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       # taz.de -- Versichertendaten in Gefahr: Cyberattacke auf Krankenkassen
       
       > Einer der größten IT-Dienstleister der gesetzlichen Krankenkassen muss
       > nach einem digitalen Angriff Systeme abschalten. Das Ausmaß ist unklar.
       
   IMG Bild: Vielleicht doch besser zurück zum alten und viel sichereren Karteikartenordner?
       
       Berlin taz | Es ist nicht das beste Timing für einen Sicherheitsvorfall.
       Während Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Dienstag vor der
       Presse die Vorzüge der Digitalisierung im Gesundheitswesen und die bald
       flächendeckend kommende [1][elektronische Patientenakte] pries, kämpfte
       einer der größten IT-Dienstleister für die gesetzlichen Krankenkassen mit
       einer Cyberattacke. Das betroffene Unternehmen, die Bitmarck Holding GmbH,
       bestätigte den Sicherheitsvorfall auf taz-Anfrage. Offenbar wurden bereits
       am Montag Abwehrmaßnahmen eingeleitet.
       
       Die in Essen ansässige Bitmarck stellt technische Infrastruktur und
       Softwarelösungen vor allem für gesetzliche Krankenkassen bereit, darunter
       unter anderem die DAK und diverse Betriebskrankenkassen sowie
       Innungskrankenkassen. Nach Unternehmensangaben arbeiten rund 80
       Krankenkassen mit rund 30.000 Mitarbeitenden und 25 Millionen Versicherten
       mit Systemen von Bitmarck. Bitmarck ist auch an der technischen Entwicklung
       und Einführung der elektronischen Patientenakte beteiligt. Die Allgemeinen
       Ortskrankenkassen, die Barmer und die Techniker Krankenkasse arbeiten mit
       anderen Systemen und Dienstleistern.
       
       In einem Statement der Bitmarck gegenüber der taz heißt es: „Richtig ist,
       dass unsere Frühwarnsysteme Angriffe auf Bitmarck-interne Systeme gemeldet
       haben. Diese wehren wir derzeit ab.“ Im Zuge der Schadensprävention nehme
       das Unternehmen derzeit Kunden- und interne Systeme vom Netz. Auch die
       Bitmarck-Homepage war am Mittwoch nicht zu erreichen.
       
       „Die weitreichenden Maßnahmen zielten darauf, negative Auswirkungen auf die
       gesetzlichen Krankenkassen und uns als Bitmarck zu unterbinden“, heißt es
       in dem Statement. Die Abschaltung erfolge entsprechend den allseits
       abgestimmten Sicherheitsrichtlinien von Bitmarck.
       
       ## Nicht der erste Hackerangriff
       
       Im Fachportal der Gesundheitsbranche „gematik“ wurden am Mittwoch sowohl
       Einschränkungen bei der Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte als
       auch bei elektronischen Patientenakten für Versicherte der Allianz, Signal
       Iduna, hkk, DAK, KKH, Mobil BKK, svlfg, BKK & IKK gemeldet. Die Zustellung
       elektronischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder Arztbriefe könne
       verzögert sein. Allerdings war in der Meldung von einer „technischen
       Störung“ beim betroffenen Betreiber Bitmarck Service GmbH die Rede.
       
       Ein Sprecher des Bundesdatenschutzbeauftragten bestätigte auf taz-Anfrage,
       dass es in dieser Woche eine Datenpannenmeldung von Bitmarck gegeben hat.
       Unternehmen der öffentlichen Infrastruktur sind verpflichtet, den
       zuständigen Datenschutzbehörden eine solche Meldung binnen 24 Stunden
       abzugeben, wenn sie davon ausgehen, dass personenbezogene Daten abgeflossen
       sind oder anders als datenschutzrechtlich vorgesehen verarbeitet wurden.
       Aufgrund der kurzen Meldefrist könne es auch passieren, dass diese Meldung
       abgegeben werde, bevor das Ausmaß des Schadens bekannt sei, so der
       Sprecher.
       
       Von Bitmarck hieß es jedenfalls am Mittwoch: „Datenabflüsse sind nicht
       festzustellen“. Weitere Fragen zum Ausmaß der gefährdeten Systeme sowie
       Umfang und Dauer der Abwehrmaßnahmen ließ das Unternehmen unbeantwortet.
       
       Es ist nicht die erste Cyberattacke auf Bitmarck. Im Januar gelang es
       einem Angreifer, Datensätze – zum Teil mit Versichertendaten – abzuziehen,
       die er [2][im Darknet zum Verkauf anbot]. Ende März musste die Krankenkasse
       „BIG direkt gesund“ ihr System zur Abwehr eines Cyberangriffs
       herunterfahren. Hier war ein anderer IT-Dienstleister betroffen.
       
       26 Apr 2023
       
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