgaben, den Sipri in seiner 57-jährigen Geschichte je
       errechnet hat, sondern auch was die Belastung der Wirtschaft des Landes
       durch diese Ausgaben angeht: Der Anteil der Militärausgaben am
       Bruttoinlandsprodukt der Ukraine schnellte demnach von 3,2 Prozent 2021 auf
       34 Prozent im Jahr 2022 hoch.
       
       Auch in Russland habe die Invasion wohl „deutlich mehr Kosten verursacht,
       als man in Moskau vorhergesehen habe“, vermutet Lucie Béraud-Sudreau, die
       Direktorin des Militärausgabenprogramms von Sipri. Die Rüstungsausgaben des
       Landes seien 2022 um 9,2 Prozent auf 86,4 Milliarden Dollar gestiegen,
       schätzt Sipri.
       
       Zum kräftigen Anstieg der Rüstungsausgaben in Europa trug auch die
       Nato-Norderweiterung bei. In Vorbereitung auf ihre Mitgliedschaft
       steigerten [3][Finnland] und [4][Schweden] ihre Ausgaben für das Militär
       2022 signifikant: Finnland um 36 Prozent, Schweden um 12 Prozent.
       
       ## Chinas Militärausgaben steigen das 28. Jahr in Folge
       
       Für alle Nato-Mitgliedstaaten zusammen berechnete Sipri die
       Rüstungsausgaben bei einem Plus von 0,9 Prozent im Vergleich zu 2021 auf
       1.232 Milliarden Dollar, das sind 55 Prozent der weltweiten Ausgaben. Der
       Löwenanteil entfällt mit 877 Milliarden Dollar auf die USA.
       
       Neben Europa ist der Indo-Pazifik-Raum die andere Region, in der sich die
       geopolitischen Spannungen in den höchsten Zuwachsraten der Militärbudgets
       niederschlagen: Für die Länder Asiens – ohne den Nahen und Mittleren Osten
       – und Ozeaniens beliefen sich diese Budgets 2022 auf zusammen 575
       Milliarden Dollar, ein Viertel der weltweiten Ausgaben.
       
       Rund drei Viertel der Ausgaben in dieser Region entfielen auf drei Staaten:
       China, Indien und Japan. Chinas Militärausgaben stiegen im 28. Jahr in
       Folge um diesmal 4,6 Prozent auf 296 Milliarden Dollar, womit Sipri sie nun
       auf etwa ein Drittel der US-Ausgaben schätzt. In Japan beobachtet
       Sipri-Forscher Xiao Lian „einen tiefgreifenden Wandel seiner
       Militärpolitik. Die Ausgaben stiegen um 5,9 Prozent und erreichten 46
       Milliarden Dollar entsprechend 1,1 Prozent des BIP. Eine Erhöhung auf 2
       Prozent bis 2027 sei geplant, als „Reaktion auf die zunehmende Bedrohung
       durch China, Nordkorea und Russland“.
       
       Aufgrund der von vielen Ländern – darunter Deutschland – für die kommenden
       5 bis 10 Jahre bereits vorgelegten Pläne erwartet Sipri für die nächsten
       Jahre einen regelrechten Boom bei den Militärausgaben.
       
       24 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.sipri.org
   DIR [2] /Krieg-in-der-Ukraine/!5924476
   DIR [3] /Nato-Beitritt-Finnlands/!5923421
   DIR [4] /Geplanter-Nato-Beitritt-Schwedens/!5911288
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reinhard Wolff
       
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