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       # taz.de -- Wassergebühren und Dürre: Ein paar Eimer schaffen wir noch
       
       > Die Frage nach der geplanten Gebührenerhöhung durch die Berliner
       > Wasserbetriebe ist berechtigt. Sie sollte allerdings etwas anders
       > gestellt werden.
       
   IMG Bild: Bisschen was ist ja noch da – aber ein sorgsamer Umgang mit dem Berliner Wasser kann nicht schaden
       
       „Fällt Ihnen ein Unternehmen ein, dass seinen Kunden sagt: Kauft weniger
       von unserem Produkt?“ Es war der neue Vorstandsvorsitzende der Berliner
       Wasserbetriebe (BWB), Christian Donner, der diese rhetorische Frage bei der
       Vorstellung der [1][BWB-Jahresbilanz für 2022] an einen Journalisten
       richtete. Der hatte die Frage aufgeworfen, warum das landeseigene
       Unternehmen für das kommende Jahr Gebührenerhöhungen plant, obwohl es
       gleichzeitig nach eigener Auskunft ein erfolgreiches Geschäftsjahr hinter
       sich gebracht und zudem 177,5 Millionen Euro Gewinn an das Land Berlin
       abgeführt hat.
       
       Mit seinem Satz bezog sich Donner auf die laufende Wassersparkampagne der
       BWB – die freilich bescheidenen Ausmaßes ist. Er und sein
       Aufsichtsratschef, Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (SPD) verwiesen auch
       darauf, dass den Wasserbetrieben insbesondere bei der fortlaufenden
       Modernisierung der Klärwerke große Investitionen bevorstehen, und dass die
       wirtschaftliche Großwetterlage nicht einfach ist: Energiekrise und Krieg
       führen zu steigenden Materialkosten und einem deutlich erhöhtem Zinsniveau.
       
       So richtig nachvollziehbar wird dadurch dennoch nicht, weshalb ein gesundes
       öffentliches Unternehmen mit der einen Hand (mehr) Geld von seinen
       KundInnen einnimmt, das es dann mit der anderen in die Landeskasse
       einzahlt. Deutlich sinnvoller scheint da zu sein, die BWB würden mit den
       anfallenden Überschüssen beispielsweise im Gewässerschutz tätig, wo ihre
       Expertise durchaus noch mehr gefragt wäre. Aber der Senat will eben Geld
       sehen.
       
       Nüchtern betrachtet wäre eine Erhöhung der Trinkwassergebühren um 5 Prozent
       – so die Grobplanung der Wasserbetriebe – für die allermeisten
       BerlinerInnen locker verkraftbar. Schließlich wurden die Gebühren im Laufe
       der Rekommunalisierung vor fast zehn Jahren um gut 16 Prozent gesenkt und
       sind seitdem stabil geblieben. Und nach der (angedachten) Erhöhung der
       Abwassergebühren um 2,9 Prozent lägen diese immer noch deutlich unter dem
       Niveau von 2018, denn seitdem wurden sie zweimal gesenkt.
       
       ## Fünf Liter weniger – am Tag
       
       Hinzu kommt: Wassersparen ist wirklich nicht besonders schwer. [2][Einen
       kleinen Eimer voll – fünf Liter – hat jede und jeder schon 2022 weniger
       verbraucht], am Tag wohlgemerkt. Möglicherweise lag es daran, dass manche
       zum Energiesparen nun ein paar Minuten kürzer duschen, vielleicht ist auch
       die seit 2018 in der Region herrschende Trockenheit, die zu sinkenden
       Grundwasserspiegeln führt, mittlerweile doch bei vielen ins Bewusstsein
       gedrungen. Noch ein paar Eimer mehr schaffen wir alle ohne echte Einbußen
       bei der Lebensqualität.
       
       Umgekehrt wäre eine differenzierte Erhöhung der Gebühren sehr sinnvoll. Mit
       ihr ließen sich nämlich besonders hohe Verbräuche – der sprichwörtliche
       private Swimmingpool – verteuern und entsprechend unattraktiver machen,
       während durchschnittliche Verbräuche nicht höher belastet würden. Der
       Grünen-Abgeordnete Benedikt Lux hatte schon letztes Jahr im taz-Interview
       gefordert, einen [3][„Grundverbrauch zu definieren und alles darüber
       teurer“] zu machen. Das würden aber auch die Grünen „sicher nicht morgen
       ins Abgeordnetenhaus einbringen“, so Lux, der im Februar nicht wieder ins
       Parlament gewählt wurde.
       
       Wahrscheinlich ist: Jetzt, wo die Grünen nicht mehr mitregieren, geht es
       schneller mit solchen Anträgen, aber sie werden wie die allermeisten
       Oppositionsvorstöße verpuffen. Fraktionschef Werner Graf hat Lux’ Forderung
       gerade erst wiederholt. Im selben Interview gab er allerdings auch zu
       erkennen, dass die grüne Wasser-Expertise noch ausbaufähig ist. Wenn
       „weiterhin jeder Neubau einen gepflasterten Innenhof hat“, könne das
       Regenwasser nicht dem Grundwasser zugutekommen, so Graf gegenüber dem
       Tagesspiegel – dabei ist die Vor-Ort-Versickerung im Neubau bereits
       Standard, von begründeten Ausnahmen abgesehen.
       
       Beim Thema Wasser, das so viel mehr beinhaltet als die schnöde Frage nach
       der Höhe von Gebühren, würde sich ein besonders hartnäckiges Engagement der
       neuen Opposition auf jeden Fall lohnen.
       
       14 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bwb.de/de/assets/downloads/2022_geschaeftsbericht-berliner-wasserbetriebe.pdf
   DIR [2] /Bilanz-2022-der-Berliner-Wasserbetriebe/!5924672
   DIR [3] /Gruener-Umweltexperte-ueber-Wassernot/!5869669
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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