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       # taz.de -- Denunzianten-Gesetz in Ungarn: Temporär verschoben
       
       > Staatspräsidentin Novák protestiert gegen das homophobe
       > „Whistleblower-Gesetz“. Ideologische Gründe spielen dabei weniger eine
       > Rolle als pragmatische.
       
   IMG Bild: Ungarns Staatspräsidentin Katalin Novák bei einer Militärparade vor dem Parlament in Budapest
       
       Überraschende Unabhängigkeit demonstrierte Ungarns Präsidentin Katalin
       Novák mit ihrem Nein zum vom Parlament beschlossenen
       „Whistleblower-Gesetz“, das zur Anzeige von [1][gleichgeschlechtlichen
       Paaren] verpflichtet, die gemeinsam Kinder aufziehen. Premierminister
       Viktor Orbáns nationalkonservative Regierung führt seit Jahren einen
       [2][Feldzug gegen die LGBTI+-Kultur]. Bücher, in denen erkennbar schwule
       oder transsexuelle Personen vorkommen, wurden verbannt.
       
       Die Homophobie in der Bevölkerung wird ähnlich wie in [3][Wladimir Putins
       Russland geschürt], dessen Regeln in dieser Materie überhaupt für Ungarns
       Gesetzgebung Pate gestanden haben dürfte. Orbán sieht sich als Verteidiger
       des christlichen Abendlandes, das er von der vermeintlichen Gay-Kultur des
       EU-Mainstreams bedroht sieht. Die unumstößliche Festschreibung, „[4][Der
       Vater ist ein Mann, die Mutter eine Frau]“, hat in Ungarn Verfassungsrang.
       
       Das neue Gesetz würde also Personen, die von andersartigen Familien
       Kenntnis haben, zur Denunziation verpflichten. Die 45-jährige
       Wirtschaftswissenschaftlerin und ehemalige Staatssekretärin für Familien-
       und Jugendangelegenheiten wurde von Orbán ebenso nach Kriterien der
       parteipolitischen Zuverlässigkeit ausgewählt wie alle ihre Vorgänger im Amt
       des Staatspräsidenten, seit Orbán 2010 die Regierungsgeschäfte übernahm.
       Deswegen zeigten sich viele von der Entscheidung Nováks überrascht.
       
       Normal fungiert das Staatsoberhaupt in Ungarn als Stempelmaschine der
       Macht. Novák antizipiert aber nur den Einspruch der EU, deren Richtlinien
       Diskriminierung von Homosexuellen verbieten. Sie hat den Gesetzesentwurf
       zur Neuverhandlung ans Parlament zurückverwiesen. Die Passage über die
       LGBTQ-Familien soll herausgenommen werden. Novák vermeidet damit nur, als
       peinliche Marionette zu fungieren.
       
       Nun ist Orbán nicht für seinen vorauseilenden Gehorsam gegenüber Brüssel
       bekannt. Die Fidesz-Mehrheit im Parlament wird den unveränderten Entwurf
       wohl erneut billigen, und nach einem zweiten Beschluss hat das
       Staatsoberhaupt kein Vetorecht mehr.
       
       23 Apr 2023
       
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