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       # taz.de -- DFL-Debatte über Investor: Verkauf der Zukunft
       
       > Die Deutsche Fußball Liga will im Mai über die Beteiligung eines
       > Investors entscheiden. Der Deal steht auf wackligen Beinen. Die Fans
       > äußern Unmut.
       
   IMG Bild: Die Dortmunder Fans machen deutlich, was sie von den Plänen der DFL halten
       
       „Zu ihrer Suche gibt es leider keine Ergebnisse.“ Diese Nachricht erhält
       man, wenn man auf der Website der Deutschen Fußball Liga (DFL) das Wort
       Investor eingibt. Kurios. [1][Nichts wird in den vergangenen Wochen] in der
       DFL heißer diskutiert als die Frage, ob man sich auf Investoren und deren
       Geschäftsinteressen einlassen soll. Am Montag war Bewerbungsschluss. Seit
       Dienstag berät nun das Präsidium und der Aufsichtsrat der DFL darüber,
       welches Angebot am lukrativsten ist und wie das Geld unter den Vereinen
       verteilt werden soll.
       
       Die DFL will neues Kapital, um insbesondere die Gesamtvermarktung im
       Ausland zu verbessern. Man sieht sich im Hintertreffen zur den großen Ligen
       in Europa. Vor allem bei der Digitalisierung möchte man Fortschritte
       erzielen. Mit dem frischen Geld soll den Vereinen auch die Möglichkeit
       gegeben werden, in neue Spieler zu investieren, um eine größere sportliche
       Attraktivität zu schaffen.
       
       Von sechs sogenannten Private-Equity-Unternehmen weiß man, die der DFL
       sofort zwei bis drei Milliarden Euro zur Verfügung stellen würden, um dann
       im Gegenzug dafür an zukünftigen Gewinnen der nationalen und
       internationalen Medienvermarktung beteiligt zu werden. Von mindestens 12,5
       Prozent für eine Laufzeit von 20 bis 30 Jahren ist die Rede. [2][Der
       Verkauf der eigenen Zukunft etabliert sich als Geschäftsmodell] im
       internationalen Fußball. Die spanische Fußballliga hat bereits vor zwei
       Jahren elf Prozent ihrer Einnahmen für die folgenden 50 Jahre verkauft und
       dafür etwa 2,67 Milliarden Euro vom luxemburgischen Finanzunternehmen CVC
       zur Verfügung gestellt bekommen.
       
       CVC zählt neben Advent, Blackstone, Bridgepoint, EQT und KKR zu den
       Interessenten, die bei der DFL mit einem Angebot vorstellig geworden sind.
       Dass die Deutsche Fußball Liga bislang die Investorendebatte vorzugsweise
       hinter verschlossenen Türen führt, hat mit der gespaltenen Stimmungslage
       der Vereine zu tun. Eine Zweidrittel-Mehrheit unter den 36 Klubs bräuchte
       es für den Investorendeal. Mitte Mai soll auf einer
       DFL-Mitgliederversammlung entschieden werden.
       
       ## Suche nach Kompromissen
       
       Um die notwendigen Stimmen zu erhalten, dürfte der Geldverteilungsschlüssel
       eine entscheidende Rolle spielen. Die Vorstellung des FC Bayern München
       etwa, gemäß der Bundesligatabelle den Besten auch das meiste Geld zukommen
       zu lassen, dürfte kaum mehrheitsfähig sein, leidet der sportliche
       Wettbewerb und damit die Vermarktung doch schon seit Jahren an der
       Zementierung ungleicher Verteilung von Gelderlösen. Die Suche nach
       Kompromisslösungen dürfte in vollem Gange sein.
       
       Seit Anfang April schaltet sich die aktive Fanszene immer sicht- und
       vernehmbarer in die Debatte ein. Auch am vergangenen Spieltag
       demonstrierten etwa die Anhänger von Borussia Dortmund auf der Stehtribüne
       ihren Unmut über das geplante Investorengeschäft und die positive Haltung
       ihrer Vereinsführung dazu. [3][In einem offenen Brief] wandte sich das
       Bündnis „Südtribüne Dortmund“ sowie das Fanzine „Schwatzgelb“ an das
       Präsidium.
       
       Sie erinnerten an den noch nicht lange verabschiedeten Grundwertekodex der
       Vereins, mit dem der geplante Investoreneinstieg in die DFL nicht vereinbar
       wäre. Darin bekenne sich der Klub etwa dazu, sämtliche Spiele „auf dem
       jeweiligen Verbandsgebiet“ auszutragen. Die Erfahrung anderer Ligen, die
       sich auf Private-Equity-Unternehmen eingelassen haben, zeige aber, dass
       aufgrund des Investoreneinflusses dann zur Gewinnmaximierung auch Spiele
       ins Ausland verlegt werden. Die spanische Supercopa wurde beispielsweise im
       Januar in Saudi-Arabien ausgetragen.
       
       Und die Fans erinnerten daran, dass Borussia Dortmund vor zwanzig Jahren
       aufgrund eines solchen Geschäftsmodells mit einem Investoren um die eigene
       Existenz bangen musste. Der Protest aus den Fankurven dürfte in den
       nächsten Wochen weiter an Wucht zunehmen. Die Investorendebatte hat nicht
       nur eine geschäftliche, sondern auch eine fußballkulturelle Dimension.
       
       25 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
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   DIR [3] https://nein-zu-investoren-in-der-dfl.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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