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       # taz.de -- Einstieg im Hamburger Hafen: China-Beteiligung auf der Kippe
       
       > Weil ein Hamburger Hafenterminal nun als kritische Infrastruktur gilt,
       > könnte sein Teilverkauf platzen. Doch nun kommt Kritik aus China.
       
   IMG Bild: Sie ist schon im Hamburger Hafen, aber hat noch keine Beteiligung an den Terminals: Reederei Cosco
       
       Hamburg taz | Das letzte Wort in Sachen chinesischer Beteiligung am
       Hamburger Hafen ist offenbar doch noch nicht gesprochen: Wie am Mittwoch
       bekannt wurde, stuft das Bundesamt für Sicherheit in der
       Informationstechnik (BSI) das Hafenterminal Tollerort seit Anfang 2023 als
       kritische Infrastruktur und damit als besonders schützenswert ein. Mit der
       Neubewertung des BSI steht die [1][Beteiligung der chinesischen
       Staatsreederei Cosco am Terminal auf der Kippe]. Nun warten alle auf eine
       Entscheidung des Bundeswirtschaftsministeriums.
       
       Die Neueinstufung, bestätigt das Bundesinnenministerium, beruht auf der
       Änderung der sogenannten Kritis-Verordnung des BSI, weshalb auch das
       Terminal Tollerort nun als kritische Infrastruktur beim BSI gelistet ist.
       Nach der Verordnung gelten nun alle deutschen Häfen, die pro Jahr mehr als
       3,27 Millionen Tonnen Fracht abfertigen, als kritische Infrastruktur.
       Tollerort liegt nach Angabe des Hafenbetreibers HHLA deutlich über dieser
       Menge.
       
       Für die HHLA bedeutet die Einstufung Tollerorts einer Sprecherin zufolge
       „keine wesentliche Änderung“. Die HHLA selbst sei seit 2018 als kritische
       Infrastruktur registriert, weil sie die IT-Struktur der Hamburger
       Hafenterminals zentral steuert.
       
       Schon im vergangenen Herbst war die Debatte um eine Investition Chinas in
       Teile des Hamburger Hafens hochgekocht: Insbesondere anlässlich des
       Ukrainekrieges und der Abhängigkeit Deutschlands von russischer Energie
       rückte die Bedeutung kritischer Infrastruktur in den Blick – umstritten ist
       seither, ob sich Deutschland zu sehr [2][von anderen Ländern bei zentralen
       Versorgungsstrukturen abhängig] macht.
       
       Am Ende entscheidet das Bundeswirtschaftsministerium 
       
       Für Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher und Bundeskanzler Olaf Scholz
       (beide SPD) schien der Teilverkauf des Hafenterminals Tollerort damals kein
       Problem darzustellen. Sorgen vor einem zu großen Einfluss des chinesischen
       Staatskonzerns seien unbegründet. Viel eher warnten sie davor, dass ohne
       eine Beteiligung chinesische Waren sonst über benachbarte europäische
       Großhäfen wie Antwerpen oder Rotterdam abgewickelt werden könnten. 
       
       Ob die bereits geschlossenen Verträge zwischen der chinesischen Rederei und
       der zuständigen HHLA-Tochter CCT schlussendlich gültig sind, muss nun das
       Bundeswirtschaftsministerium entscheiden. Das prüft bereits schon länger,
       inwieweit die Investition final abgewickelt werden kann.
       
       Da Tollerort zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses jedoch noch nicht als
       kritische Infrastruktur galt, wolle das Ministerium prüfen, welche
       „Auswirkungen auf den Sachverhalt“ die Neueinstufung Tollerorts nun hat.
       Warum die Prüfung allerdings seit mittlerweile über einem halben Jahr
       andauert, bleibt offen. Jedoch galt Wirtschaftsminister [3][Robert Habeck
       (Grüne) bereits von Beginn an als ein starker Kritiker der
       Investitionspläne].
       
       Kritik an den geplanten Investitionen kommt auch von Seiten der FDP: „Die
       Fehler vergangener Regierungen zur Beteiligung nichtdemokratischer Staaten
       an kritischer Infrastruktur in Deutschland dürfen sich nicht wiederholen“,
       sagt der Hamburger Bundestagsabgeordnete Michael Kruse. „Deshalb darf die
       Beteiligung an dem Terminal nicht vollzogen werden, nur weil die Einordnung
       als kritische Infrastruktur jetzt erst erfolgt ist.“
       
       Auch die chinesische Staatsführung hat sich am Donnerstag zu Wort gemeldet.
       „Wir hoffen, dass die deutsche Seite davon absieht, die kommerzielle
       Kooperation zu politisieren und es zu etwas über Ideologie oder Sicherheit
       zu machen“, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin.
       
       14 Apr 2023
       
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